Das Auge und die Seele essen mit. Zu einem guten Essen gehören auch eine gute Atmosphäre und ein nettes Küchen-Team. Auch in der Schulmensa sollte man das Essen genießen können, weiß evidero-Ernährungsexpertin Anja Krumbe.
Der Schulhof glich einer Müllhalde. Überall leere Pizza-Kartons, manche in den Mülleimern, andere auf dem Boden. Der Rektor griff durch. Die Abfall-Berge hatten ihn genervt. Er verhängte ein Pizza-Bestellverbot. Ihn störte aber auch, dass die Schüler die schuleigene Mensa verschmähten und sich statt dessen anderswo eindeckten. Lange blieb die Mensa weiter leer, nachdem das Pizza-Bestellverbot in Kraft war. Der Rektor verstand es nicht. Erst als ein neuer Koch eingestellt wurde, ein freundlicher Mann, der darüber hinaus auch noch gut kocht, änderte sich das.
Die Menschen, die das Essen zubereiten und ausgeben, aber auch die Atmosphäre allgemein in der Mensa sind wichtige Faktoren für die Akzeptanz von Schulverpflegung, das sollte man nicht unterschätzen. Mittlerweile sind über die Hälfte aller Schulen im „Ganztags-Betrieb” — viele davon in offener Form und die Nachfrage wird weiter steigen. Die Schüler verbringen damit bis zu neun Stunden pro Tag in der Schule! Essen und Trinken gehört deshalb zum Schulalltag dazu. Die Verbraucherzentrale NRW fordert in ihrem Positionspapier daher, dass Kindern — dort, wo sie leben und lernen — ein genussvolles und gleichzeitig gesundes Essen nahe gebracht wird. Denn, so die VZ weiter: „Das schafft die Basis für die Entwicklung eines gesundheitsförderlichen Essverhaltens und ist eine gesellschaftliche Investition in die Zukunft“. Gesund soll das Essen natürlich auch sein. Denn, so zeigt der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey KIGGS, das 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter von 3 -17 Jahren in Deutschland übergewichtig und 800.000 von ihnen sogar adipös sind. Jeder Fünfte der 11-17-Jährigen zeigt zudem Auffälligkeiten im Essverhalten, d.h. diese Jugendlichen – und dabei vor allem Mädchen – sind nicht mehr in der Lage, das Essen zu genießen. Die Schule soll hierbei Abhilfe schaffen und Gesundheit, Genuss und am besten noch Kompetenz im Umgang mit Nahrungsmitteln vermitteln. Soweit also die Theorie. Aber wie sieht die Realität aus?
Schulverpflegung – Versorgung statt Dienstleistung
Eltern zahlen bundesweit im Durchschnitt 2,43 Euro pro Mahlzeit. Dafür wünschen sie sich gute Qualität und gesunde Mahlzeiten – mindestens so gut wie zu Hause! Oft ist es aber an den Schulen wichtiger, wie viel das Essen kostet. Bio-Gerichte oder regionale Lebensmittel sind dann meist zu teuer. Viele Städte und Gemeinden haben eben leere Kassen. Der Kosten- und Leistungsdruck für die Caterer ist daher enorm und so ist der Einstieg in den Teufelskreis meist programmiert. Ohne „zielgruppengerechte” Speisen verschmähen viele Kinder ihre Schulmensa; das hat dann zur Folge, dass die Preise steigen.
Aus Sicht der Deutschen Gesellschaft für Ernährung – die Qualitätsstandards für die Schulverpflegung entwickelt hat – sieht die Realität auch noch nicht rosig aus. Zu selten werden Obst, Gemüse und Fisch angeboten und zu häufig findet sich auf den Mensaspeiseplänen Fleisch. Und was wünschen sich die Schüler? Ganz oben auf der Wunschliste steht, das das Essen gut schmecken, riechen und aussehen soll. Darüber hinaus wollen sich Schüler aber auch in der Mensa wohlfühlen, d.h. in einer entspannten und freundlichen Atmosphäre die Speisen einnehmen. Wichtig für Schüler sind auch die freie Auswahl, die Möglichkeit, die Portionsgröße selber zu bestimmen und gegebenenfalls auch mal einen Nachschlag bekommen zu können.
Schule, die schmeckt
Es gibt sie tatsächlich, die Schulen, in denen Gemeinschaftsverpflegung schmeckt. Zum Beispiel in der Gesamtschule Brüggen. Hier kümmert sich ein Verpflegungsbeauftragter darum, dass die Mensa gut läuft und die Pächterin trotz des finanziellen Drucks ein reichhaltiges und abwechslungsreiches Angebot bieten kann. Mit viel Begeisterung ist er Ansprechpartner für alle. Es gibt einen Briefkasten, in dem Schüler ihre Anliegen, Fragen und Anregungen hinterlassen können. Regelmäßig werden Umfragen zur Mensa durchgeführt und die Eltern werden über Elternbriefe informiert. Infos zu den Speiseplänen gibt es zudem über die Homepage der Schule und über Facebook. Daneben versucht er die DGE-Standards umzusetzen, trotzdem noch den Geschmack der Schüler zu treffen und die wirtschaftlichen Ansprüche der Mensa-Pächterin zu erfüllen. Der Zeitaufwand liegt deutlich höher, als die halbe Entlastungsstunde, die ihm dafür zugestanden wird und trotzdem ist er voller Eifer dabei. „Es macht mir eben richtig Spaß und deswegen schaue ich nicht auf die Uhr“, sagt er zu seinem engagierten Einsatz.
Es braucht eben Jemanden, der sich um alles kümmert, denn eine Mensa zu füllen bedeutet eben mehr, als nur ein Pizza-Bestellverbot zu erlassen.
Weitere Informationen:
www.kiggs-studie.de