Singlespeed, Nabenschaltung und verchromte Lampen. Vom Mountainbike bis zum Beach-Cruiser wird die Fahrradpalette stetig erweitert. Das ist gut fürs Image und für die Gesundheit natürlich auch, findet evidero-Mobilitäts-Blogger Volker Eidems.
Fahrräder liegen im Trend und ich finde es beachtlich, wie sich die Fahrradlandschaft in den letzten Jahren verändert hat. Das Fahrrad ist auf dem besten Weg zum Statussymbol. Es wäre schön, wenn sich diese Entwicklung fortsetzt und die Fahrradkultur auch Menschen erreicht, die sich bisher nicht angesprochen fühlten. Die neuesten Ankündigungen der Fahrradhersteller lassen dies hoffen, denn es gibt zwar einerseits die steigenden Verkaufszahlen bei E-Bikes und Pedelecs. Andererseits werden auch zunehmend Modelle präsentiert, bei denen das Edle und Einfache im Vordergrund steht.
Noch vor ein paar Jahren waren hochwertige Ledersättel im Standard-Fahrradgeschäft Mangelware. Verkäufer belächelten einen und meinten, die wären doch nach einem Regenguss ohnehin hinüber, ich sollte doch lieber in einen Gel-Sattel und eine gefederte Sattelstütze investieren. Das war großer Quatsch, so ein Ledersattel überlebt auch einen ganzen Sommer mit entsprechenden Gewittern — und wenn man sich erstmal daran gewöhnt hat, eine Plastiktüte drüberzuziehen, genießt man im Gegensatz zu anderen Fahrern immer einen trockenen Hintern. Dasselbe gilt für lederne Lenkergriffe und ähnliche Accessoires, zunächst belächelt sind sie mittlerweile zumindest im Stadtverkehr angekommen.
In der kommenden Saison setzen die Hersteller nun verstärkt auf den Retro-Look. Was beim Fiat 500 hervorragend und beim VW Beetle nur leidlich funktionierte, wird nun am Fahrrad exerziert. Das hat den Vorteil, dass sich jetzt nicht mehr nur stolze Oldtimerfahrer mit ihrem schwarzen Falter oder Vaterland auf die Straße trauen können, ohne schief angesehen zu werden. Auch die Fahrer von 80er-Jahre Rennrädern mit Straßenausstattung können sich wieder zeitgemäß fühlen. Wenn ich mir meinen mittlerweile doch recht großen Fahrrad-Fuhrpark ansehe, fange ich da glatt an zu überlegen, das eine oder andere Stück zu verkaufen — generalüberholt, versteht sich.
Wer aber sein gutes Stück verstauben ließ, weil es einfach nicht mehr so richtig rollte, hat jetzt Gelegenheit an die gute alte Zeit anzuknüpfen. Mit neuester Technik, vom Nabendynamo bis zur Öldruckbremse, und im alten Design, mit Dekorstreifen und Weißwandreifen. Und die eine oder andere alte Errungenschaft wurde mittlerweile zur Perfektion gebracht, etwa die Nabenschaltung, die seit einigen Jahren mit bis zu 14 Gängen auch eine Alpenüberquerung möglich macht und einen noch besseren Wirkungsgrad als früher aufweist.
Ich bin jedenfalls gespannt auf das nächste Frühjahr und werde sicher öfter durch die Fahrrad-Läden bummeln und mich inspirieren lassen. Zuvor freue ich mich auf die eine oder andere Rutschpartie im Winter, der ich ganz gelassen entgegensehe: Seit es die schicken Spike-Alternativen gibt, bei denen die Spikes nur am Rand des Reifens angebracht sind, ist auch die gemischte Fahrt über Schnee und geräumte Strecken ein Spaß. Kein Klackern auf Asphalt aber bester Grip in jeder Kurve – nur zu empfehlen.