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Yoga in Harlem: Mit Yoga Frieden und Gemeinschaft stiften

Lara Land ist laut YogaJournal (USA) eine der zehn innovativsten Yoga-Lehrerinnen der Welt. Und das mit Recht. Wir stellen die Amerikanerin in unserer Rubrik echtSTARK! vor.
von Lara Land
Lara Land Angels of Harlem© Lara Land

”Three and a half Acres Yoga” ist ein beeindruckendes Yoga-Programm aus Harlem, New York. Gegründet wurde es von Lara Land. Ihre Mission: eine starke und friedliche Gemeinschaft zu schaffen. Menschen mit Migrationshintergrund und einem geringen Einkommen wird ebenso Raum für Yoga geboten wie Menschen aus Regierungskreisen und Polizisten. Entgegen kulturellen und ökonomischen Stereotypen wird hier gemeinsam Yoga geübt und ganz unkonventionell Brücken zwischen der oberen Gesellschaft und den einfachen Menschen geschlagen. Die Entstehungsgeschichte von ”Three and a half Acres of Yoga” erzählt Lara Land persönlich.

Dieser Artikel erschien ursprünglich in Englisch in dem Magazin Mantra Yoga + Health (Ausgabe 11)

“Angels of Harlem” – Three and a half acres of Yoga

Die Idee hinter dem Projekt war, ein Zuhause zu schaffen. Ein Jahr lang war ich in Indien und Ruanda unterwegs und bekam in dieser Zeit einen Crashkurs in gemeinnütziger Arbeit. Die Schwierigkeiten dieser Länder habe ich hautnah miterlebt. In dieser Zeit wurden mir die Augen geöffnet für die Herausforderungen, die eine solche Arbeit mit sich bringt. Ich sog alles auf, las Bücher über Bücher, die die Fehler der Afrika-Hilfe thematisierten und die die Geschichte Ruandas erzählten. Es war viel zu verarbeiten.

Zwischen 2008 und 2009, zu der Zeit der Wirtschaftskrise, habe ich Menschen mit Völkermord-Hintergrund Yoga Unterricht gegeben. Ich wollte eine andere Kultur fern von meiner eigenen verstehen lernen. Während dieser Zeit habe ich viel gelesen, geschrieben und bin gewachsen – und so auch die ersten kleinen Ideen für das Projekt.

2009 kam ich zurück nach New York – und es kam mir ziemlich fremd vor. Der April war dunkel und der Regen gefiel meinem sonnenverwöhnten Körper überhaupt nicht. Auf der dringenden Suche nach einem neuen Ort, an dem ich heimisch werden konnte, schaute ich mich nach einer neuen Wohnung um. Das Viertel, was mich aufnahm, war Harlem. Aus keinem offensichtlichen Grund war ich plötzlich wie besessen von Harlem. Ich ging die Straßen entlang mit solch einer Begeisterung für Farben und Geräusche, was sicherlich daran lag, dass ich zweimal täglich meditiert habe. Mir schien, dieses Viertel würde permanent wachsen.

echtstark

In unserer Rubrik „echtSTARK!“ stellt evidero Redakteurin Jutta Echterhoff außergewöhnliche Frauen vor, die durch einen bewussten Lebens- oder Arbeitsstil auffallen.

Mit ihrem Engagement und couragiertem Handeln machen sie die Welt für sich und andere jeden Tag ein Stück besser.

Yoga schafft Verbindung und Gemeinschaft

Die Zeit in Indien und Ruanda hatte mich so sehr verändert, geöffnet und auch verwundet. Ich war bereit für meinen neuen Lebensabschnitt. Man sagte mir, dass es gerade nicht möglich sei, etwas zu gründen. Doch irgendwie ich war immun gegen die Auswirkungen der Wirtschaftskrise, da ich den großen Crash gar nicht mitbekommen hatte. Mit großer Freude und Optimismus hielt ich Vorträge über Ruanda und die Kraft von Yoga – insbesondere darüber, wie sehr Yoga Gemeinschaften zusammenbringt und Grausamkeiten vorbeugen kann.

”Das ist wahres Yoga. Selten war ich so berührt. Wir reden (im Yoga) viel über Spiritualität und Bewusstsein und ”Angels of Harlem” verkörpert genau das. Lara Land ist eine wahre Heldin.” Maranda Pleasant, Mantra Yoga + Health

Ich wollte für Harlem nützlich sein, dafür musste ich aber zuerst die Menschen wirklich kennen lernen. Was ich aus meiner Zeit in Ruanda gelernt habe, ist die Wichtigkeit an einem Ort zu sein, in einer Gemeinschaft zu sein. Von da aus wächst die Idee. Gute, nachhaltige Arbeit braucht Zeit und ich gab ihr Zeit. Und so eröffnete ich ein Studio und begann zu unterrichten, aber nicht nur dort, auch in Parks, Schulen, gemeinnützigen Vereinen, Kliniken. Ich wusste, irgendwann würde die Zeit kommen, einen gemeinnützigen Verein zu gründen.

Yoga für alle – ein gemeinnütziges Yoga Projekt für Harlem

Die Zeit kam im Sommer 2014. Ich war auf meiner jährlichen Indienreise während es in Ferguson zu den gewalttätigen Ausschreitungen kam. Zu diesem Zeitpunkt gab es Land Yoga schon seit drei Jahren und ich sah diese Ausschreitungen als Zeichen, etwas Gemeinnütziges zu schaffen. So entstand “Three and a Half Acres of Yoga” kurz THAY.

Die Aufgabe von THAY ist es, Gemeinschaften mehr Möglichkeiten zur Selbstverwirklichung an die Hand zu geben. Wir begannen in Harlem und nutzten die körperlichen und philosophischen Aspekte der Ashtanga-Yoga-Tradition, um die Menschen zu heilen und zu aktivieren. Unser Programm ist genau auf die Nöte und Probleme unserer Gegend zugeschnitten. Es beruht auf dem achtgliedrigen Pfad des Yogas, um die Menschen in ihrer Individualität und auch im Gemeinschaftsleben zu unterstützen. In der Gemeinschaft sollen Frieden, Gerechtigkeit und Zusammenhalt vorherrschen.

Gerechtigkeit und Selbstvertrauen – Yoga fördert die Jugend

Im Frühjahr 2015 haben wir uns mit lokalen Organisationen zusammengetan, dem Ali Forney Center und Harlem United. Ali Forney unterstützt Obdachlose der LGBTQ-Jugend, indem sie den Menschen in ihrer Entwicklung zum Erwachsenen hilft. Harlem United bietet die Teilnahme an qualitativer HIV und AIDS Betreuung an, ganz gleich welchen Status die Menschen in Bezug auf Einkommen, Herkunft oder sexueller Orientierung haben.

Harlem Church Yoga © Robert Sturman

Unser Harlem United-Programm ist ein toller Erfolg mit zwei Ashtanga Kursen pro Woche. Wir fokussieren uns auf Pranayama und Achtsamkeitsübungen, die unseren Teilnehmern helfen, Stress zu mindern. Im April hat der berühmte Yoga-Fotograf Robert Sturman unsere Yogis in Harlem fotografiert. In den Bildern sieht man den Stolz und ihr Selbstbewusstsein. Vor einer Kirche, die berüchtigt ist für Diskriminierung, entstand ein Foto, das um die ganze Welt ging.

Wir können etwas in der Welt und im Leben von Menschen verändern, wenn wir unserer Jugend Selbstvertrauen beibringen. Und ihnen zeigen, dass man in der Not, mit ruhiger Atmung, Konflikten und Elend auf einer friedlichen Ebene begegnen kann.

Achtsamkeit und Pranayama bringt Frieden in der Gemeinschaft

Der nächste Schritt ist die Zusammenarbeit mit unserem Rechtswesen. Über die letzten sechs Monate habe ich die 28 Bezirke des New York Police Departments aufgesucht und mich mit Polizeichefs getroffen. Diese Berechtigung zu haben, ist ein echtes Privileg, das ich sehr schätze. Ich genieße es sehr, die Kultur zu beobachten und bin beeindruckt von dem Bestreben der Polizisten. Dieses kleine, stetig wachsende Programm gewinnt an Begeisterung.

Bei uns kommen Persönlichkeiten und Menschen aus einfachen Verhältnissen zum Yoga zusammen. Sie erweitern ihre individuellen Horizonte, üben sich in Achtsamkeit und Präsenz. Ich hoffe, dass durch diesen simplen Akt des Atmens und der gemeinsamen Praxis ein Band zwischen den Yogis geknüpft wird. Das ist unsere Mission.

Das THAY-Team und ich haben die Vision, Yoga für alle zugänglich zu machen. Wir hoffen auf eine Welt, in der es möglich ist zusammen zu üben, in Frieden und ganz gleich welche Herkunft jemand hat, welcher Religion oder welchem Geschlecht sie oder er angehört. Wir vermitteln mithilfe von Yoga die Fähigkeit, dem Leben einen positiven Sinn zu geben.

Eine positive Veränderung im Leben vieler Menschen bringt auch eine positive Veränderung der Gemeinschaft mit sich. Wir fördern das nötige Selbstbewusstsein und die Entschlossenheit der Menschen. Die Praxis bildet ihre Fähigkeit zur Selbstreflektion und Empathie aus. Kritische Lebenssituationen können so leichter und friedlicher bewältigt werden. Yoga beseitigt Vorurteile, verhilft zu einem neuen Umgang mit Konflikten und bildet eine starken Gemeinschaftssinn.

Expertin: Lara Land
Lara Land ist authorisierte Ashtanga Yogalehrerin (Level 2) und Gründerin von "Land Yoga", einem Yoga, Kunst und Wellness Center in Harlem, New York.