Als ehemaliger Fallschirmjäger der Bundeswehr und Kampfkunst-Sportler ist Dirk Bennewitz wohl so etwas wie der Inbegriff eines “echten Kerls”. Heute ist Dirk als Power Yogalehrer und Leiter von zwei Yogastudios in Hamburg ein lebendes Beispiel dafür, dass Yoga durchaus nicht nur “Frauensache” ist.
Warum ist Yoga definitiv was für “echte Kerle”?
(Lacht) Also wie auch immer ein “echter Kerl” definiert wird: Yoga und Männlichkeit widersprechen sich überhaupt nicht. Power Yoga ist eine intensive und fordernde körperliche Praxis, die auch die mentale Stärke trainiert… das wird Männern spätestens dann klar, wenn sie das erste Mal auf den Händen balancieren oder eine Übung zur Flexibilität in den Hüften machen.
Du selbst arbeitest als Bodyguard und als Yogalehrer – wie passt das zusammen?
Ich war früher als Fallschirmjäger bei der Bundeswehr im Einsatz und trainiere seit 37 Jahren Aikido. Das klingt beides erst einmal wie ein Gegensatz zu Yoga, doch tatsächlich sehe ich da viele Parallelen, vor allem in der Entwicklung der inneren Einstellung zu sich selbst. Im Yoga heißen zentrale Positionen “Krieger”, mit denen Mut, ein starker Wille, Standfestigkeit und Balance trainiert wird. Der “Kampf”, den wir häufig auf der Matte mit uns selber ausfechten, zielt hier auf Selbsterkenntnis und damit letztendlich auf innere Balance und Frieden. Und dazu reicht es nicht, hin und wieder mal einen Handstand zu machen – es erfordert eine regelmäßige Praxis, also Disziplin – die habe ich sowohl bei der Bundeswehr als auch im Aikido gelernt. Im Yoga findet sich auch die Idee der lebenslangen Praxis wieder, die das Aikido bereits im Namen trägt: Do=der Weg.
Wie ist deine Yogapraxis von deinen Kollegen und Freunden aufgenommen worden?
Am Anfang wurde es von den meisten mit Unverständnis aufgenommen. Als die Jungs aber verstanden hatten, das es keine Religion ist und auch handfeste sportliche Elemente haben kann, sind die Vorurteile schnell verflogen. Aber ich versuche niemanden zu bekehren und es ist nun mal nicht für jeden etwas.
Du hast ein Yogabuch extra für Männer geschrieben: Ist Yoga für Männer anders als Yoga für Frauen?
Beim Männeryoga habe ich die Übungen auf die Bedürfnisse der westlichen Männer zugeschnitten und zusammengestellt. Das alles ist aus der persönlichen Erfahrung meiner Arbeit mit Männern heraus entstanden. Ich spreche sie anders an, lasse viel von dem esoterischen Bimmelbammel weg und erläutere eher die funktionalen Aspekte. Das alles bedeutet aber nicht, dass nicht auch Frauen meine Übungsfolgen machen können. So riesig sind die Unterschiede nicht.
Apropos esoterischem Bimmelbammel: Was ist Spiritualität für dich? Und wie lebst du sie in deinem Alltag?
Spiritualität ist für mich ein Bewusstsein für Ebenen, das über unsere Sinneswahrnehmungen hinaus geht. Dieses “höhere Bewusstsein” hilft uns, mehr Aufmerksamkeit für schädliche Verhaltensmuster zu entwickeln, um sie zu eliminieren und uns weiter zu entwickeln. Yoga ist, ebenso wie die asiatischen Kampfkünste, eine körperliche und eben auch spirituelle Disziplin mit dem Ziel, Körper und Geist in Einklang zu bringen. Yin und Yang, die beiden Pole unserer Existenz, werden in unser Leben integriert und ausbalanciert. Dadurch wecken wir die Potentiale, die in uns stecken, und fördern ein friedlicheres Miteinander.
Wichtig ist, dass das Üben auf der Matte eben dort nicht aufhört: Es ist leicht, sich in einem Yoga-Retreat in der Toskana entspannt und voller Liebe zu fühlen. Spiritualität muss aber auch in unserem fordernden Alltag, mit unserem Partner, mit unserer Familie und bei der Arbeit gelebt werden. So wird eine mitfühlende Haltung und ein Blick für höhere Ziele eine natürliche Angelegenheit, die man auf und auch außerhalb der Matte übt.
Warum finden in Deutschland so wenige Männer den Weg auf die Yogamatte – und warum würde es gerade ihnen gut tun?
Im Moment sehe ich den Trend, das mehr Männer ins Yoga-Studio finden. Ich hoffe auch, das ich mit meinem Buch etwas dazu beigetragen habe. Ansonsten glaube ich, das immer noch eine Menge Männer Vorurteile haben und Yoga als etwas anderes wahrnehmen, als es tatsächlich ist.
Gerade Männer gehen mit Körper und Geist meistens sehr rigide um, für Karriere und Familie wird viel geopfert. Erst wenn dann wirklich große, meist gesundheitliche Probleme auftauchen, wird umgedacht. Die Yoga Praxis wirkt dem entgegen und ist aus meiner Sicht die Formel, um jung und gesund zu bleiben.
Wie hat Yoga dich persönlich verändert?
In der Hauptsache hat Yoga mich zu mehr Bewusstsein gebracht. Dabei sind viele Dinge einfach passiert, ich habe aufgehört zu rauchen, esse kein Fleisch mehr und habe die tägliche Dosis an Alltagsgiften (Koffein, Alkohol, TV,…) reduziert. Auf der geistigen Ebene hat es mich ruhiger und fokussierter gemacht.
Wer oder was inspiriert dich in deiner eigenen Praxis und als Lehrer?
Meine größte Inspiration ist sicherlich Bryan Kest, der in den letzten Jahrzehnten so etwas wie mein Lehrer/Mentor/Freund geworden ist. Für mich lebt er wie kein Zweiter das, was er seine Schülern lehrt. Außerdem Bescheidenheit, tägliche Praxis, Integrität und Dankbarkeit. Und natürlich meine Aikido Meister Gerd Bennewitz und Steven Seagal.
Vielen Dank für das Interview, Dirk
Schau dir hier das evidero-Videointerview mit Bryan Kest an.