Dass Kinder früh lernen sollten, mit Geld umgehen zu können, liegt nahe. Doch die Fragen bleiben: Wieviel Taschengeld? Ab wann? Wofür? evidero-Expertin Petra Huth gibt Eltern Taschengeld-Tipps für den Alltag:
In Zeiten, in denen der bekannte Hirnforscher Manfred Spitzer vor der digitalen Demenz warnt und renommierte Mediziner wie Dr. Norbert Enders in seinem Buch „Bedrohte Kindheit“ zeigen, welche Auswirkungen Überforderung auf das Nervensystem von Heranwachsenden hat, gibt es immer mehr digitalen „Spaß“, der Kinder in Versuchung führt.
Die gute Nachricht ist: Sie, liebe Eltern haben es in der Hand, klar und selbstbestimmt auszuwählen, welches Verhältnis Ihr Kind zum Thema Geld entwickeln kann. Sie entscheiden, welchen Weg, ab wann und in welcher Form Ihr Kind in Sachen Finanzkompetenz gehen kann.
Der richtige Umgang mit Geld bei Kinden
Für Kinder ist einfach nur wichtig, dass ihre Eltern in Sachen Geld selber Vorbilder sind oder eine klare Richtung vorgeben können. Auch wenn Sie selbst beim Thema Geld ins Schwitzen kommen, können Sie die Zeit der „Verhandlungen“ mit Ihren Kindern über „wieviel, wofür, in welchem Zeitraum” nutzen, um das eigene Verhalten zu reflektieren. Das Taschengeld bietet Ihnen und Ihren Kindern viel mehr, als nur das Erlernen des Umgangs mit Zahlenwerten.
Besetzen Sie das „Reizthema“ Taschengeld doch einfach positiv! Beim „wie” gibt es viele Orientierungs-Möglichkeiten – wichtig ist nur, dass Sie klar, verbindlich und gut vorbereitet in das Gespräch einsteigen.
Kinder brauchen beim Taschengeld klare Regeln
Spontangespräche zwischen Tür und Angel bringen in der Regel Frust und prägen beim Kind eher die Haltung „Ich muss nur den richtigen Moment erwischen, dann bekomme ich schon, was ich will.“ Das Taschengeld mutiert so zur Zufallsgröße, statt zur klar und verlässlich berechenbar zu sein. Klarheit und Verlässlichkeit verhelfen Kindern zu mehr Sicherheit und einem gelasseneren Umgang mit dem Mysterium Geld – und schonen Ihre Nerven.
Als Eltern sind Sie die Experten für Ihr Kind. Sie wissen, was es braucht, wie es sich fühlt und erahnen intuitiv, wann ein neuer Entwicklungsschritt naht. Vertrauen Sie auf Ihr Gefühl, Ihre Beobachtungsgabe und die Kompetenz Ihres Kindes. Nur weil der Kindergartenfreund Ihres Sohnes oder Ihrer Tochter mit vier Jahren schon Taschengeld bekommt, müssen Sie diesen Weg nicht mitgehen.
Jedes Kind und übrigens auch jeder Erwachsene ist anders und hat ein Recht auf den eigenen Rhythmus, auch auf dem Weg in die Finanzwelt. Ob dabei Zahlen im Vordergrund stehen oder Wertigkeiten des Tauschmittels, ob eine lebendige Reise zur Geschichte des Geldes die Tür zur Welt des Geldes für Ihr Kind öffnen soll, sei Ihrer Kreativität und „Spielfreude“ überlassen.
Empfohlenes Taschengeld nach Alter des Kindes
Allgemeine Orientierung und Ihr ganz persönlicher Weg hat Vorrang, angepasst an Ihre eigenen Wertvorstellungen und Ihre finanziellen Möglichkeiten. Orientierungen bieten, zum beispiel das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (siehe Grafik 1). Die deutschen Jugendämter differenzieren noch genauer (siehe Grafik 2).
In zahlreichen kostenfreien Ratgebern finden Sie Tipps, wie das Taschengeld verwaltet werden kann. Ob es das Sparkonto oder das Girokonto sein soll oder das sogenannte „mitwachsende Girokonto“, ob mit oder ohne Apps oder doch lieber mit einem Taschengeldplaner in Papierform, das entscheiden Sie. Schauen Sie, was Ihr Kind braucht, um sich das Thema zu erschließen. Sie sind die Experten für Ihre Kinder, in jeder Lebensaltersphase.
Welche Regeln sollte es für Taschengeld geben?
Sie sind die Eltern, schlagen Sie Ihrem Kind vor, wie sich das Prozedere gestalten kann. Wichtig sind auch hier gleichbleibende Abläufe zur Ritualisierung:
- fester Zeitpunkt (zum Beispiel jeden Montag, samstags ist „gefährlich“, da die Verlockungen am Wochenende größer scheinen)
- gleicher Ort, gleiche Zeit (zum Beispiel auf dem Schreibtisch des Kindes, in einem Briefumschlag mit der Aufschrift: Dein Taschengeld für die Woche vom: ………)
- regelmäßige und unaufgeforderte Zahlungen, vor allem kommentarfrei
- klare Vereinbarungen zur Verwendung des Taschengeldes, zum Beispiel ausschließlich für Freizeitaktivitäten oder je nach Alter des Kindes und Höhe des Taschengeldes zusätzlich für Schulmaterial, etcetera
Koppeln Sie die Taschengeldfrage nicht an das Verhalten des Kindes – es braucht hier eine verlässliche, stressfreie Entwicklung.
Stellen Sie sich vor, das Thema Geld wird immer oder häufig an Stress und Auseinandersetzungen gekoppelt – wie soll so ein gesundes Verhältnis zu Finanzdingen entstehen? Geld als Druck- und Erziehungsmittel schafft weder eine gesunde Finanzkompetenz noch eine gute Verbindung in der Familie. Erziehung kann anders und sinnstiftender gestaltet werden. Verstärken und würdigen Sie alles, was schon gut gelingt.
Darf man Taschengeld-Regeln auch einmal brechen?
Da es selbst im Straßenverkehr bei Geschwindigkeiten bekannte Toleranzgrößen gibt, dürfen diese auch den lernenden Kindern und Jugendlichen eingeräumt werden, falls es mal „eng“ wird. Entwicklung von Kompetenzen heißt auch, immer wieder mit Schwierigkeiten und Hürden umgehen zu lernen.
Seien Sie darauf vorbereitet und legen Sie schon im Vorhinein fest, wo Ihre Toleranzgrenze liegt. Seien Sie auch hier transparent und verlässlich. So weiß Ihr Kind was geht und wo die Grenze ist. Verschiebt sie sich ständig, wird sie beliebig, verliert Ihr Kind die Orientierung und entscheidet ohne Sie, was geht und was nicht. Stress ist programmiert.
Wie in allen Lern- und Lebensbereichen braucht es eine gute Verbindung, einen guten „Draht“ zu Ihren Kindern, der aus Vertrauen und gegenseitiger Wertschätzung besteht. Ein Draht, der immer wieder neu zueinander aufgebaut werden muss.