Am Tag vor ihrer Urlaubsreise fragt Carina Ferdinand „Hast du schon den Koffer vom Speicher geholt?“ Ferdinand verneint: „Nein, noch nicht.“ Am Abend sucht Carina den Koffer, der aber immer noch am Speicher steht. Sie reagiert verärgert: „Auf dich kann man sich aber auch gar nicht verlassen!“ Ferdinand wehrt sich konsterniert: „Wieso? Wir haben da nichts ausgemacht!“ Carina schimpft: „Na aber, du hast doch selbst gesagt, dass du ihn noch holen wolltest?“ Schon bahnte sich ein Streit darüber an, wer was gesagt oder gemeint haben soll …
Für Carina war es völlig klar, dass das „ich habe ihn noch nicht geholt“ gleichbedeutend war mit „aber ich werde es gleich tun“. Für Ferdinand hingegen galt seine Aussage so, wie er sie gesagt hatte. Er hatte es eben noch nicht gemacht. Was weiter geschehen würde, hätte man besprechen können. Beide hatten vom Gleichen gesprochen, dies aber völlig unterschiedlich interpretiert.
Wenn Carina Ferdinand mitteilt, dass der Schrank kaputt sei oder die Winterreifen gewechselt werden müssen, gibt sie Ferdinand aus ihrer Sicht deutlich genug zu verstehen, dass er sich bitte entsprechend darum kümmern möge. Ferdinand nimmt seinerseits diese Aussagen erst mal als Information auf, ohne einen sofortigen Handlungsdruck abzuleiten – davon, dass er sich darum kümmern sollte, ist aus seiner Sicht nicht die Rede.
Männer und Frauen sind gleichwertig, aber Frauen sind einfach eloquenter
Männer und Frauen sind „gleichwertig“, diese Tatsache ist unstrittig, aber eben nicht „gleich“. Eine Ebene, in der die Unterschiede ebenso unbewusst wie deutlich sind, ist die Sprache.
Das fängt schon allein damit an, dass Frauen deutlich sprachbegabter sind als Männer. Sie haben einen größeren Wortschatz und sprechen nicht nur mehr, sondern auch differenzierter, das heißt mit mehr Variationen und Komplexitäten in Vokabular, Grammatik, Syntax, Sprechmelodie etc.
Frauen haben auch ein besseres und differenzierteres Hörvermögen. Sie können Sprache besser verstehen, einordnen und sich merken. (Männer können hingegen schnelle Bewegungen visuell deutlich schneller erfassen und einordnen.)
NEU bei evidero - anders arbeitenEntdecke Jobs & Unternehmen, die dich zeitlich und örtlich flexibel arbeiten lassen, deine familiäre Situation berücksichtigen und/oder deinem Verständnis von Sinnhaftigkeit, Zweck und Nachhaltigkeit von Arbeit entsprechen.Männer fühlen sich von komplexer Sprache überfordert und verstehen einfache eindeutige Ansagen besser
Wenn die Frauen so viel eloquenter sind als Männer – warum haben sie dann nicht die „Nase vorn“? Warum gelingt es denn dann ausgerechnet den Männern so viel leichter, im Business-Kontext zu punkten? Ein arabisches Sprichwort gibt dazu eine Antwort: Eine Karawane ist immer so schnell wie das langsamste Kamel. Das (Kommunikations-)Tempo richtet sich dementsprechend nach den sprachlich Schwächeren.
Wer einfache und klare Statements besser versteht als ausdifferenzierte Argumentationsketten, hält ebendiese für glaubwürdiger und relevanter als Verbalsalven, mögen sie argumentativ auch noch so ausgefeilt sein. Männer, die sich „zugetextet“ fühlen, schalten gern auf Durchzug.
Mütter kennen diesen Unterschied: Während ihre Töchter gegen alles und jedes argumentieren, reagieren Söhne eher auf einfache und eindeutig vorgetragene Ansagen und sind auch deutlich robuster, wenn diese scharf klingen. Versucht eine Kollegin im männlich dominierten Team durch detailreiche Erklärungen zu punkten, wird sie meist eher das Gegenteil erleben. Frauen, die viel argumentieren, werden als „sich rechtfertigend“ und unsicher abgestempelt.
Kooperative Ausdrucksformen in der weiblichen Kommunikation werden als Schwäche wahrgenommen
Interessanterweise werden Frauen, die sich zudem bewusst höflich ausdrücken, von Männern als vage erlebt. Konjunktivformulierungen „könnten Sie …? / wäre es möglich, dass …?“ sind für Männer Zeichen von Ungewissheit. „Mann“ versteht: „Ich kann, wenn ich möchte, muss aber nicht.“
Frauen, die sich im Team rücksichtsvoll einbringen (Was hieltet ihr davon wenn wir …?) werden von ihren männlichen Kollegen (unbewusst!) abgehängt, die dem Team ihrerseits vorschlagen: „Hey Leute, das machen wir jetzt so.“ Frau findet das dominant und rücksichtslos – aber es kommt bei den männlichen Kollegen als „zielorientiert“ und fokussiert an: „Der weiß, was er will.“ Damit ist er glaubwürdig. Oft unterstreicht eine eindeutigere Körpersprache bei Männern diese Aussagen.
Sogar die Art und Weise, wie wir einen Dialog führen, unterscheidet sich: Unterbricht eine Frau im Gespräch, bezieht sie sich inhaltlich auf den Vorredner. Männer fallen ins Wort und ziehen das Thema an sich ohne Rücksicht darauf, was zuvor gesagt wurde. Männer bringen sich ins Spiel und wollen als Person überzeugen. Frauen wollen durch die „richtigen Argumente“ gewinnen und hinken eher hinterher.
Die Kombination weiblicher und männlicher Lösungsstrategien ist am erfolgreichsten
Diese Liste der Unterschiede ist lang. Doch sei zu guter Letzt hier noch eines erwähnt: Kommt es zu einem Problem, suchen Männer nach einer konkreten Lösung; Frauen hingegen fragen und wollen gefragt werden, wie es dazu kam. Nicht selten führt es hier zu Konflikten, dass nur die jeweils eigene Umgangsform damit als passend erlebt wird.
Dabei macht es wenig Sinn, von Frauen zu verlangen, dass sie „wie Männer agieren sollen“ oder umgekehrt. Gerade die Kombination aus (männlicher) Dynamik und (weiblicher) Umsichtigkeit ist Erfolg versprechender als die einseitige Förderung einer dieser beiden Herangehensweisen!
Unterschiede im Kommunikationsverhalten der Geschlechter sind evolutorisch bedingt
Viele dieser Unterschiede lassen sich historisch ableiten: Diejenigen, die auf Jagd gingen, wären aufgeschmissen gewesen, hätten sie das Bedürfnis nach regelmäßiger Kommunikation gehabt. Die Beute wäre ihnen schlichtweg davon gelaufen oder geschwommen. Haben Sie jemals zwei Frauen beim Angeln gesehen?
Diejenigen, die sich um die Familie gekümmert haben, brauchten jedoch viel Kommunikationskompetenz: Eine variationsreiche Stimmmelodie und das schnelle Erfassen (Erhören) von „Stimmungen“ sowie das Orten und Erkennen von Geräuschen und (Stimm-)klängen waren schon deswegen notwendig, weil Licht zum Sehen nur tagsüber zur Verfügung stand. Stimme und Sprache waren die Garanten für das Überleben.
Gegenseitiges Verständnis führt zu einem produktiven Miteinander von Männern und Frauen
Den Frauen ist die Begabung geblieben, mit ihrer variationsreichen Stimme Empathie zu vermitteln. Männer besitzen nach wie vor die Fähigkeit, auch mit wenigen Informationen schnelle Entscheidungen zu treffen.
Dank ihres Intellekts hat sich die Menschheit weiter entwickelt. Sehr begabte männliche Schriftsteller und erfolgreiche weibliche Informatikerinnen zeugen davon, dass wir uns in unseren Domänen stark aufeinander zubewegt und vermischt haben. Doch spielen die archaischen Muster nach wie vor eine wichtige Rolle im Miteinander.
Solange die Frauen jedoch über „männliches Dominanz-Gehabe“ schimpfen und Männer sich über das „Zickengeschnatter“ beschweren, können wir davon ausgehen, dass das Verständnis für das jeweils andere nach wie vor fehlt.
Erst wenn wir erkennen, wie wertvoll diese Unterschiede sind, können wir im Miteinander erfolgreich werden. Dabei gilt es eben auch die eigene Art im Zusammenspiel mit anderen wertzuschätzen und nicht einfach nur unterzuordnen. Es geht also nicht darum, sich an die Sprache des anderen Geschlechts anzupassen, sondern darum, sie verstehen zu lernen. Das allein dient dem Verständnis zwischen den Geschlechtern!
maaS ist ein Mindstyle Magazin für eine erfülltes Leben, das inspiriert, ermutigt und Antworten gibt auf die wichtigsten Fragen des Lebens. Jede Ausgabe widmet sich einem besonderen Thema. Bisher erschienen sind die Titel No.1 Beruf und Berufung, No.2 Frauen und Männer, No. 3 Leben und Sterben, No. 4 Ich und Gemeinschaft. Im April erscheint die maaS No. 5 Körper und Geist. Alle Titel können hier eingesehen und bestellt werden.