Frauen auf der ganzen Welt erwachen. Sie machen sich zaghaft, manchmal zweifelnd oder ganz mutig auf eine Reise zu ihrer tief verankerten weiblichen Spiritualität. Eine Reise, die Frauen aus jedem Winkel der Erde vereint. Diese Spiritualität verbindet sie mit ihrem Inneren, ihrem Körper, ihren Gefühlen, der Natur und mit anderen Menschen.
Doch in modernen Kulturen, in denen Entscheidungen mit dem Verstand getroffen werden und patriarchale Strukturen vorherrschen, ist Frauen der Zugang zu ihrer weiblichen Spiritualität oftmals vernebelt. Dabei wären die weiblichen Qualitäten zur Umgestaltung unserer Welt so dringend erforderlich.
Je verrückter und unsicherer die Welt da draußen ist, umso mehr hören vor allem Frauen wieder in sich hinein. Sie suchen nach der tiefen innere Stimme, von der sie instinktiv ahnen, dass sie da ist und ihnen eine innere Zufriedenheit schenkt, die sie im Äußeren nicht finden.
Weltweit erwachen Frauen, um jenseits von Feminismus und gesellschaftlichen Dogmen zurück zur weiblichen Göttlichkeit und Spiritualität zu finden. Die gebürtige Norwegerin Chameli Gad Ardagh, die heute in den USA lebt, beschreibt in “Komm dir näher” dieses neue Erwachen und liefert gleichzeitig viele praktische Übungen, wie Frauen lernen, sich selbst näher zu kommen.
Frauen stellen sich tiefgreifende Fragen
Das Weibliche in jedem Menschen, auch im Mann, ist die Fähigkeit, ganz und gar im Augenblick zu leben und das gesamte Spektrum des Lebens zu genießen.
Jede Frau löst sich auf ihre eigene Weise von verkrusteten Konventionen, um der Wahrheit näher zu kommen. Suchend stellen sie Fragen, deren Antworten nicht an der Oberfläche zu finden sind, sondern tief im Innern schlummern – dort wo es mitunter unbehaglich ist, hinzuschauen.
Frauen stellen sich Fragen, die eine tiefe Sehnsucht zutage bringen: Was hat es mit dieser Sehnsucht im Inneren auf sich? Entspricht das, was dir als Erstrebenswert dargestellt wurde, wirklich dem, wonach sich das Herz zutiefst sehnt? Sie hegen Sehnsüchte, die sie – aus welchen persönlichen oder gesellschaftlichen Gründen auch immer – unterdrücken. Es sind Sehnsüchte, die jede Frau, egal welchen Alters, welcher Herkunft oder Religion, in sich trägt:
- Die wahren Anlagen ausdrücken
- Einfach und natürlich zu leben
- Ohne Abwehr zu leben
- Alles zu fühlen
- Sich verbunden zu fühlen
- Mit jedem Aspekt des Wesens vollständig geliebt und angenommen zu werden
- Zu lieben
Wie nähern sich Frauen ihrer Spiritualität?
In anderen Kulturen sind Frauen weitaus tiefer mit sich verbunden. Sie haben eine tiefere Verbindung zu ihren „Lehrern“, nämlich dem eigenen Körper, ihren Gefühlen und ihren Lebens- und Todeszyklen im Sinne einer verkörperten Spiritualität.
Weitere Lehrer auf der Reise zum weiblichen Kern sind die Natur, Frauenkreise, Partnerschaft, Kreativität, Hingabe und Mitgefühl. Über alle Bereiche und deren Zusammenspiel finden Frauen Zugang zu ihrer weiblichen Spiritualität.
Das heilige Weibliche erkennen wir in den funkenden Augen einer Frau. Chameli Gad Ardagh
Doch in einer leistungsorientierten, rational geprägten Gesellschaft sind diese elementaren weiblichen Wesensmerkmale dagegen oft ein Zeichen von Schwäche und werden nicht genug geschätzt. Wollen Frauen sich ihrer Spiritualität nähern, sollten sie genau diesen Lehrern, wie die Autorin sie nennt, mehr Raum geben. Sie weisen Frauen den Weg zu einem in sich ruhenden und zufriedenen Dasein.
Gegenwärtig sein: Der Körper als Lehrer
Die Reise beginnt mit dem Körper – also von außen nach innen. Denn Geist und Körper sind nicht voneinander zu trennen. Viele Frauen, so Chamelie Gad Ardagh, leben nicht gegenwärtig im Hier und Jetzt. Die Magie des Augenblicks ist verloren, denn sie haben ihren Körper und ihr Inneres voneinander abgekoppelt. Dies ist nicht mit Absicht geschehen, sondern ein fast unausweichlicher Prozess in einer Gesellschaft, die Spiritualität als wenig erstrebenswert ansieht.
Diese Verbindung wiederherzustellen, ein gesundes Körpergefühl zu erlangen, ist die Basis für die weibliche Spiritualität. Der Schmerz beginne, sobald Frauen ihren Körper nicht von innen erfühlen, sondern als einen Gegenstand sehen, der mit den Augen anderer betrachtet wird. Wer sich bewertet und vergleicht ist nicht mehr im eigenen Körper anwesend.
Das weibliche Fließen: Gefühle als Lehrer
Gelingt es, mehr im Körper anwesend zu sein, bietet sich fast automatisch die Gelegenheit, auf ganz neue Weise mit den Gefühlen umzugehen. „Mit der Rückkehr des weiblichen Göttlichen wird uns eine Vorgehensweise vorgestellt, mit unseren Gefühlen zu sein, ohne uns mit Teufelshörnern und mit Engelsflügeln zu verkleiden“, sagt Chameli Gad Ardagh.
Wenn Frauen sich von der Vorstellung darüber, wie sie und andere sein sollten, lösen, werden Gefühle nicht mehr in die Kategorien positiv oder negativ eingeordnet. Sie sind da, aber werden nicht bewertet.
Es sind besonders die negativen Gefühle, gegen die Frauen einen lebenslangen Kampf führen, die Anspannung erzeugen und sogar körperliche Krankheit auslösen können. Gefühlsdramen, so die Autorin, sind die Hauptwurzel weiblichen Leidens. Sich ohne Angst den Gefühlen zu nähern, ist Teil der Reise zur inneren Verbundenheit.
Wenn die Zeit erfüllt ist: Lebens- und Todeszyklen als Lehrer
Der Großteil des Lebens unterliegt den künstlichen Rhythmen von Kultur und Gesellschaft, die stark von männlichen Prinzipien geprägt sind. Der Körper einer Frau ist allerdings von Natur aus feiner auf die Kreisläufe des Lebens und des Todes eingestimmt. Der Rhythmus von Annehmen und Loslassen ist instinktiv ein Teil von ihnen, beispielsweise bei den Mondzyklen.
In einigen Kulturen lassen Frauen beispielsweise während ihres Zyklus die Arbeit ruhen und ziehen sich für ein paar Tage umgeben von anderen Frauen zurück. Chameli Gad Ardagh erkennt die Verbindung zwischen natürlichem Lebensrhythmus und Seelenfrieden: Wenn Frauen wieder lernen, ihren natürlichen Rhythmen zu lauschen, spüren sie einen Pulsschlag, der viel umfassender als das alltägliche Leben ist.
Indem sie auf Körpersignale achten, erleben sie nicht nur eine blühende Gesundheit und einen Kraftzuwachs, sondern verbinden sich erneut mit jener Quelle der weiblichen Weisheit und des Mysteriums, die auch auf der Seelenebene zu heilen kann.
Das Zusammenspiel: Natur, Frauenkreise, Kreativität, Partnerschaft und Hingabe
Wenn der Zugang zu Körper, Gefühlen und den Zyklen des Lebens und des Todes geschaffen ist, können sich Frauen auf das Zusammenspiel einlassen und sich weiteren Quellen der Spiritualität öffnen: Das Erleben von Natur (und Tieren) schafft eine starke Verbindung zum eigenen Inneren, genauso wie das Pflegen sozialer Kontakte in Frauenkreisen (Freundinnen, Gleichgesinnte, Frauennetzwerke), Kreativität, Partnerschaft und Hingabe. Sie alle tragen dazu bei, dass sich Frauen – besonders in der heutigen Zeit – auf der ganzen Welt ihrer angeborenen weiblichen Spiritualität öffnen.
Wer sich nicht für sein wichtigstes Herzensanliegen engagiert, und stattdessen am Zaun herumlungert, lebt beschränkt. Er verweilt im traurigen Land des Wartens darauf, sich als derjenige zu zeigen, der er ist. Entweder wir verpflichten uns unserer tiefen Sehnsucht mit unserem ganzen Sein, oder wir vergeuden unsere Zeit in oberflächlicher Ablenkung. Chameli Gad Ardagh
Fazit: Ein feinfühliges Buch mit Tiefgang
Komm dir näher – der Titel hält, was er verspricht. In den Fängen des Alltags, zwischen Beruf und Familie, Karriereplanung und Perfektionszwang, hetzen Frauen oft durch das Leben und halten nur selten inne.
Im Vordergrund stehen aufopfernd immer die anderen. Die Verbundenheit mit sich selbst, innere Werte und tiefe Sehnsüchte bleiben dabei oft auf der Strecke. Frauen, die sich selbst wieder näher kommen möchten, sei die Lektüre dieses Buches wärmstens ans Herz gelegt.