Beschäftigst du dich tiefgründiger mit Yoga, kommst du zwangsläufig auch mit Yogasutra in Berührung. Die von dem indischen Gelehrten Patanjali verfasste Schrift, die irgendwann zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr. entstanden ist, gehört zu den Standardwerken des Yoga. Bei der Ausübung von Yoga im Sinne von Yogasutra, musst du insgesamt acht Stationen passieren und kultivieren, um schließlich das eigentliche Ziel, die Erleuchtung, erfahren zu können.
Was macht den achtgliedrigen Pfad des Yoga aus?
Der Begriff “Yogasutra” stammt aus dem Sanskrit und kann mit “Leitfaden des Yoga” übersetzt werden. Patanjali unterteilt darin die Yogapraxis in acht Stufen, die der Yogi erlernen muss. Dies geschieht allerdings nicht von heute auf morgen, sondern es braucht seine Zeit, bis sich Körper und Geist wirklich öffnen können. Die Disziplinen des achtgliedrigen Pfads sollen im alltäglichen Leben angewendet werden und dabei helfen, die Einstellung zu sich selbst sowie die Beziehung zu seiner Umwelt zu verbessern.
Am Ende steht dann möglicherweise die göttliche Erfahrung und Erleuchtung. Aber auch, wenn du dir selbst dieses Ziel gar nicht setzen möchtest, kann der achtgliedrige Pfad des Yoga dir guttun. Er lehrt dich, deine Sinne zu schärfen, deine möglicherweise verloren geglaubten ureigenen Bedürfnisse wieder aufzuspüren und deinen Körper und Geist von Stress freizumachen.
1. Yama: Selbstkontrolle und Ethik im Umgang mit anderen
Der erste Schritt auf dem achtgliedrigen Pfad des Yoga heißt Yama – das bedeutet so viel wie Selbstkontrolle.
Dies beinhaltet, fünf Grundsätze der Selbstkontrolle im täglichen Leben zu befolgen: Ashima (anderen Lebewesen keine Gewalt antun), Satya (Wahrhaftigkeit), Asteya (nicht stehlen), Brahmacharya (Enthaltsamkeit) und Aparigraha (keinen materiellen Besitz anstreben). Die Yamas sollen dabei helfen, sich von Dingen zu befreien, die einem selbst, aber auch anderen schaden.
2. Niyama: Selbstdisziplin und Ethik im eigenen Lebensstil
Niyama bildet die Ergänzung zu Yama, indem es den Fokus auf die Selbstdisziplin legt. Auch der zweite Pfad des Yoga im Yogasutra beinhaltet fünf Grundsätze: Shaucha (das Reinhalten der Gedanken von Negativem), Santosha (Erlernen von Zufriedenheit), Tapas (Disziplin und Askese), Swadhyaya (Selbststudium) und Ishvara Pranidhana (Hingabe an das Göttliche).
Im Niyama lernt der Yogi, sich selbst zu beobachten und zu reflektieren. Und schließlich, dass die eigene Zufriedenheit nur aus dem Inneren entsteht und nicht von äußeren Umständen abhängt.
3. Asana: Körperliche Übungen
Das dritte Glied des Yogapfads sind die körperlichen Übungen, auch Asanas genannt. In der westlichen Welt sind sie für viele das Herzstück des Yoga. Im klassischen Yoga des Yogasutra hingegen sind sie einer von sechs Schritten, die für die Vorbereitung auf die Meditation und anschließende höhere Selbsterkenntnis wichtig sind.
Wie viele verschiedene Asanas es gibt, ist umstritten. Die Anzahl der Körperübungen in den modernen Yogaarten variiert zwischen 26 und 84. Laut dem Yogasutra dienen die Asanas dazu, den Körper zu straffen und geschmeidig zu halten, um ihn auf lange Meditationssitzungen vorzubereiten.
4. Pranayama: Atemkontrolle
Pranayama als vierter Teil des achtgliedrigen Pfades konzentriert sich ganz auf die Atmung. Denn das Yogasutra geht davon aus, dass es mit bestimmten Atemtechniken möglich ist, die Lebensenergie zum Fließen zu bringen. Dadurch soll sich der Geist freimachen und zur Ruhe kommen können.
5. Pratyahara: Beherrschen der Sinne
Durch die Atemtechniken des Pranayama gelangst du zur nächsten Stufe des achtgliedrigen Pfads: dem Pratyahara. Damit ist der Rückzug der Sinne in den Körper gemeint. Statt sich von äußeren Reizen ablenken zu lassen, wird dabei die ganze Aufmerksamkeit nach innen gelenkt.
6. Dharana: Konzentration
In der darauf folgenden sechsten Stufe des im Yogasutra beschriebenen Pfads wird nun die gesamte Aufmerksamkeit auf einen ganz bestimmten Punkt in sich selbst gerichtet. Dies kann beispielsweise die Konzentration auf ein Körperteil sein, aber auch auf ein Mantra, das den Entspannungszustand des Körpers noch zusätzlich erhöht.
7. Dhyana: Meditation
In Stufe sieben, der Dhyana, wird der eigentliche Kern von Yoga praktiziert: die Meditation. Der Geist soll dabei weiterhin frei sein von bewussten Aktivitäten und in sich ruhen können. Nach einiger Zeit in dieser Ruheposition soll sich das Bewusstsein erweitern lassen und bereit für die achte Stufe des Yogapfads sein.
8. Samadhi: Verwirklichung des höheren Selbst
Mit Samadhi hat der Yogi die höchste Stufe der indischen Lehre erreicht. Auf diese kann nur gelangen, wer die anderen sieben wirklich gut beherrscht. In dieser Phase, die auch als göttliche Erfahrung bezeichnet wird, ist der Yogi frei von allen äußeren Bedürfnissen und erlangt reine Erkenntnis. Nur sehr wenige Yogis erreichen die achte Stufe des Yogapfads.