Wann hast du zum letzten Mal darüber nachgedacht, wie es sich anfühlt, einen Apfel zu essen? In die knackige Schale zu beißen, die leichte Säure zu schmecken, das Fruchtfleisch zwischen den Zähnen zu spüren? Wenn wir so ein Stück Obst in der Mittagspause im Büro schnell herunterschlingen, bleibt für solche Gedankengänge meist keine Zeit. Um das zu ändern und bewusster zu leben, kann dir Achtsamkeit helfen – die bewusste Wahrnehmung so kleiner, auf den ersten Blick unspektakulärer Vorgänge wie dem Apfelessen. Sie zeigt uns den Weg, um den stressigen Alltag mit mehr Geduld und Gelassenheit zu meistern.
Gelassener werden durch Achtsamkeit
Als Achtsamkeit bezeichnet man eine bewusste Lenkung der Aufmerksamkeit auf das Leben im Hier und Jetzt. Anstatt dir über Vergangenes den Kopf zu zerbrechen oder dir Sorgen über die Zukunft zu machen, richtest du deine gesamte Aufmerksamkeit auf den Moment, in dem du dich gerade jetzt befindest.
So konzentrierst du dich zum Beispiel auf die Sinneseindrücke beim Essen eines Apfels, nimmst deinen Körper beim Sport in all seinen Einzelheiten wahr oder machst dir bewusst, wie schön die Regentropfen auf dem Straßenasphalt oder den Busfenstern aussehen können. Bei all diesen Dingen handelt es sich bereits um kleine Achtsamkeitsmeditationen.
Achtsam leben bedeutet, zu akzeptieren
Ganz wichtig, wenn du Achtsamkeit praktizieren möchtest, ist es, Dinge einfach so hinzunehmen, wie sie sind. So machst du dich von vielen Stressfaktoren aus dem Alltag frei. Erfahrungen werden nicht bewertet und beurteilt, sondern einfach so gesehen, wie sie sind. Das ist jedoch nicht mit Resignation gleichzusetzen. Stattdessen nimmst du deine Gedanken und Gefühle so hin, wie sich dir eben in diesem Moment präsentieren.
Merkst du zum Beispiel im Zuge des Achtsamkeitstrainings, wie du ungeduldig wirst, versuchst du nicht, diesen Zustand auf Krampf zu ändern, sondern nimmst ihn als eine Erfahrung unter vielen wahr. So kann dir Achtsamkeit unter der richtigen Anleitung auch helfen, dir bei Schmerzen oder psychischen Problemen Linderung zu verschaffen, indem du lernst, unangenehmen Zuständen und Empfindungen auf eine ganz neue Art und Weise entgegenzutreten.
Geschichte des Konzepts der Achtsamkeit
Die Idee der Achtsamkeit ist Teil der buddhistischen Lehre. So beschreibt bereits eine Lehrrede des Buddha mit dem Titel “Satipatthana Sutta” vier “Grundlagen der Achtsamkeit”, nämlich die Achtsamkeit auf den Körper, auf die Gefühle und Empfindungen, die Achtsamkeit auf den Geist und auf die Geistesobjekte.
Im Westen wurde Achtsamkeit mit dem zunehmenden Interesse an buddhistischen und hinduistischen Lehren im Laufe der 1960er-Jahre populär. So hielt die Technik unter anderem Einzug in die Psychoanalyse und Psychotherapie. Der New Yorker Professor Jon Kabat-Zinn entwickelte ab 1979 das Programm der “Mindfulness Based Stress Reduction” (MBSR), einer speziellen Form des Achtsamkeitstrainings zur Stressbewältigung im Alltag, die auch heute noch weit verbreitet ist.
Im Zuge der immer stärker beschleunigten und digitalisierten Alltagskultur unserer Gegenwart, hat das Konzept der Achtsamkeit im 21. Jahrhundert genauso wie Yoga und Meditationsübungen zusätzliche Relevanz gewonnen. Angebote für Achtsamkeitsmeditationen und Achtsamkeitstraining findest du heutzutage in nahezu jeder größeren Stadt.
So hilft dir Achtsamkeit im Alltag
Das Praktische an Achtsamkeit ist, dass du fast jede Alltagstätigkeit in eine Achtsamkeitsmeditation verwandeln kannst. So zum Beispiel, indem du bei einer achtsamen Kommunikation einmal ganz genau auf die Stimme und die Gesten deines Gegenübers achtest, ebenso wie auf deine eigenen Gesprächsbeiträge.
Oder dich beim Arzt oder auf dem Amt im achtsamen Warten übst: Statt dich über die vergeudete Zeit aufzuregen, kannst du die Gelegenheit nutzen, deinem Atem zu lauschen und die Details deiner Umgebung ganz bewusst wahrzunehmen. Schweift deine Aufmerksamkeit ab, lenkst du sie einfach ganz sanft zurück auf das Hier und Jetzt.