Wandern ist langsam, langweilig, bringt wenig und ist doch eh nur ein Sport für alte Menschen. Quatsch! Wandern ist ein Sport, bei dem man ins Schwitzen kommen, aber auch mal abschalten kann. Drauflos-wandern sollte man jedoch nicht einfach: Als Anfänger gibt es einiges, das man berücksichtigen sollte. Wanderexperte Thilo Kunte erklärt, wie man in den Wandersport starten kann.
Trendsportarten kommen und gehen. Langfristig suchen viele Menschen Beschäftigungen, die sie dauerhaft befriedigen. Und besinnen sich – wie schon seit Jahrhunderten – auf das Wandern. Es gibt wohl kaum etwas Besseres für Körper und Seele, als in der Natur und an der frischen Luft neue Kräfte zu tanken, herumzukommen, viel zu sehen und sich dabei wirklich zu erholen.
Dabei kommen Wanderer auch mit wenig Geld sehr gut zurecht, denn wandern kann man überall. Ausrüstung lässt sich nach und nach verbessern und Übernachtungen etwa in Alpenvereinshütten sind durchaus erschwinglich. evidero-Wanderexperte Thilo Kunze, Wanderleiter beim Deutschen Alpenverein (DAV), hat evidero einige Tipps für den Einstieg in den Aufstieg gegeben.
1. Die richtige Grundausrüstung zum Wandern
Der wichtigste Teil der Ausrüstung sind Wanderschuhe mit gutem, geeignetem Profil und natürlich eine Wanderkarte. Zum Standard-Equipment im Sommer in den Bergen gehören außerdem: Sonnenbrille, Mütze, Sonnencreme, Regenjacke, Erste-Hilfe-Set und vor allem: ausreichend Trinkwasser. Außerdem sollte im Hochgebirge auch bei Hitze immer ein Fleece-Pullover im Gepäck sein, weil das Wetter in der Höhe rasch umschlagen kann. Generell empfehlenswert ist leichte Funktionsbekleidung. Die ist heutzutage durchaus bezahlbar und man hat eine sehr breite Auswahl.
2. Die ersten Wandertouren langsam angehen
Für den Beginn empfiehlt sich ein Pensum von drei bis vier Stunden täglich. Dabei müssen Versorgung und Ausrüstung stimmen. Während eines mehrtägigen Urlaubs ist es auch für erfahrene Wanderer ratsam, sich langsam zu steigern. Gerade in den Bergen muss sich der Körper an die Höhe und an die Belastung gewöhnen. Das gilt auch für die Körpergelenke. Vom langen Sitzen sind sie schon mal etwas versteift, Sehnen sind häufig verkürzt. Also: langsam beginnen, so vermeidet man Muskelkrämpfe in den ersten zwei, drei Tagen.
3. Deutsche Regionen bieten eine Vielfalt an Wander-Erfahrungen
Deutschland ist ein wunderschönes Wanderland, hier gibt es viele Wege für jeden Geschmack und Anspruch. Freude am Wandern lässt sich dabei auch im flachen Land, z.B. an Nord- und Ostsee erfahren. Mich als Berliner zieht es gerne auch in die nahen Mittelgebirge; jüngste Ziele waren hier der Thüringer Wald, der Harz und das Zittauer Gebirge. Diese Regionen kann ich Einsteigern wärmstens empfehlen. Der Wanderer hat hier herrliche Naturerlebnisse. Es gibt zahlreiche Einkehrmöglichkeiten, und die Höhenmeter und Gefahren halten sich – im Vergleich zum Hochgebirge – in Grenzen.
4. Wanderstöcke – kein Muss, aber gerade für ältere Menschen empfehlenswert
Es gibt Menschen, die seit Jahrzehnten hervorragend ohne Stöcke auskommen. Viele dieser Puristen ändern jedoch irgendwann ihre Meinung, weil die Hilfsmittel gerade auf langen und schwierigen Strecken die Knie wohltuend entlasten. Ein angenehmer Nebeneffekt ist außerdem, dass durch die Arbeit mit Wanderstöcken die Arme trainiert werden.
Wie bei vielen Dingen gibt es auch hier Vor- und Nachteile. Wer sich tagelang nur aufstützt, vernachlässigt sein Gleichgewicht. Weil der Mensch hier mit zunehmendem Alter eher abbaut, sollte er dieser Entwicklung lieber entgegenwirken. Deshalb meine Empfehlung für Wanderer mit gesunden Knien: Die Stöcke weglassen und Beine und Gleichgewicht trainieren, bis sich Ermüdungserscheinungen einstellen. Und dann die Hilfsmittel gezielt einsetzen. Man spürt dann sofort, wie es leichter auf den Berg hinauf oder wieder hinunter geht.
5. Knieprobleme sind nicht unbedingt ein Grund, um aufs Wandern zu verzichten
Das lässt sich nicht verallgemeinern. Am besten, zuerst einen Sportmediziner konsultieren, der bei ernsthaften Erkrankungen abraten oder behandeln wird. Ich selbst bin mal mit Kniebeschwerden, die mich wochenlang geplagt und verunsichert hatten, losgewandert und nach wenigen Tagen intensiver Wanderung waren sie verschwunden. Wahrscheinlich hatte mir also nur die Bewegung gefehlt. Der Mensch ist nicht dazu geschaffen, nur am Schreibtisch zu sitzen. Mit allem sollte man Maß halten.
6. Klettersteige: Unter bestimmten Bedingungen auch für Anfänger geeignet
Wer mit Klettersteig-Set unterwegs ist und keine Höhenangst hat, kann als Anfänger auf diesen Anlagen viel Spaß haben. Dabei gibt es verschiedene Schwierigkeitsbewertungen – von A (leicht) bis E (extrem schwierig). Der Einsteiger sollte mit der einfachsten Variante beginnen, möglichst auch in einer Gruppe, die ihn unterstützt. Einige Gefahren wie Steinschlag, Blitz, Schnee und Eis sind dabei nicht zu unterschätzen.
Aufgezeichnet von Annette Bonse