Einsamkeit – allzu gerne möchten wir dieses schmerzliche Gefühl von Verlassenheit und fehlender Verbindung vermeiden. Doch in ihr steckt auch eine Menge Potential, dass wir uns zunutze machen können. Einsamkeit kann eine Zeit der Selbstbesinnung sein, in der wir zur Ruhe kommen, unsere Bedürfnisse wahrnehmen und zu unserer Kreativität zurück finden können. Diese 5 Tipps können dir helfen, Einsamkeit anzunehmen und als spirituelle Erfahrung zu Selbsterkenntnis und Selbstliebe zu nutzen.
1. Einsamkeit schafft Nähe zu dir selbst
Einsamkeit kann ähnlich wie andere intensive Gefühle, beispielsweise Trauer oder Angst, unsere Aufmerksamkeit unmittelbar in die Gegenwart holen. Statt vor diesem starken Gefühl der Verlassenheit zu flüchten und es zu betäuben – mit Fernsehen, Telefonaten, Essen, Alkohol, oder ähnlichem – können wir es als Anregung nutzen, umso intensiver in uns hinein zu spüren und uns selbst nahe zu sein.
Wo kannst du die Einsamkeit körperlich spüren und wie fühlt sie sich an? Welche Gedanken begleiten die Einsamkeit? Welche weiteren Gefühle tauchen auf, je weiter du in dich hineinspürst?
2. Einsamkeit lässt dich Akzeptanz üben
Nimm alle diese körperlichen und emotionalen Empfindungen an, beschreibe sie möglichst bildhaft, ohne dabei die Wertung “gut” oder “schlecht” zu benutzen – alle Empfindungen und Gedanken sind Teil unserer Lebendigkeit und es hilft, die “unerwünschten” Anteile, wie Einsamkeit, Traurigkeit oder Wut genau so willkommen zu heißen wie die erwünschten.
Vermutlich werden trotz “guter Vorsätze” wertende Gedanken und auch Gefühle der Ablehnung gegenüber bestimmten Emotionen auftauchen – nimm diese ebenfalls an, ohne dich dafür zu schimpfen, dass du es nicht schaffst, wertneutral zu bleiben. Sieh die Einsamkeit eher als Gelegenheit an, Akzeptanz zu üben und dich der Situation zu ergeben.
Du fühlst dich gerade Sch***e? Dann ist das jetzt halt so. Du erinnerst dich sicher an Momente in der Vergangenheit, in denen es dir ähnlich schlecht ging: Diese Zeiten hast du überstanden, und auch das aktuelle Tief wird vorübergehen. Je mehr du die Einsamkeitsgefühle akzeptieren kannst, desto schneller wird es dir besser gehen.
3. Einsamkeit lehrt dich Selbst-Empathie
Gedanken und Gefühle ähneln emotional aufgewühlten Kindern, die ihre Geschichten los werden möchten: Sie lassen dich erst in Ruhe, wenn du sie angehört und angemessen gewürdigt hast. Wenn wir die Geschichten anhören, ohne uns in ihr “Drama” zu verstricken, dann nehmen wir dem Gefühlschaos gegenüber die Rolle des verständnisvollen Erwachsenen ein, der durch seine gesunde Distanz den Überblick bewahrt und so ein Ruhepol und eine wahrhafte Stütze sein kann.
So begegnen wir uns mit Selbst-Empathie anstatt in Selbstmitleid zu versinken. Das verschafft uns die positive Erfahrung, dass wir unsere Gefühle gefahrlos fühlen können: Es steht dir jemand zur Seite: Du selbst. Tröste und verwöhne dich mit Allem, das dir jetzt Wärme und Geborgenheit geben kann: Vielleicht machst du dir einen heißen Tee und kuschelst dich in deine Lieblingsdecke?
4. Einsamkeit lässt dich weich und liebevoll werden
Im Alltag möchten wir meist einfach funktionieren und beißen die Zähne zusammen, um alle zu erledigenden Aufgaben abliefern und unsere Termine trotz Hektik wahrnehmen zu können. Wir legen uns ein “dickes Fell” zu, einen Schutzpanzer, der uns etwas abstumpfen und härter machen soll, damit wir in Zeiten des “Kampfes” und der Dauer-Anstrengung überleben können.
Wenn wir nun alleine sind und uns der Situation “ergeben”, dass heißt unser Funktionieren auf-geben und uns stattdessen all unseren Gefühlen hin-geben, dann kann dieser Panzer aufweichen. Spannung weicht aus dem Körper, die Zähne lösen sich voneinander, Nacken und Schultern entspannen. Emotional fühlen wir uns vielleicht ähnlich wie nach einem langen, wohltuenden Weinen: Vielleicht etwas müde und ausgelaugt, aber wohlig schwer und ruhig.
Je mehr wir entspannen, körperlich und emotional, desto mehr können wir unsere Zartheit und Verletzlichkeit wieder spüren. Diese Weichheit ist der Weg zu Empathie und Liebe – zunächst für uns selbst, und dann auch anderen Menschen gegenüber.
5. Einsamkeit lässt dich du selber sein
Ohne Termindruck, ohne Beeinflussung durch andere Menschen, uns selbst ganz nahe, haben wir in einsamen Momenten wieder den Raum, Neues zu schaffen: Wir erinnern uns vielleicht an Pläne, die wir ewig begraben haben, weil immer die Zeit für die Umsetzung fehlte. Oder wir haben neue Ideen und Lust, einfach etwas für uns selbst zu tun. Es kann sein, dass wir jetzt endlich unsere Fotos sortieren und zu einem hübschen Album zusammenkleben.
Oder wir schnappen uns die verstaubte Kamera und gehen mal wieder auf Entdeckungsreise durch die Stadt, alleine. Lassen uns treiben, inspirieren, trinken Kaffee, alleine. Entdecken Dinge, die wir sonst nie sehen, weil wir mit Freunden oder mit dem Handy beschäftigt sind. Vielleicht reisen wir sogar mal in eine fremde Stadt, um hier alleine mit uns selbst Zeit zu verbringen. Entdecken Freude am Alleine-Sein. Lassen Angst vor der Einsamkeit los.
Sie mag uns immer mal wieder besuchen, als zartes oder auch starkes, sehnsuchtsvolles Ziehen im Herz. Doch wir wissen: Sie schenkt uns die Freiheit, wir selbst zu sein. Sie schenkt uns Raum, unsere Verletzlichkeit zu spüren. Weich zu werden. Und sie schenkt uns die Sicherheit, dass wir für uns selbst sorgen können. In der Not auch ganz allein.