Der Kopf sagt “so ein Arsch”, aber eigentlich sollten wir ihnen dankbar sein, den Arsch-Engel um uns herum, die uns einfach nur auf die Nerven gehen und unausstehlich sind. Sie lösen Ärger, Wut oder Hilflosigkeit in uns aus – seien es Kollegen, Nachbarn, Chefs oder der Partner. Aber eigentlich sind sie unsere wichtigsten Helfer – sogar wahre Engel, denn sie sind Menschen, die uns nur darauf hinweisen, womit wir bei uns selbst nicht zufrieden sind. Der bekannte Autor und Seminarleiter Robert Betz knöpft sich in seinem neuen Buch “Jetzt reicht´s mir aber” genau jene Spezies vor und erklärt, wie wir die verborgenden Botschaften hinter jedem Konflikt entschlüsseln und endlich Frieden schließen mit den Arsch-Engeln und uns selbst. evidero durfte ein spannendes Kapitel aus seinem Buch veröffentlichen.
Wie du die Geschenke deiner Arsch-Engel erkennst und auspackst
Ich möchte dir mit den folgenden vier Fragen ein erstes Werkzeug an die Hand geben, mit dem du sehr schnell die wahren Ursachen für die meisten unfriedlichen Zustände und Konflikte in deinem Leben herausfinden kannst. Diese Fragen kannst du auf jeden Konflikt und jeden Ärger in deinem Leben anwenden.
Wähle hierfür einen Menschen von der Liste deiner persönlichen Arsch-Engel, mit dem du dir Frieden wünschst, stell dir kurz sein Gesicht vor und beantworte dir, am besten schriftlich und in aller Ruhe, die folgenden Fragen:
1. Frage: Welches Gefühl oder welche Gefühle löst dieser Mensch heute noch in dir aus?
(zum Beispiel Ärger, Wut, Hass, Ohnmacht, Neid, Eifersucht, Missgunst, Schuldgefühle, Kleinheit …)
Wenn wir genau in uns hineinfühlen, sind es oft zwei bis drei Gefühle und nicht nur eins, die der andere in uns auslöst. Zum Beispiel taucht hinter der Wut fast immer das Gefühl von Ohnmacht und Hilflosigkeit auf. Achte bitte auf die hinter dem Ärger oder der Wut liegenden Emotionen. Es sind oft die, die wir am wenigsten fühlen wollen und die uns erst wütend werden lassen.
Neben dem Gefühl unserer Machtlosigkeit und Kleinheit sind es insbesondere Schuld, Scham, Neid, Eifersucht und Trauer. Diese Gefühle waren schon lange vor dem Auftauchen jener Person, die dich gerade »ärgert«, in dir.
Das erste »Geschenk« an dich (das du im Moment vermutlich noch nicht als ein Geschenk erkennen wirst oder willst) besteht darin: Der andere macht dich auf genau dieses Gefühl in dir – oft schmerzhaft – aufmerksam. Er holt es hoch in dir, er löst es aus, aber er hat dieses Gefühl in dir nicht erschaffen oder verursacht (auch wenn dein Verstand vielleicht noch vehement an diesem Irrtum festhalten will).
Wenn du dieses Geschenk in Empfang nehmen und auspacken willst, darfst du in der nächsten Zeit diese (durch andere Menschen in dir ausgelösten) Gefühle in Besitz nehmen. Was heißt das?
Du darfst anerkennen, dass es DEIN Gefühl ist, das du selbst vor langer Zeit (durch deine Gedanken über dich, über andere und über das Leben) erschaffen und über Jahre genährt und zugleich in dir unterdrückt und verdrängt hast. Das heißt, du darfst und kannst deine Schöpferverantwortung für diese Gefühle übernehmen.
Du bist weder das Opfer deiner Gefühle noch das Opfer anderer Menschen, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht. Und vor allem: Du darfst und kannst lernen, diese Gefühle in dir bewusst, bejahend und mit Liebe zu fühlen und sie hierdurch zu verwandeln. Dazu später mehr.
Also, welche Gefühle hat jener Arsch-Engel aus deinem Leben in dir hochgeholt? Sind es »zufällig« Gefühle, die du auch aus Situationen mit anderen Menschen der Vergangenheit und Gegenwart kennst?
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Was genau bringt dich auf die Palme und aus dem Gleichgewicht, was macht dich fassungslos, sprachlos oder empört dich? Was genau kannst du an ihm oder ihr nicht ausstehen? Schreib dir deine Antwort darauf bitte auf und versuche, jene Eigenschaft oder jenes Verhalten so präzise wie möglich zu beschreiben.
3. Frage: Hast du diese Eigenschaft oder dieses Verhalten schon einmal an dir selbst festgestellt?
Erinnere dich! Oder kann es sein, dass du partout NICHT so sein willst und gesagt hast: »So will ich NIE sein! Und so bin ich auch nicht!«? Die erste dieser beiden Fragen übergehen viele mit einem allzu schnellen »Nein, ich bin nicht so!« Darum nimm dir Zeit und Ruhe, schließ die Augen und frage dich ehrlich bei jedem Arsch-Engel:
Wo und wann habe ich mich selbst auch schon einmal so verhalten? Oder wo verhalte ich mich heute noch hier und da so oder so ähnlich? Bin ich das vielleicht auch hin und wieder, was ich am anderen verurteile, kritisiere und gar nicht mag? Oder tue ich es vielleicht nicht wirklich, aber doch in meinen Gedanken? Oder würde ich mich manchmal gern genauso verhalten können wie jener Arsch-Engel, wenn ich es nur könnte?
Schau mal, welche Szenen aus dem Film deines Lebens auftauchen, in denen du vielleicht auch so warst (so hart, ungerecht, verletzend, egoistisch, stur, rechthaberisch, aggressiv, verlogen, feige, ängstlich, unehrlich …)
Je lauter dein Nein auf die Frage 3 ist, verbunden mit einem »So bin ich nicht und so will ich auch nicht sein!«, desto mehr musst du mit genau diesen Eigenschaften oder Verhaltensweisen etwas zu tun haben. Denn wo käme sonst wohl die negative Ladung dazu in dir her? Was dich innerlich trifft, das betrifft dich auch, das heißt, es hat dann immer viel mit dir und deinem unfriedlichen und ungeordneten Innenleben zu tun.
Je mehr du an dir selbst ablehnst und verurteilst, desto mehr Menschen ziehst du in deinem Leben an, die dir genau diese in und an dir abgelehnten Eigenschaften oder Verhaltensweisen spiegeln. Der andere spiegelt dir zum Beispiel das, was du auch bist, aber nicht sein willst, etwas, was du an dir selbst ablehnst. Was du nicht sein willst, aber auch bist, das müssen andere Menschen für dich sein und dir so das in dir Abgelehnte zeigen.
Das trifft übrigens auch auf all das Wunderbare, Schöne, Liebenswerte zu, was du an und in anderen wahrnimmst und an ihnen vielleicht sogar bewunderst, all das muss auch in dir selbst vorhanden sein, denn sonst könntest du es gar nicht erkennen. Was dich berührt, sogar die Schönheit der Natur, spiegelt dir deine innere Schönheit. Wäre sie nicht in dir, hättest du keine Resonanz dafür, du könntest sie gar nicht wahrnehmen.
4. Frage: Welcher Mensch in deiner Kindheit oder Jugend verhielt sich ähnlich wie dein heutiger Arsch-Engel oder hatte ähnliche Eigenschaften wie er?
An wen erinnert dich dieser Mensch? Bei wem hast du damals ähnlich gefühlt und reagiert? (zum Beispiel bei Vater, Mutter, Bruder, Schwester, Nachbarskind, Cousin, Cousine …)
Die meisten unserer Konflikte im Erwachsenenalter sind die Folge der Erfahrungen und Verstrickungen mit den Schlüsselpersonen unserer Kindheit und Jugend. Und so sind die meisten Arsch-Engel der Gegenwart nur Platzhalter für jene Menschen der ersten Jahre unseres Lebens.