Grundlegende Veränderungen im Leben sind meist nicht so einfach. Vor allem, wer seine Ernährung umstellen möchte muss viel beachten. Auch wenn die Motivation gesündheitlich bedingt ist, birgt eine neue Ernährungsweise so manchen Stolperstein, wenn wir uns nicht richtig vorher informieren. So auch bei der Umstellung des Körpers auf rohköstliche Ernährung. Ruth Krasny, Expertin für vegane Rohkost, gibt uns 10 Tipps für den richtigen Einstieg in eine gesunde Ernährung mit Rohkost.
Bauchschmerzen bei Rohkost: Der Grund ist das Verdauungssystem
Der Körper hat sich im Laufe der Jahre an einen Ernährungsrythmus mit bestimmten Lebensmitteln gewöhnt. Hat man sich dabei vielleicht auch suboptimal ernährt, kann eine Umstellung in Richtung ‚gesund‘ den Organismus überfordern. Wer kennt diese Aussagen nicht: „ Ich vertrage keine Rohkost“, oder: „Abends kann ich kein rohes Gemüse essen“, oder: „Von einem Salat werde ich nicht satt“. Schauen wir mal genauer hin, was man bei Rohkosternährung beachten sollte und welche Anfangsprobleme auftreten können.
1. Der Verdauungstrakt muss neu aufgebaut und auf Rohkost trainiert werden
Wenn du dich bisher eher suboptimal ernährt hast – ballaststoffarm, mit wenig Frischkost, viel Weichgekochtem und Weizenprodukten, solltest du die Umstellung langsam angehen. Der Darm hatte mit der herkömmlichen Nahrung nicht viel Arbeit und war nahezu unterfordert. Die Darmmuskulatur ist langsam zum Erliegen gekommen. Ballaststoffreiche Frischkost sollte daher langsam integriert und ausreichend gekaut werden.
Wenn unverdaute Nahrungsteilchen in den Dickdarm rutschen, kommt es zu Gärprozessen und Blähungen. Das liegt jedoch nicht an der Rohkost, wie oft fälschlicherweise dargestellt, sondern an dem mangelhaften Kauverhalten und einem erschlafften Darmsystem. Dieses muss nun wieder langsam aufgebaut und neu trainiert werden.
2. Zu Beginn einer Umstellung auf Rohkost Gemüse und Obst mit geringem Faseranteil wählen
Rohkostsuppen, Grüne Smoothies oder Fruchtshakes sind gute Alternativen, um langsam zu starten und die Verdauung zu unterstützen. Speisen, die im Hochleistungsmixer verarbeitet wurden, sind sozusagen vorgekaut. Dennoch sollte man auch diese Speisen gut einspeicheln, da die Aufspaltung der Nahrung schon im Mund beginnt.
Wähle für den Start weiche Obst- und Gemüsesorten, mit geringerem Faserstoff-Anteil wie Tomaten, Avocados, weiche grüne Blattsalate oder Bananen. Du kannst dir Gemüse auch leicht dünsten, wenn du merkst, dass dein Verdauungssystem noch überfordert ist.
3. Ungünstige Nahrungsmittelkombinationen und unreifes Obst sollte man vermeiden
Wasserhaltige Nahrungsmittel haben den schnellsten Verdauungsweg und sollten für sich alleine oder vor dem Essen verzehrt werden. Isst man nach einem üblichen Mahl beispielsweise einen Obstsalat, ist ein Blähbauch vorprogrammiert. Das wasserhaltige Obst muss dann hinter der Hauptspeise anstehen und kann im warmen, feuchten Darmmilieu gären. Obst sollte immer reif und für sich gegessen werden und auch nicht in Kombination mit Gemüse (Ausnahme: grünes Blattgemüse und Obstgemüse).
Wenn man eine Obstsorte vielleicht nicht verträgt, sollte man überprüfen, ob man diese unreif verzehrt hat. Während der Reifung von Obst erfolgt eine enzymatische Umwandlung der enthaltenen Stärke in Einfachzucker. Essen wir unreifes Obst, obliegt dieser Prozess unserem Verdauungssystem – und das kann durchaus Probleme bereiten.
4. Kohlenhydrate und Proteine trennen, da sie verschiedene Verdauungsvogänge anregen
In einer Mahlzeit sind auch Kohlenhyrate und Proteine eine eher ungünstige Kombination, da sie verschiedene Verdauungswege gehen. So benötigen Proteine saure Verdauungssäfte und Kohlenhydrate sind auf ein basisches Milieu angewiesen. Wenn nun in einem Essen beide Milieus benötigt werden, ist es logisch, dass sich diese neutralisieren und die Nahrung nicht zu Genüge aufgespalten werden kann – und wieder grummelt es im Bauch und wir verspüren ein Völlegefühl.
5. Rohkost am Abend ist gut, aber nicht zu spät und in Maßen
Abends darf gerne Rohkost gegessen werden. Die Ausnahme bilden diejenigen, die ein sehr schwaches Verdauungssystem haben. Hier empfehle, ich das Gemüse lieber zu dünsten. Ansonsten gilt: Nicht zu spät essen, in moderaten Mengen und gut kauen. Hier möchte ich noch einmal erwähnen, dass es nicht an der Frischkost liegt, sondern an der Verdauungsleistung.
Nicht satt durch Rohkost? Probier mal Nüsse oder Avocado
6. Kräuter und Wildkräuter entgiften und sollten vor oder am Anfang einer Umstellung eingesetzt werden
Nimmt man zu Beginn der Umstellung viele Kräuter, Wildkräuter und andere hochpotente Superfoods zu sich, findet ein Reinigungsprozess im Körper statt. Es können dabei leichte Entgiftungserscheinungen auftreten wie Kopfschmerzen oder Unwohlsein. Das ist eigentlich ein gutes Zeichen, denn der Körper entledigt sich lange angesammelter ‚Giftstoffe‘, und es wendet sich hier etwas zum Besseren.
Diese Giftstoffe werden freigesetzt und zirkulieren im Blut, bevor sie ausgeschieden werden. Meine Empfehlung ist, langsam anzufangen und darauf gefasst zu sein, oder aber mit einer Detox-Woche zu beginnen – danach fällt einem die Umstellung viel leichter.
7. Wenn Rohkost nicht sättigt, Nüsse, Kerne, Avocados oder gute Dressings hinzufügen
Wird man von Rohkost nicht satt, liegt es daran, dass man hochgezuckerte und fetthaltige Nahrung gewohnt ist. Der Blutzuckerspiegel muss sich erst mal auf ein normales Niveau einpendeln. Man kann dennoch gehaltvoll essen und seine Speisen mit gesunden Ölen, Avocados, gekeimten Buchweizen und Quinoa, einem reichhaltigem Dressing, Nüssen oder Crackern aufpeppen.
Ein Salat sollte nicht der herkömmliche gewohnten Menge entsprechen, sondern darf ruhig richtig groß sein. Nach einiger Zeit der Umstellung benötigt man nicht mehr diesen Überfluss an Nahrung.
8. Was sagen die anderen dazu? Selbstbewusst bleiben und das Richtige tun!
Es wird vorkommen, dass man dich schief anschaut und du mit Fragen zu deiner neuen Ernährung überhäuft wirst. Das ist normal, denn der Durschnittsmensch ernährt sich eher ungesund. Erkläre ruhig, warum du das tust und zeige die Vorteile auf. Das Wichtigste jedoch ist zu wissen, dass du es für DICH selbst, DEINE Gesundheit und DEIN Wohlbefinden machst.
Glaube mir, irgendwann darfst du dann die anderen belächeln, wenn sich die ersten Wehwechen und Gebrechen einstellen.
9. Was esse ich bei Einladungen von Nicht-Vegetariern, -Veganern oder -Rohköstlern
Bei Einladungen immer entspannt bleiben und nicht verrückt machen lassen. Du hast folgende Möglichkeiten: Du kannst vorab schon zu Hause essen. Du kannst etwas Leckeres zubereiten und die anderen Gäste mit deiner Kreation überraschen. Du suchst dir vor Ort die gesündeste Alternative von den Speisen aus – es ist fast immer etwas dabei. Das wichtigste ist aber, sich nicht mit kleinen Ausnahmen zu stressen.
Im Restaurant sieht es ähnlich aus. Es findet sich nahezu auf jeder Speisenkarte ein Salat. Man kann aber auch immer beim Küchenchef nachfragen, ob dieser was Schönes zaubern kann.
10. Rohkost To Go
Im beruflichen Alltag oder unterwegs gibt es auch in der Rohkostküche gute “To Go” Alternativen. Obst, Trockenfrüchte, Rohkostcracker, Gemüsesticks oder Smoothies sind die einfachen Varianten. Im Urlaub habe ich beispielsweise immer einen To Go Smoothiemixer dabei, der passt in jeden Koffer. Wenn man sich sein Abendessen zubereitet, kann man dies gleich in einer größeren Menge herstellen und nimmt sich am nächsten Tag etwas davon mit zur Arbeit.
Mit der Zeit wird man erfinderisch und findet schöne Dinge, um sich auch außer Haus gesund zu ernähren. Auf jeden Fall sollte man immer einen Apfel oder eine Banane in der Tasche haben, denn wenn der plötzliche Hunger kommt, ist man schnell versorgt und greift nicht zu ungesunden Snacks.
Das Wichtigste ist, entspannt an die Sache heranzutreten. Wer zu viel auf einmal möchte, verliert die Freude daran. Kleine, überschaubare Ziele setzten und kleine Erfolge feiern – dann geht es voran.