Was wir essen und wie wir essen, verrät viel über unsere Gefühlslage. Das „Kochbuch der Gefühle“ serviert uns Rezepte, die zum Beispiel nach Vorfreude, Wut, Trauer oder Glück schmecken.
Essen befriedigt grundlegende Bedürfnisse und führt oft zu einem wohligen, guten, entspannten Gefühl, sagt Christina Bermeitinger. Sie ist Psychologie-Professorin an der Universität Hildesheim und hat mit ihren Studenten ein interessantes Projekt durchgeführt: Gemeinsam mit Kochauszubildenden und deren Schulleiter Lasse Althaus haben sie den Zusammenhang zwischen Emotionen und Essen untersucht. Daraus entstanden ist das „Kochbuch der Gefühle“.
Eine Erkenntnis darin: Je nach Gefühlszustand essen wir anders. Wenn man nicht gut drauf ist, steigt die Vorliebe für “Junk-Food“. In gedrückter Stimmung mögen die meisten Leute lieber cremiges und mildes Essen. Und Schokolade bestätigt seinen Ruf als Seelentröster. Aber Vorsicht, sagt die Professorin: Schokolade lässt uns meist nur kurzfristig gut fühlen; mittelfristig führt Schokolade eher dazu, unsere schlechte Stimmung aufrecht zu halten.
Glücksrezepte
Das Kochbuch der Gefühle schlägt andere Glücksrezepte vor: Symbolträchtige wie das Glücksklee-Süppchen aus vierblättrigem Sauerklee oder gefüllte Glückspilze. Auch Feigen im Speckmantel können glücklich machen, denn sie enthalten viele Kohlenhydrate, die die Stimmung aufhellen. Der Klassiker Nudeln mit Tomatensoße enthält ebenfalls ganz viele Kohlenhydrate und gibt man noch frisches Basilikum dazu, sorgt das zusätzlich für Entspannung. Als leckeren „Glücklichmacher für kleine Tiefpunkte“ empfehlen uns die Psychologie-Studierenden und Kochazubis auch einen frischen Obstsalat mit Naturjoghurt. Dieser führe zu einer schnellen Insulinausschüttung und hebe die Stimmung.
Kochen vor Wut
Manchmal muss man im Leben auch richtig Dampf ablassen. Wut gehört zu den sogenannten Basis-Emotionen und entsteht meist dann, wenn wir uns durch andere verletzt oder geschädigt fühlen. Die Gefühlsköche assoziieren mit Wut vor allem die Farbe Rot und schlagen uns viele Gerichte mit roten Zutaten vor. Und mit einer gewissen Schärfe, etwa beim fruchtig-feurigen Radicchio-Salat oder beim Kräuter-Schweineländchen mit roter Chilisoße. Wer sein Gemüt wieder abkühlen möchte, kann eine kalte Gazpacho löffeln oder sich eine Norddeutsche Rote Grütze zubereiten.
Bestimmte Emotionen auslösen
Was kann man essen, um eine bestimmte Emotion auszulösen? Auch dazu haben sich die Kochauszubildenden der Walter-Gropius-Schule in Hildesheim und die Studierenden des Mastergangs Pädagogische Psychologie Gedanken gemacht. Beispielsweise fanden sie, dass Stolz nach einem angenehmen Gefühl schmeckt, das beflügelt wie etwa Hummer mit Chili oder Champagner-Gelee mit Granatapfel und Kardamon. Beim Gefühl der Angst wurde versucht, die typischen Symptome zu provozieren wie Zittern, steigender Blutdruck, Herzrasen und so weiter. Das geht zum Beispiel mit Kaffee, der bei Versuchspersonen zunächst die Konzentration steigerte, später aber (im Vergleich zur Kontrollgruppe) zu stärkeren Angstreaktionen führte. Und wer Gänsehaut oder Zittern und Frieren herbeirufen will, isst am besten Eis. Meloneneis, das viel Kalium enthält, steigert die Erregbarkeit der Muskeln besonders.
Sicherheit und Geborgenheit
„Ein weiteres Beispiel dafür, wie wir durch Essen unsere Emotionen regulieren, sind Speisen, die an unsere Heimat und längst vergangene Zeiten erinnern“, erklärt Christina Bermeitinger. Die Psychologie-Professorin hat verschiedene Quellen gefunden, die belegen, dass die Rückbesinnung auf alte Werte und Geschmäcker, also auf traditionelle Gerichte, Sicherheit und Geborgenheit vermitteln, „weil wir genau wissen, was kommt und was zu tun ist“. Nostalgische Gerichte sind zum Beispiel Gemüsesuppe mit Grießklößchen, Kartoffelsuppe, Omas Kohlrouladen oder ihr Grießbrei.
Insgesamt werden im Kochbuch der Gefühle besonders viele gute Gefühle wie Euphorie, Verliebtheit, Vorfreude, Überraschung und Leidenschaft mit Gerichten bedient. Das sehr originell gestaltete Buch enthält 96 Rezepte zu 15 Emotionen. Die Erläuterungen sind teils witzig geschrieben und die Rezepte sind abwechslungs- und ideenreich illustriert.