Zuverlässig tragen sie uns Tag für Tag durchs Leben – unsere Füße. Gerade mal durchschnittlich um die 40 cm lang transportieren diese Wunderwerke unser gesamtes Körpergewicht inklusive Gehirnmasse überall hin. Wow….
Kein Wunder also, dass der Fuß nicht einfach ein flaches Brett ist, auf dem sich der Rest des Körpers stapelt. Nein, unser Fuß ist hochkomplex aufgebaut.
Das muss er auch, denn er soll uns nicht nur Sicherheit und Stabilität geben, sondern sich auch flexibel an jeden Untergrund anpassen. Damit ihr eine Vorstellung davon bekommt, wie genial die menschliche Evolution dafür gesorgt hat, möchte ich mit euch einen kleinen anatomischen Ausflug in den menschlichen Fuß machen.
Die Anatomie des Fußes
Unser Fußskelett gliedert sich grob in drei Teile: Fußwurzel, Mittelfuß und Vorderfuß beziehungsweise Zehen. Alle drei Teile wiederum bestehen aus Knochen, die untereinander gelenkig verbunden und über zahlreiche Bänder gesichert sind.
Das größte Fußgelenk ist das Sprunggelenk, welches auch wieder aus zwei, genauer gesagt aus drei einzelnen Gelenken besteht.
Das obere Sprunggelenk bildet die Verbindung aus Schienbein, Wadenbein und Sprungbein – ein Knochen der Fußwurzel oberhalb des Fersenbeins. Im oberen Sprunggelenk sind Beugung und Streckung möglich. Das bedeutet, hier können wir die Zehen in Richtung Knie ziehen und sie nach unten strecken. Geführt beziehungsweise gesichert wird diese Scharnierbewegung durch längs verlaufende kräftige Bänder.
Probier ́s direkt mal aus:
Setze dich mit gestreckten Beinen auf den Boden, ziehe die Zehen so weit es geht zu dir heran und strecke sie dann so weit wie möglich vom Körper weg. Spürst du, wie deine Muskeln im Unterschenkel dafür abwechselnd kontrahieren und gedehnt werden?
Das untere Sprunggelenk besteht eigentlich aus zwei Gelenken, einem vorderen und einem hinteren. Das hintere verbindet Fersenbein (der unterste Knochen in der Ferse) und Sprungbein und das vordere Sprungbein und Kahnbein – ein Teil der Fußwurzel Richtung Mittelfuß. In diesen beiden Gelenken vollzieht sich die Supination (Anheben des inneren Fußrandes) und die Pronation (Anheben des äußeren Fußrandes).
Probier ́s direkt mal aus:
Setze dich auf den Boden, strecke die Beine aus und drehe deine Fußsohlen zueinander. Wer sehr beweglich ist, kann die Fußsohlen fast schließen, bei gestreckten Knien wohlgemerkt! Mache dann die Gegenbewegung und ziehe die äußeren Fußränder zu dir heran.
Sicher spürst du, dass diese Bewegungen an einer anderen Stelle im Fuß stattfinden als Beugung und Streckung in der vorangegangen Übung.
Wo liegt das meiste Gewicht auf deinem Fuß?
Wie ich bereits erwähnte, ist unser Fuß kein flaches Brett. Betrachte deine nackten Füße im Stand, dann siehst du es selbst: Der Fuß besteht aus Etagen – hinten hoch, vorne flach – und innerhalb dieser Etagen finden sich unzählige Gewölbe wieder. Diese Gewölbe garantieren eine gleichmäßige, federnde Druckübertragung des Körpergewichts wenn wir stehen, gehen, laufen und springen. Außerdem ermöglichen die vielen kleinen Gelenke, dass sich unser Fuß an jeden Untergrund flexibel anpassen kann. Zumindest ein gesunder und beweglicher Fuß.
Da wir ihn die meiste Zeit in Schuhen einsperren und fast nur noch auf ebenem Asphalt laufen (wenn wir überhaupt laufen ;-)) verkümmert diese Fähigkeit immer mehr, was fatale Folgen für die gesamte Körperstatik hat.
Die wichtigsten Stützpunkte unseres Fußes sind der erste Mittelfußknochen (großer Zeh), der fünfte Mittelfußknochen (kleiner Zeh) und die Mitte des Fersenbeins.
Probier ́s direkt mal aus:
Stelle dich barfuß hin und überprüfe, an welchen Stellen du deine Füße vorwiegend belastest. Womöglich stehst du mehr auf dem ersten oder mehr auf den fünften Mittelfußknochen oder du belastest die Ferse kaum oder zu stark. Betrachte jeden Fuß für sich und stelle Seitenunterschiede fest. Wie du deine Füße belastest, kannst du auch am Grad der Abnutzung deiner Schuhsohlen erkennen. Wenn du starke Abweichungen vom beschriebenen Normalfall feststellst, solltest du dies von einem Fachmann überprüfen lassen. Fachleute sind ganzheitlich arbeitende Orthopäden, Osteopathen, therapeutisch ausgerichtete Yogalehrer, Physiotherapeuten.
So funktioniert die Dämpfung des Fußes
Im Normfall wird der Druck des Körpergewichtes über das Schienbein schräg nach vorne unten auf den Mittel- und Vorderfuß und leicht schräg nach hinten auf die Mitte des Fersenbeines übertragen. Dass die Fußetagen und -gewölbe dabei nicht platt gedrückt werden, verhindern kräftige Bänder und zahlreiche Muskeln entlang der Fußsohle.
Das wichtigste Band ist die Aponeurosis plantaris. Diese bindegewebige Fläche verbindet die Ferse mit den Zehen und wirkt besonders im Stehen dem Druck von oben entgegen. Bänder haben eine unermüdliche Widerstandskraft und sind wesentlich stärker als Muskeln. Neben der Aponeurosis plantaris gibt es zahlreiche weitere Bänder und Muskeln entlang des Unterschenkels, welche in Zusammenarbeit die Struktur des Fußskeletts aufrecht erhalten.
Probleme mit dem Fuß
Wenn die Übertragung des Körpergewichtes nicht auf die soeben beschriebene Weise stattfindet, liegt eine Fehlstellung des Fußes vor, wie etwa ein Plattfuß, ein Hohlfuß oder ein Knickfuß. Egal, um welche Fehlstellung es sich handelt, auf Dauer schädigen alle nicht nur den Fuß, sondern sämtliche darüber liegende Gelenke, angefangen beim Kniegelenk.
Die Ursachen liegen häufig in schwachen beziehungsweise verspannten Fuß- und Unterschenkelmuskeln oder in einer Fehlstellung der Wirbelsäule, die sich über das Becken auf Beine und Füße fortsetzt. Sogar ein Ungleichgewicht im Kiefer kann zu Fußfehlstellungen führen. Umgekehrt führt eine Fehlstellung der Füße auf Dauer fast immer zu einer unausgewogenen Körperaus- und -aufrichtung.
Egal, woher das Problem kommt, ob vom Fuß selbst oder von oben, die Arbeit beginnt am Fuß. Nur, wenn wir lernen, unsere Füße wieder gleichmäßig zu belasten, wenn wir sie viel bewegen und kräftigen, können sie uns eine stabile, tragfähige Basis geben. Flexible und starke Füße sorgen dafür, dass sich der Körper von unten her gesund und harmonisch aufrichtet.
Aus eigener Erfahrung kann ich berichten, dass mir nichts so gut bei meiner Skoliose (Verdrehung der Wirbelsäule) geholfen hat, wie tägliches Fußtraining. Ich konnte spüren und sehen, wie sich mein Körper von einer stabilen Basis aus ganz neu auf- und ausgerichtet hat.
Einfaches Fußtraining für jeden Tag: Die Zehenraupe
Stelle dich mit nackten und geschlossenen Füßen auf deine Badezimmerfließen. Kralle die rechten Zehen in den Boden und ziehe mit ihrer Kraft die rechte Ferse ein kleines Stück mit nach vorne. Hebe die Zehen an, spreize sie auseinander und setze sie ab. Mache dasselbe mit dem linken Fuß und dann wieder mit dem rechten und so weiter. Du bewegst dich auf diese Art im Schneckentempo durchs Badezimmer.
Sobald du die Bewegung drauf hast, blicke nicht mehr nach unten, sondern richte dich auf und schau nach vorn.
Alternative: Stelle dich mit geschlossenen Füßen hin und hebe abwechselnd die Zehen eines Fußes an, spreize sie so weit wie möglich auseinander und setze die Zehen aufgefächert wieder auf den Boden. Mache dies fünf Mal auf jeder Seite.
Rolle dich danach auf die Zehenspitzen, spanne Oberschenkel und Gesäß an und halte dich so lange es geht auf den Zehenspitzen, bevor du dich langsam wieder abrollst. Achte darauf, nicht ins Hohlkreuz zu fallen, sondern das Schambein die ganze Zeit Richtung Bauchnabel zu heben. Diese Übungen lassen sich prima während des Zähneputzens durchführen. 🙂
Übung für die Füße: Mobilisierung der Sprunggelenke
Setze dich mit ausgestreckten Beinen auf den Boden und ziehe deine Zehen abwechselnd zu dir heran und strecke sie wieder. Nach etwa zehn Wiederholungen halte beide Stellungen für mindestens fünf Atemzüge. Einmal sind die Zehen herangezogen. Aktiviere hier deine Oberschenkel und ziehe deine Kniescheiben hoch. Einmal streckst du die Zehen so weit es geht zum Boden. Halte die Innenkanten deiner Füße beisammen.
Ich empfehle jedem, der Yoga übt, diese Fußübungen vor seiner Praxis durchzuführen. Die Füße werden dadurch optimal vor allem auf die Stehhaltungen wie etwa trikonasana vorbereitet.
Gesunde Füße: Was den Füßen sonst noch gut tut
Gönne deinen Füßen regelmäßig eine ausgiebige Massage. Knete vor allem deine Fußsohlen, um Verklebungen und Verspannungen aufzulösen. Stecke deine Finger zwischen Zehen, und verwringe deinen Fuß wie einen nassen Waschlappen. Lege beide Hände um dein Sprunggelenk und drehe die eine Hand um und die andere gegen den Uhrzeigersinn. Und dann umgekehrt.
Laufe so oft es geht barfuß und wechsle häufig deine Schuhe. Laufe über unebenes Gelände. Auch in der Stadt finden sich Möglichkeiten, über Wurzeln zu gehen, kleine Hügel zu erklimmen oder auf Steine zu treten.
Noch ein kleiner Tipp:
Wer etwas für seinen Beckenboden tun möchte, sollte sich unbedingt tägliches Fußtraining gönnen. Fuß und Beckenboden hängen unmittelbar zusammen und alles, was die Sohlen ertasten, wird sofort an den Beckenboden weitergeleitet.
Ich wünsche dir viel Freude beim Üben 🙂