Robin Hood kann es, die Disney-Prinzessin Merida ebenfalls, Lara Croft sowieso – und Sie könnten es auch können. Was? Na, Bogenschießen natürlich. Unser zweiter Freizeit-Tipp beinhaltet eine Waffe, die nicht unter das Waffengesetz fällt; zugleich ein Sportgerät, für das man sich kaum bewegen muss. Was macht den Bogen-Sport denn dann eigentlich so interessant? Klaus Lindau vom Deutschen Schützenbund erklärt, wieso Sie sich das Bogenschießen einmal ansehen sollten.
Die oben genannten Bogenschütz(inn)en kennen Sie alle, oder? Egal wie und wo, jeder ist schon einmal in Kontakt mit diesem Sportgerät gekommen, aber benutzt haben es die wenigstens von uns.
Dabei ist das Bogenschießen eine Sportart, die für so gut wie jeden geeignet ist. Egal ob unsportlich oder durchtrainiert, Mann oder Frau, Kinder oder Senioren. Die einzigen, die die Finger davon lassen sollten, sind Menschen mit Schulter-Problemen, einem Tennis-Arm oder vorangegangenen Nacken-Verletzungen. Denn beim Bogensport entsteht eine besonders starke Anspannung im Oberkörper, die sich bei Vor-Erkrankungen in diesem Bereich negativ auswirken kann. Für alle anderen ist der Sport jedoch sehr zu empfehlen.
Kraft und Technik
Bogenschießen ist ein vorwiegend statischer Sport. Man steht auf einem Fleck, spannt den Bogen, schießt auf sein Ziel und muss ab und zu zur Scheibe wandern, um seine Pfeile wieder ein zu sammeln. Das klingt vielleicht nicht besonders sportlich. Unterschätzen Sie aber nicht den enormen Kraftaufwand, den man für das Bogenschießen benötigt! Viele Bogenschützen haben geradezu athletische Oberkörper, da beim Schießen Schultern und Arme sehr gut trainiert werden. Daher kann dieser Sport auch gut zu Reha-Zwecken eingesetzt werden, wenn diese Bereiche wieder aufgepäppelt werden müssen.
Weil man sich beim Bogen-Sport nicht allzuviel hin und her bewegen muss, ist er auch für Rollstuhlfahrer sehr gut geeignet, die ihren Oberkörper noch voll einsetzen können. Ihnen kann das Bogenschießen helfen, ihre Kraft aufzubauen und so alltägliche Dinge wie das Einsteigen in ein Auto oder das Herausheben aus dem Rollstuhl zu erleichtern. Tatsächlich haben wir viele Rollstuhlfahrer in unseren Vereinen, die ausgesprochen gute Bogenschützen sind. Für diejenigen, die weniger Kraft in den Armen haben, gibt es auch Bögen, die einen beim Schießen unterstützen: Die sogenannten Compound-Bögen. Ihre Funktionsweise kann man mit dem Flaschenzug-Prinzip vergleichen. Die Zugkraft kommt zwar vom Schützen, wird durch die Technik des Bogens jedoch verstärkt. So kann man auch mit weniger Kraftaufwand weite Strecken schießen. Die anderen heutzutage meist verwendeten Bögen nennt man Recurve-Bögen, die komplett mit Muskelkraft gespannt werden. Diese werden auch bei den Olympischen Spielen verwendet.
Diese vier Fähigkeiten trainieren Sie beim Bogenschießen
Bei jeder Sportart fragt man mittlerweile danach, was sie denn außer dem reinen Muskeltraining noch bieten kann. Da gibt es mehrere Dinge beim Bogenschießen. Es ist ein Einzel- und kein Mannschaftssport. Man hat zwar Kontakt zu anderen Schützen oder seinem Trainer, schießt aber sonst eher für sich. Um Teamfähigkeit kann es hier also nicht gehen und auch Disziplinen wie Kommunikation und Kooperation sind eher wenig ausgeprägt. Stattdessen kann man beim Bogenschießen andere Teile seiner Persönlichkeit schulen.
- Koordination: Beim Bogenschießen kommt es darauf an, dieselbe Bewegung immer wieder auf die gleiche Art und Weise ausführen zu können. Das ist nicht so einfach, wie es klingt und bewirkt unter anderem, dass Kinder unter elf Jahren meist noch nicht zu Höchstleistungen kommen können. Das Schießen ist einfach zu komplex – macht aber natürlich trotzdem Spaß!
- Planungsfähigkeit: Da das Schießen viel Kraft und Konzentration erfordert, muss man sich seine körperlichen und geistigen Kräfte gut einteilen, wenn man beispielsweise an Wettbewerben teilnehmen möchte.
- Ziel-Orientierung: Wer sich im Bogenschießen wirklich verbessern und eventuell auch an Wettkämpfen teilnehmen möchte, der muss sehr zielgerichtet an seiner Kondition und seinem Können arbeiten und hartnäckig “am Pfeil bleiben”. Bogenschießen muss man hart trainieren. Außerdem entwickelt man beim Bogenschießen natürlich auch einen gewissen Ehrgeiz, besser zu werden.
- Gesundheits-Bewusstsein: Für den Hobby-Schützen ist eine große Fitness nicht unbedingt erforderlich. Bogenschießen ist nun mal eher statisch als dynamisch. Wer aber zu herausragenden Leistungen kommen will, der muss auch unter widrigen Umständen, bei Wind und Regen, alles geben können. Und dazu muss der Körper dann doch fit sein.
Familie und Verein
Es gibt in Deutschland hunderte von Vereinen, in denen man Bogenschießen ausüben kann. Seien es reine Bogen-Vereine, Bestandteile von Schützenvereinen oder allgemeinen Sportvereinen. Auch viele Freizeit-Clubs bieten Bogenschießen an, sodass man es im Urlaub mal ausprobieren und dann in der Heimat im Verein fortführen kann. Ein Verein hat den Vorteil, dass der Schießstand dort geprüft und abgenommen ist und man eventuell auch einen Trainer hat, der einen bei Fehlern korrigieren kann. Man kann auch häufig Ausrüstung ausleihen, wenn man das Bogenschießen erst einmal ausprobieren möchte. Auch bei manchen Händlern kann man Pfeil und Bogen mieten. Wenn man am Sport dranbleiben und einen eigenen Bogen erwerben möchte, kann man solche ehemaligen Miet-Bögen auch kaufen. Die liegen in einem Preisrahmen von 200 – 300 Euro.
Besonders wichtig ist etwa der Unterarmschutz, damit die Bogensehne nicht am Arm entlang schrabben kann – das tut nämlich wirklich weh. Das ist auch tatsächlich die größte Verletzungsgefahr im Bogensport, mal abgesehen von Schützen, die sich den Fuß verknacksen, wenn sie ihre Pfeile abholen. Es wird sehr auf Sicherheit geachtet, die Schießplätze dürfen auch nicht überall gebaut werden, da wird sehr genau drauf geachtet. Ich muss aber hinzufügen: Zum Bogenschießen kommen die meisten durch die Familie. Dementsprechend ist diese auch meist der erste Bezugspunkt, erst danach kommt der Verein.
Von der Landesmeisterschaft bis Olympia
Der Deutsche Schützenbund ist in 20 Landesverbände aufgeteilt, in denen natürlich auch Meisterschaften ausgetragen werden. Bei den bundesweiten Wettkämpfen werden drei unterschiedliche ausgetragen. Einmal in der Halle, da wird auf nur 18 Meter geschossen. Dann im Freien, da wird mit dem Recurve-Bogen auf 70 Meter und mit dem Compound-Bogen auf 50 Meter geschossen. Als drittes gibt es dann die Feldbogen-Disziplin. Dabei wandern die Schützen durch den Wald und müssen auf insgesamt 48 Scheiben auf unterschiedliche Entfernungen schießen. Das ist also die dynamischste Bogen-Disziplin. Männer und Frauen nehmen zwar an den gleichen Wettkämpfen teil, treten aber nicht gegeneinander an, sondern schießen auf unterschiedliche Entfernungen. Das liegt einfach an der unterschiedlichen Zugkraft, die die Geschwindigkeit und das Abdriften des Pfeiles beeinflusst.
Natürlich gibt es auch Europa- und Weltmeisterschaften. Und seit 1972 ist das Bogenschießen olympische Disziplin und wird dort von Mal zu Mal immer beliebter. Bei den letzten Spielen in London waren alle Bogen-Wettkämpfe restlos ausverkauft. Ein bisschen hat das vielleicht auch mit dem Image des Bogenschießens zu tun. Immer wenn Filme wie Robin Hood oder Merida ins Kino kommen, kommen viele Interessenten zu uns. Aber das ist nicht der einzige Grund, denn es ist auch wirklich spannend, den Flug der Pfeile auf der Leinwand zu verfolgen, zum Teil auch in Zeitlupe, sodass man alles erkennen kann.
Wenn Sie selbst einmal das Bogenschießen ausprobieren möchten, wenden Sie sich am besten an den Deutschen Schützenbund. Dort kann man Ihnen sagen, wo es in Ihrer Nähe einen Bogenschießstand gibt.
Aufgezeichnet von: Manuela Hartung