Stell dir vor: Sonne, Strand und kühle Cocktails. Palmen, Meer und Sand. Das Paradies auf Erden. Na? Klingt das gut? Unsere Vorstellung von einem Traumurlaub hat meistens mit solchen Szenarien zu tun. Aber liegt das wirklich daran, dass ein solcher Urlaub besonders gut ist? Oder macht einen “perfekten Urlaub” vielleicht etwas ganz anderes aus?
Der Schriftsteller Martin Hecht hat ein Buch über die Probleme geschrieben, die rund um das Thema Urlaub auftauchen können. Wir haben mit ihm gesprochen und zeigen euch in zwei Teilen, worauf es ankommt.
Was bedeutet Urlaub heute?
Herr Hecht, Sie haben sich für Ihr Buch mit dem Thema “Urlaub” ja intensiv auseinander gesetzt. Wieso ist Urlaub für uns so wichtig?
Wir sind heutzutage rund um die Uhr angespannt, genervt, oder stecken in einem Arbeitsprozess. Eine Trennung von Arbeit und Freizeit — und damit auch Urlaub — gibt es kaum noch. Wir sind die ganze Zeit online, immer am rotieren und planen und deswegen glaube ich, dass es umso wichtiger wird, sich eine Auszeit zu nehmen. Dazu kommt dann noch unsere Bilderindustrie, die in unseren Köpfen bestimmte Urlaubsbilder entstehen lässt.
Wir haben alle diese Sehnsucht nach Urlaub, denn es wird uns ja überall gezeigt, wie schön es sein kann. Das ist wie ein Paradies-Versprechen, aber nicht im Jenseits, sondern hier und jetzt. Das ist eine sehr große Verlockung. Und zu guter letzt darf man auch nicht vergessen, dass Urlaub — und vor allem der richtige Urlaubsort — mit sehr viel Prestige versehen sein kann.
Die Gesellschaft meint: Wer nicht in den Urlaub fährt, der ist auch nichts. Wer gesellschaftliches Ansehen will, der fährt dann auch nicht in die Eiffel, sondern nach Barbados.
Also hat Urlaub eine andere Bedeutung als früher?
Ja, in dem Fall schon. Die Vergnügungsreise ansich ist aber auch noch sehr jung. Früher ist man nicht des Spaßes halber gereist, sondern entweder wenn man krank war, dann gab es eine Kur, oder wenn man für die Arbeit reiste. Just for fun zu fahren stand also immer schon hoch im Kurs, das konnte sich nämlich kaum jemand leisten.
Wer Geld und Ansehen hatte, der konnte in der Weltgeschichte herumreisen. Am besten an Orte, die einem Ruhm und Ehre einbringen. So denken wir ja teilweise heute auch noch, es gibt ja auch ein Buch “1000 Places to see before you die” (1000 Orte, die man sehen sollte, bevor man stirbt).
Wo sollte man am besten Urlaub machen?
Wenn man jetzt die verschiedenen Urlaubsziele im Blick hat, sagen wir mal Karibik, Alpen, Rucksacktourismus oder vielleicht doch lieber Balkonien, für welchen Menschen empfiehlt sich denn welches Reiseziel?
Das lässt sich so pauschal eigentlich gar nicht sagen. Jeder Mensch muss für sich selber herausfinden, welcher Ort und welche Art des Urlaubs für ihn geeignet ist. Ich glaube aber, dass Balkonien — also ein Urlaub zuhause — am wenigsten nützt. Wer immer nur zuhause bleibt, der macht was falsch.
Man sollte den Ortswechsel riskieren und den Mut haben, nicht immer nur zuhause auf dem eigenen Sofa zu sitzen. Das hat auch nichts mit Geld zu tun, man kann auch kostengünstig verreisen. Wohin es dann geht, das ist völlig individuell.
Manche Leute sind Actiontypen, die brauchen viel Sport im Urlaub. Andere fühlen sich am wohlsten, wenn sie am Atlantik in der Sonne liegen und ein schönes Buch lesen. Die Frage ist doch: wie finde ich heraus, was für mich der beste Urlaub ist? Viele machen sich da gar keine Gedanken drüber, sondern machen einfach das nach, was alle anderen auch tun.
Das sind diese ganz Ratlosen, die nicht wissen, was sie eigentlich wollen und da kann ein Urlaub dann auch schnell mal nicht den ersehnten Effekt erbringen.
Und wie finde ich das heraus? Durch Ausprobieren?
Ich meine jetzt eher, dass man in sich geht und darüber nachdenkt, welche Ziele man für den Urlaub eigentlich hat. Will ich Menschen kennenlernen? Dann gehe ich in einen Club. Möchte ich Zeit in der Natur verbringen? Dann mache ich einen Wanderurlaub oder eine Radtour. Möchte ich mich sportlich betätigen? Dann geh ich zum Windsurfen.
Ich muss darüber nachdenken, was mir Spaß macht und was ich möchte. Und ganz wichtig: Ich muss mir auch überlegen, ob ich alleine fahren möchte, mit Freunden oder mit der Familie. Auch das bestimmt dann das Reiseziel. Wenn man zu zweit oder in einer Gruppe fährt, sollte man sich auch im Voraus ein paar Gedanken dazu machen, wie die Urlaubstage dann gestaltet werden können.
Nur nicht zu viele! Auf der einen Seite hat man dann die Möglichkeiten und auf der anderen die Interessen der einzelnen Personen und die können ja sehr unterschiedlich sein. Da muss man einen Interessenausgleich schaffen. Der eine will shoppen, der andere will ans Meer und das Kind will auf den Abenteuerspielplatz. Da gibt es dann oft genug die tollsten Konflikte.
Entspannungsurlaub oder Bildungsurlaub?
Ist Urlaub dann eher Entspannungszeit oder auch eine Chance, etwas zu lernen oder zu entdecken?
Entspannung steht natürlich ganz oben. Urlaub soll Spaß machen und ist keine Bildungsreise. Aber die Frage ist ja: Was entspannt? Das kann auch bedeuten, eine Gemäldegalerie zu besuchen, weil es einen glücklich macht, sich schöne Bilder anzusehen.
Die meisten denken, sich aufs Handtuch legen und Nichtstun würde entspannen und sind dann unter Umständen ganz erstaunt, dass es nicht funktioniert. Viele können auch gar nicht entspannen, sondern trinken nur jeden Abend fünf Flaschen Bier und glauben dann, das sei Erholung. Ich denke, Menschen sollten herausfinden, was ihnen konkret guttut und genau das dann im Urlaub umsetzen.
Wie machen Sie am liebsten Urlaub?
Ich weiß ganz genau, was mir guttut. Zu einem guten Urlaub gehört für mich das Meer. Dann steh ich an einem Sonntagmorgen auf, nehme etwas zum Picknick mit, sitze am Strand, lese, gehe mal ins Wasser. Dann mache ich vielleicht mit meinem Sohn eine kleine Erkundungstour am Strand oder fahre mit dem Schlauchboot. Und zum Finale gehen wir dann in einem guten Restaurant Fisch essen.
Aber das mache ich dann nicht jeden Tag, nach ein paar Tagen fahre ich auch mal ins Hinterland und besichtige vielleicht einige Kirchen oder Innenstädte.
Vielen Dank für das Gespräch!
Die Fragen stellte: Manuela Hartung