Die Liebe ist verflogen. Immer nur Streit, Uneinigkeit, irgendwie klappt es einfach nicht mehr. Wenn man kurz vor der Trennung steht, kommt irgendwann die Frage: Was kann man tun, um in der nächsten Beziehung alles besser zu machen? Unser Beziehungs-Experte David Wilchfort weiß Antworten.
Es ist wie in der Kindheit, wenn das Schreibheft immer schlimmer aussah. Man nahm sich vor, im neuen Heft schöner zu schreiben und die hässlichen Schmierereien zu vermeiden. Aber die letzten Seiten des Jetzt-Hefts verdienten noch nicht die Mühe, die man bereit war, in das zukünftige Heft zu investieren.
Und was passierte? Zwar sah das neue Heft nach den ersten Zeilen tatsächlich sehr viel besser aus als früher. Doch nach kurzer Zeit war das neue Heft so unansehnlich wie das alte und man träumte wieder vom “Alles anders machen beim nächsten”. Vielleicht kam mit der Zeit auch noch Selbstmitleid dazu: Ich will es ja besser machen, aber es gelingt mir nicht.
Verständlicherweise kam man dadurch leicht auf die Idee, der schlechte Stift, das Papier oder, oder … sei verantwortlich für das grausige Aussehen des Heftes. Auf jeden Fall war man nicht selbst Schuld, da man doch besten Willens war, es beim neuen Heft besser machen zu wollen.
Lassen Sie mich auf einige Einwände eingehen, warum Menschen meinen, sie könnten erst in der nächsten Beziehung damit anfangen, bessere Partner zu werden.
Keine faulen Ausreden: Beziehungsprobleme liegen nicht immer nur beim anderen
1. Kann es nicht sein, dass mein jetziger Partner so schwierig, gestört, bösartig etc. ist, dass es überhaupt nicht an mir liegt und ich deshalb auch nichts in dieser Partnerschaft verändern kann?
Auch wenn Ihr Partner noch so schwierig ist, so können Sie trotzdem Ihr eigenes Verhalten überprüfen und infrage stellen. Ganz gleich, ob Sie nur für 10% der Beziehungsprobleme verantwortlich wären oder mit Ihrem Partner gleichermaßen die Ursache Ihrer ständigen Streitereien sind.
Auch wenn es sicherlich leichter ist, zu zweit neue Wege zu gehen, kann auch der schlimmste Partner Sie nicht davon abhalten, Ihr eigenes Verhalten zu verbessern.
2. Auch wenn ich mit meinem aktuellen Partner einiges falsch mache, könnte es doch sein, dass er mich dazu bringt? Dass ich automatisch dieses Fehlverhalten bleiben lasse, wenn der neue Partner sie nicht mehr bei mir auslöst?
Mit Sicherheit beeinflusst Ihr Partner, wie Sie auf ihn reagieren. Das bedeutet aber nicht, dass sich Ihr Verhalten beim Wegfallen des negativen Auslösers automatisch verändert. Es hilft nichts, den alten Partner für die schlechten Angewohnheiten verantwortlich zu machen.
Viel besser ist es, bereits in der jetzigen Beziehung umzulernen. Wenn man es unter den aktuellen erschwerten Bedingungen schafft, sich weiter zu entwickeln, dann wird es einem unter vielleicht einfacheren Umständen umso leichter fallen. Es gilt, den Verführungen zu einem unkooperativen Verhalten des Partners zu widerstehen.
Zum Beispiel: Beim nächsten Mal, wenn Ihr Partner Sie wieder dazu reizt, in einen destruktiven Streit einzusteigen, bewusst auszusteigen. Nicht mitzumachen, auch wenn Sie glauben, “Das kann ich nicht so stehen lassen”. Je besser man sich in der Jetzt-Beziehung unfruchtbares Verhalten abgewöhnt, desto leichter wird es einem fallen, mit einem neuen Partner auch im Streit konstruktiv zu bleiben.
3. Es könnte doch sein, dass mein neuer Partner ganz anders ist, dann muss ich doch ganz andere Dinge an meinen Verhalten verändern?
Da keine zwei Menschen gleich sind, wird Ihr neuer Partner anders auf Ihre Verhaltensmuster reagieren, als Ihr jetziger und auch alle Verflossenen. Wahrscheinlich werden Sie mit dem nächsten über ganz andere Dinge streiten, als die Streits, die Sie bisher kennen gelernt haben.
Jemand der mit viel Geduld und Ausdauer eine Sportart gelernt hat, wird sich leichter tun, wenn er einen neuen Sport kennenlernt. Er hat ein Körpergefühl entwickelt, das ihn schneller zum Könner werden lässt. Auch wenn er früher den Ball nur mit dem Fuß gespielt hat und jetzt mit Hilfe eines Schlägers, wird die bessere Kondition ihm einen Vorteil über jeden anderen Novizen vermitteln, der noch nie etwas mit einem Ball geübt hat.
4. Ist es nicht besser für eine neue Beziehung, wenn man sich erst einmal mit dem Ex austauscht, um aus der zeitlichen Distanz die früheren Konflikte besser aufarbeiten zu können?
Theoretisch erscheint das ein vernünftiges Vorgehen zu sein. Meine Erfahrung mit Paaren lässt mich aber an der Wahrscheinlichkeit der Umsetzung sehr zweifeln. Um gemeinsam mit dem Partner alte Streits aufzuarbeiten, bedarf es sehr viel harter Arbeit. In den seltensten Fällen sind beide Partner noch dazu bereit. Besonders wenn sie sich zu diesem Zeitpunkt schon mit einem neuen Partner zusammen raufen müssen.
5. Wenn ich mir in einer Liebesbeziehung etwas bewusst vornehme, führt das nicht zum Gefühlsgrab in einer Partnerschaft?
Viele Menschen sind von dieser Regel überzeugt. Aber wie viele von Ihnen haben es auch schon mal ausprobiert? Ich habe noch niemanden kennengelernt, der sich bewusst um eine bessere Umgangsform bemüht hat und dadurch seine Zuneigung zum Partner verloren hat. Sehr oft sehe ich jedoch Paare, die ihr Verhalten nur nach ihrem momentanen Gefühl ausrichten. Sie setzen ihre Hoffnung darauf, dass ihnen ihr Gefühl den Weg zu einer besser funktionierenden Partnerschaft weisen wird. Leider führt dieser Wegweiser schnell am Partner vorbei und damit in die liebestötenden spontanen Streits.
Für eine bessere Beziehung, muss man schon heute beginnen, etwas zu ändern
Lassen Sie mich zusammenfassen: Das Beste was Sie für Ihre zukünftige Partnerschaft machen können, ist bereits in der aktuellen zu beginnen, etwas zu ändern. Das könnte auch zu einem schönen Nebeneffekt führen: Wenn Sie Ihr eigenes Verhalten positiv verändern, könnte es Ihren Partner dazu animieren, es Ihnen gleich zu tun. Das könnte dazu führen, dass, um mit der neuen Liebe zu leben, kein Umzug aus Ihrem augenblicklichen Heim notwendig ist.