The Body Shop gilt als nachhaltiger Vorreiter im Kosmetikbereich. Doch bei genauem Hinsehen klafft zwischen den ambitionierten Zielen und der Umsetzung eine Lücke.
Unbemerkt bleibt kaum eine der vielen sattgrünen Innenstadt-Filialen, deutlich hängt die Geruchswolke vor der Tür, eindrucksvoll lagern grobe, ungeformte Seifenklötze im Schaufenster. Über 2500 Body Shops gibt es derzeit in 62 Ländern. Die Pionierin des ethischen Einzelhandels Anita Roddick gründete 1976 den ersten Laden im britischen Brighton, sie starb 2007 als Dame of the British Empire im Alter von 64 Jahren, ihr damaliges Vermögen verglich die Presse gern mit dem der Queen.
Bereits 1984 war die Gründerin mit der Marke Bodyshop an die Börse gegangen, 2006 übernahm der französische L’Oreal-Konzern dann komplett – beide Schritte führten zu großem Unmut bei Kunden und Öko-Aktivisten. Nun bleibt die Frage, wie L’Oreal mit dem Erbe umgeht. Denn trotz der edlen Leitsätze der Gründerin („Im Business sollte es nicht nur um Geld gehen, sondern um Verantwortung. Es sollte um das Wohl der Allgemeinheit gehen, nicht um private Gier.“) werfen Kritiker dem Unternehmen immer wieder vor, noch weit von den eigenen Vorgaben entfernt zu sein. Die Vorschusslorbeeren, die das Image bis heute in der allgemeinen Wahrnehmung prägen, scheinen The Body Shop jedenfalls noch zu genügen: Die Informationen auf der unternehmenseigenen Website sind einige Jahre alt, aktuelle Fragen zur Nachhaltigkeit wurden nicht beantwortet.
Inzwischen haben sich The Body Shop und der L’Oréal Konzern voneinander getrennt. 2017 kaufte Natura & Co die Marke Bodyshop. Zu Natura gehört seit einigen Jahren auch Aesop. In den Jahren, in denen die britische Marke The Body Shop zu L’Oréal gehörte, litt das Image von The Body Shop durch sein Nischendasein. Hingegen sollen die Konzepte mit Natura und Aesop wesentlich besser harmonieren.
The Body Shop bietet keine Naturkosmetik an, die Hälfte der Inhaltsstoffe sollen fair gehandelt werden
Oberstes Ziel der Gründerin war es, Produkte ohne chemische Inhaltsstoffe anzubieten – was bis heute nicht gelingt. Body Shop hat aber immer wieder betont, dass er kein Anbieter von Naturkosmetik ist – wer die Produkte dafür hält, ist also selbst schuld. Außerdem wurde seit der Gründung ein fairer Handel mit den Zulieferern angestrebt – lange bevor das Thema den Mainstream erreichte. Seit 1987 wird dieses Anliegen mit dem unternehmenseigenen Programm „Hilfe durch Handel“ verfolgt, über das stabile Einkommen gesichert und traditionelle Produktionsmethoden erhalten werden sollen.
NEU bei evidero - anders arbeitenEntdecke Jobs & Unternehmen, die dich zeitlich und örtlich flexibel arbeiten lassen, deine familiäre Situation berücksichtigen und/oder deinem Verständnis von Sinnhaftigkeit, Zweck und Nachhaltigkeit von Arbeit entsprechen.Entsprechend gehandelte Inhaltsstoffe werden laut Unternehmensdarstellung überall dort eingesetzt, „wann immer dies möglich und sinnvoll ist“. Eine wachsweiche Formulierung, die auch durch die aufgezählten „Fakten“ nicht gehaltvoller wird: „Über die Hälfte des The Body Shop® Kernsortiments und viele unserer Trend-Produkte enthalten einen oder mehrere Inhaltsstoffe aus unserem ‚Hilfe durch Handel’-Programm.“ Bei der Vielzahl an Bestandteilen von Seifen und Co. muss da nicht viel Fairtrade übrig bleiben – für diese Entwicklung hat Body Shop über 25 Jahre gebraucht. Echte Naturkosmetik- und TransFair-Hersteller sind da seit Langem weiter.
Die verwendeten Inhaltsstoffe von The Body Shop werden bestenfalls mit befriedigend bewertet
Auch in der Anwendung schneiden Body-Shop-Produkte nicht immer gut ab, Stiftung Warentest und Ökotest kommen regelmäßig zu Ergebnissen im Mittelfeld: Ökotest bemängelte vor einigen Jahren zum Beispiel PEG oder seine Derivate im Haarwachs, diese können die natürliche Hautbarriere angreifen und durchlässig für Giftstoffe von außen machen. In Badezusätzen aufgespürte halogenorganische Verbindungen wiederum gelten als allergieauslösend und teilweise krebserregend.
Von einem Unternehmen, das vorgibt, risikoreiche Stoffe in seinen Produkten zu vermeiden, sollte etwas anderes erwartet werden dürfen. Den Ansatz, sich selbst nicht als Naturkosmetikhersteller zu verstehen, könnte man hier fast als Kalkül deuten. Denn in echter Naturkosmetik sind solche möglicherweise gesundheitsgefährdenden Stoffe schlicht verboten. Im Ökotest-Jahrbuch Kosmetik 2009 bleibt der Body Shop folgerichtig im befriedigenden Bereich. Das ist besser als das Ergebnis des Mutterkonzerns L’Oreal; der weltweit größte Kosmetikhersteller erzielte „katastrophale“ Ergebnisse. Aber es ist auch schlechter als der Durchschnitt der Drogerie-Eigenmarken von Müller, dm und Rossmann.
The Body Shop achtet auf eine umweltfreundliche Verpackung
Seit 2008 gibt es neben den klassischen Biobaumwolltaschen auch recycelte und recycelbare Einkaufstaschen aus Papier. Plastikflaschen werden zunehmend aus recyceltem Material hergestellt, 80 Prozent der Filialen in Deutschland beziehen Strom aus regenerativen Quellen.
Mit dem „eco-conscious standard“ gibt es auch ein Siegel für besonders umweltfreundliche Produkte: „Wir engagieren uns stark für den Schutz der Umwelt. Dazu gehört die Einführung unseres Umweltschutz-Standards (‘eco-conscious standard’). Produkte, die diesen strengen Regeln zum Schutz der Umwelt entsprechen, tragen das entsprechende Symbol.“ Konkret wird der Body Shop wiederum nicht und überlässt es der Fantasie des Kunden, sich die „strengen Regeln zum Schutz der Umwelt“ vorzustellen.
Fazit: The Body Shop-Artikel ähnlich zu Drogerie-Produkten
The Body Shop ist einst mit hohen Ansprüchen gestartet und war damit ein Vorreiter in der Kosmetikindustrie. Konsequent umgesetzt wurde von den Zielen – abgesehen vom Tierschutz – eher wenig. Der jetzige Mutterkonzern lässt kaum Grund zur Hoffnung, dass ein Ausbau der Bereiche fairer Handel und natürliche Inhaltsstoffe zuoberst auf der Agenda steht. Im Vordergrund stehen vielmehr (produktfremde) Marketingkampagnen wie die aktuelle gegen den „Sex-Handel mit Kindern und Jugendlichen“.
Produkte aus dem Body Shop gleichen somit eher denen aus einem Drogeriemarkt als echter Naturkosmetik oder Fairtrade-Artikeln. Bezogen auf Letztere fehlt in Deutschland allerdings ein unabhängiges Siegel, um solche Produkte eindeutig zu zertifizieren. Seit 2010 laufen in Frankreich und Großbritannien Pilotprojekte der Fairtrade Labelling Organizations International im Kosmetikbereich. Während die Franzosen jedoch einen fair gehandelten Anteil von 20 bis 50 Prozent im Endprodukt voraussetzen, sind es bei den Briten nur zwei bis fünf Prozent. Ob der Body Shop nicht einmal diesen Anteil erreicht oder ob er glaubt, dass seine Kunden ein unabhängiges Siegel ohnehin nicht benötigen, bleibt an dieser Stelle offen, unabhängig zertifiziert ist das Unternehmen jedenfalls nicht.
Weitere Informationen: Zur Body-Shop Homepage