Die frischen Triebspitzen von Nadelbäumen kommen seit jeher in verschiedenen volksmedizinischen Anwendungen und in der Genuss-Küche zum Einsatz. Ihre Verwendung findet man überall auf der Welt. Auch in den Werken der Heilgelehrten Hildegard von Bingen oder Sebastian Kneipp werden sie beschrieben. Doch heute wissen nur noch wenige Menschen von ihrer Wirkung. Dabei enthalten sie doch neben ätherischen Ölen auch viel Chlorophyll, wertvolle sekundäre Pflanzenstoffe und die wichtigen Vitamine A und C.
Bei meinen täglichen Spaziergängen begegnet mir die Natur im Mai verschwenderisch. Überall sprießt es hellgrün und bunt hervor und es ist genau der richtige Zeitpunkt, um frische Wald- und Wiesenkräuter und essbare Pflanzen zu ernten und daraus köstliche Speisen, Tees, Kosmetik oder Medizin selbst herzustellen.
Vor allem die frischen hellgrünen Triebe der Nadelbäume springen mir ins Auge. Sie sind von solch einem hellen, intensiven Grün, so zart und dennoch formvollendet, dass man einer kleinen Kostprobe kaum widerstehen kann.
Der Geschmack frischer junger Tannenspitzen – frisch, würzig, ätherisch
Ich stecke sie einfach in den Mund und beim Kauen entfaltet sich unmittelbar der typisch ätherische Geschmack von Nadelhölzern. Die meisten denken dabei vielleicht an den Geruch von Sauna. Aber das waldige Aroma der Spitze ist doch anders, nur leicht ätherisch würzig und ohne Bitterkeit – solange die Knospen noch so jung sind.
NEU bei evidero - anders arbeitenEntdecke Jobs & Unternehmen, die dich zeitlich und örtlich flexibel arbeiten lassen, deine familiäre Situation berücksichtigen und/oder deinem Verständnis von Sinnhaftigkeit, Zweck und Nachhaltigkeit von Arbeit entsprechen.Ich habe eine Handvoll davon geerntet, um zu Hause einen Tee zuzubereiten. Denn Tee von jungen Tannenspitzen oder Jungtrieben anderer Nadelbäume (außer der Eibe – Achtung giftig!) sollen nicht nur wohlschmeckend, sondern auch sehr gesund sein – vor allem bei Erkältung und Atemwegsbeschwerden.
Einige Hinweise zur Ernte von Tannenspitzen und anderen Nadeltriebspitzen
Normalerweise hätte ich mir bei meiner aktuellen Erkältung wohl einen Husten- und Bronchialtee und etwas zum Inhalieren und Lutschen gekauft, doch warum unbedingt kaufen, wenn die Natur therapeutische Mittel bereit hält, die ebenso gut helfen. Statt einer Apotheke können wir den nächsten Garten oder Nadelwald aufsuchen, in dem Tannen, Fichten, Kiefern oder Lärchen wachsen.
Die ganz jungen hellgrünen Triebe sollten nicht von jüngeren kleineren Bäumen und nur nach Bedarf entnommen werden sowie möglichst an verschiedenen Stellen des Baumes, damit sein Wachstum nicht beeinträchtigt wird. (Gartenbesitzer müssen natürlich vorher um Erlaubnis gefragt werden).
Am bekömmlichsten sollen die Triebspitzen der Tanne sein. Um Tanne und Fichte, die häufig verwechselt werden, zu unterscheiden, hilft den Laien folgender Spruch: Die Fichte sticht, die Tanne nicht!
Tannen- oder Nadeltriebspitzen gespritzter Bäume sollten auf keinen Fall geerntet werden.
Tee aus Tannenspitzen selbst machen statt kaufen
Zu Hause wasche ich meine Handvoll frischer Tannenspitzen einmal kurz ab und zerteile sie. Danach brühe ich sie mit frisch gekochtem Wasser auf und lasse sie mindestens 10 Minuten stehen, damit sich das Aroma und die ätherischen Öle entfalten können. Der fertige Tee wird durch ein Teesieb in die Tasse gegossen und kann nach Belieben durch einen passenden Honig, zum Beispiel einem herben Waldhonig, gesüßt werden.
Ich genieße den Tee ohne Honig, um seinen puren Geschmack zu erfahren. Die Farbe ist sanft grünlich, der Geschmack leicht ätherisch, würzig und angenehm. Die wohltuende Wirkung auf Hals und untere Atemwege ist sofort spürbar.
Wer keinen Zugang zu frischen Triebspitzen von Nadelbäumen hat, kann danach auch alternativ in einer Naturheil-Apotheke fragen. Häufig bieten gute, auf Naturheilmedizin spezialisierte Apotheken auch selbst hergestellte oder fertige Produkte aus Nadelbaumspitzen, wie zum Beispiel Tannenspitzen-Sirup als Hustensaft an.
Medizin aus Tannenspitzen, Fichten und anderen Nadeltriebspitzen
Tannenspitzentee oder Tee aus anderen Spitzen von Nadelbäumen wird traditionell in der Volksmedizin gegen Erkältungen, Husten und Katarrhe der Atemwege eingesetzt. Tees oder Hustensirup aus Tannenspitzen oder von Trieben von anderer Nadelbäume können schleimlösend und hustenstillend wirken. Die ätherischen Öle der Fichte sollen sogar auswurffördernde Wirkung besitzen.
In dem 1952 erschienenen Werk “Der kleine Doktor” des Naturheilkunde Pioniers Alfred Vogel ist zu lesen: „Vielleicht bist du öfters Erkältungen unterworfen und leidest viel an Katarrhen. Bestimmt steht in deinem Garten eine Tanne, eine Lärche, eine Legföhre oder irgendeine Nadelholzart. Immer sind Knospen vorhanden, entweder keimende, sich öffnende oder geschlossene Knospen, die schon für das kommende Jahr vorbereitet sind. Hol dir von diesen Knospen und kaue sie tagsüber langsam, gründlich, indem du von Zeit zu Zeit wieder eine neue Knospe in den Mund nimmst. Du wirst sehen, dass dadurch dein Katarrh (Entzündung der Schleimhäute, i.d.R. der Atemwege mit der Bildung von wässrigem und schleimigem Sekret, d.Red.) in einigen Tagen verschwinden wird.“
Rezepte Nadelspitzen der Tanne, Fichte oder Lärche gegen Erkältung
Neben dem bereits beschriebenen Tannenspitzen-Tee und dem Verzehr roher Tannenspitzen (oder anderer Nadelbaumtriebspitzen) kann bei Erkältung auch Tannenspitzensud zum Inhalieren oder ein Hustensirup hergestellt werden.
Tannenspitzensud zum Inhalieren selbst herstellen
Für eine wohltuende Inhalation kann ein kräftiger Sud von Tannenspitzen selbst hergestellt werden. Dafür werden die Tannenspitzen in einem Topf mit Wasser für ca. 20 Minuten gekocht und danach wird die Flüssigkeit weitere 20 Minuten inhaliert. Die Wirkung der ätherischen Öle soll nicht nur die Atemwege, sondern auch die Nerven stärken.
Husten Sirup aus den Spitzen von Nadelbäumen selbst herstellen
Für einen Hustensirup können ca. 100gr Tannenwipfel und ca 200gr Rohrohrzucker abwechselnd in ein Einmach- oder Marmeladenglas geschichtet werden. Die oberste abschließende Schicht sollte aus Zucker bestehen. Das Glas sollte danach bis oben hin dicht geschichtet sein und gut verschlossen werden.
Danach kann man es für ca. zwei Wochen an einen warmen Platz stellen, am besten in die Sonne an einem Fenster. Durch die Wärme werden die Wipfel braun und der Zucker flüssig, dadurch setzt sich ein Sirup unten im Glas ab. Dieser kann anschließend durch ein feines Tuch oder ein Sieb abgefiltert und kühl gelagert werden, bis er bei Husten zum Einsatz kommt.
Make or buy – Selbst machen statt kaufen!
Das Sammeln von natürlichen Heilpflanzen und Kräutern ist möglicherweise nicht jedermanns Sache. Nicht jeder hat Zugang zu Wäldern und Wiesen, die öffentlich und in/auf denen saubere wilde Pflanzen und Kräuter wachsen, die zum Verzehr oder als Medizin geeignet sind.
Empfehlenswert ist auch die Kenntnis der Pflanzen, von denen geerntet wird. Sicherheitshalber ist alternativ ein entsprechendes Naturheil-Produkt aus der Apotheke zu empfehlen.
Andererseits bietet die Auseinandersetzung mit den natürlichen Heilkräften unserer Wiesen und Wälder einen direkten Kontakt mit der Natur. Es macht Spaß unterwegs zu sein, auf die Suche nach schmackhaften und heilenden Pflanzen zu gehen, seine natürliche Umwelt völlig neu zu entdecken und so viel Gutes darin zu finden. Und das auch noch umsonst: The best things in Life are free (Song von 1927).