Thai Yoga ist eine Art der Massage, bei der nicht der Übene Asanas ausführt, sondern der Masseur diese vorgibt. Wie haben mit Yogalehrer Tobias Frank gesprochen, um zu erfahren, wieso Thai Yoga gut und heilsam für uns ist.
Lieber Tobias, du bist Yogalehrer und Trainer für Thai Yoga Massage. Kann man sagen, dass Thai Yoga quasi passives Yoga ist?
Genau! Viele der klassischen Asanas, die wir aus dem Hatha-Yoga kennen, tauchen auch im Thai Yoga auf. Zudem ist Yoga eine der drei Wurzeln von Thai-Yoga-Massage – neben Ayurveda, der indischen Medizin und TCM, der traditionellen chinesischen Medizin.
Ich benutze den Begriff Thai Yoga lieber als Thai-Massage, um zum einen auf diese Verbindung hinzuweisen und zum anderen deutlich zu machen, dass es sich um eine Praxis der Achtsamkeit handelt.
Warum ist dir Achtsamkeit in der Thai Massage so wichtig?
Achtsamkeit ist das Allerwichtigste. In der Körperarbeit ist das WIE, also die Achtsamkeit, die Intuition, das Fühlen sogar noch wichtiger als das WAS, das heißt, welche konkrete Technik ich anwende. Eine Thai Massage ohne Achtsamkeit ist mechanisch, eine bloße Aneinanderreihung von Techniken. Das kann weh tun und im schlimmsten Fall zu Verletzungen führen. Achtsamkeit dagegen erschafft erst den Raum, in dem der andere auf einer tiefen Ebene vertrauen und loslassen kann.
Bei einer Massage geht es immer auch um Berührung. Wieso ist das heilsam?
Berührung ist ein menschliches Grundbedürfnis genauso wie Essen und Trinken. Wenn wir auf die Welt kommen, ist es die Berührung der Mutter, die uns Halt und Sicherheit gibt. Deshalb ist der Wunsch nach liebevoller Berührung tief in unseren Zellen gespeichert.
Wenn wir sie bekommen, wird in unserem System ein heilsamer Hormoncocktail ausgeschüttet: Das Ruhehormon Oxyctocin, das hilft, Stress zu reduzieren, aber auch Dopamin und Serotonin, die für Glücksgefühle und gute Laune sorgen. Berührung stärkt das Immunsystem und die Selbstheilungskräfte des Körpers, wie in verschiedenen Studien bewiesen wurde.
Das Loslassen – zum Beispiel von Stress und Sorgen – fällt vielen Menschen schwer. Wie kann Thai Yoga dabei helfen?
Wer überwiegend geistig arbeitet und zum Beispiel acht Stunden pro Tag vor dem Computer sitzen muss, hat Probleme, am Feierabend einfach abzuschalten. Das Gedankenkarussell kommt nicht zur Ruhe. Der einzige Weg raus aus dem Kopf führt rein in den Körper. Thai Yoga ist eine sehr einfache Möglichkeit, den eigenen Körper wieder wahrzunehmen.
Während einer Thai Yoga Session wird der gesamte Körper berührt. Jede Berührung, die ich bekomme, bringt mich in diesen Moment und hilft mir, mich selbst zu spüren. Viel Menschen spüren ihren Körper erst, wenn er krank wird oder etwas weh tut. Nach einer Thai Yoga Session beginnen sie, den Körper wieder auf natürliche Weise zu fühlen und es stellt sich ein Wohlgefühl ein – eine Einheit von Körper, Geist und Seele.
Passives und aktives Yoga miteinander kombinieren ist heilsam
In welchen Situationen oder für welche Menschen ist Thai Yoga denn besser als “normales” Yoga? Oder sind beide gleich wichtig?
In meinem eigenen Leben möchte ich sowohl Thai Yoga als auch meine eigene Yogapraxis auf der Matte nicht missen. Es sind unterschiedliche Wege. Thai Yoga steht für mich nicht in Konkurrenz zu klassischem Yoga, sondern ist eine sinnvolle Erweiterung.
Und Thai Yoga ist für viele Menschen interessant: Es ist eine Inspiration für Yoga-Übende und Yogalehrer, die Yoga auf eine ganz neue Art erfahren können. Und Thai Yoga kann eine wertvolle Hilfe für Menschen geben, für die klassischer Yoga-Unterricht nicht in Frage kommt – zum Beispiel aus zeitlichen oder gesundheitlichen Gründen. Hier kann eine Thai Yoga Session eine wunderbare Alternative sein.
Auch für Paare ist Thai Yoga hervorragend geeignet, weil es sowohl den Körper, als auch die Verbindung zwischen beiden Partnern und die Beziehung zueinander stärkt.
Du hast ein Buch geschrieben mit dem Titel “Thai Yoga – Körper und Seele berühren”. Inwiefern kann man als Masseur, der keine persönliche Beziehung zum Patienten hat, dessen Seele berühren?
Körper und Seele bilden für mich eine untrennbare Einheit. Der Körper ist der Spiegel der Seele. Wenn ich einen Menschen berühre, dann berühre ich nicht nur seinen physischen Körper, sondern gleichzeitig auch seinen Energiekörper und seinen geistig-emotionalen Körper. Ich selbst durfte schon einige schöne Berührungen erfahren, die mich zum Weinen brachten und Dinge in meinem Inneren geheilt haben. Auch bei meinen Klienten kann ich beobachten, wie Thai Yoga hilft, emotionale Blockaden zu lösen.
Das Schöne ist, dass es dazu keine Worte braucht. Ich brauche keine besondere Technik, noch muss ich die Geschichte eines Menschen genau kennen. Das einzig wichtige ist meine Fähigkeit, präsent zu sein. Durch meine Aufmerksamkeit für den Anderen halte ich einen Raum, indem alle Gefühle die da sind, einfach da sein dürfen.
In die Thai Massage fließt nicht nur das Yoga ein, sondern auch Ideen des Ayurveda und der Traditionellen Chinesischen Medizin. Kannst du uns Beispiele nennen?
Im Gegensatz zur westlichen Medizin sind die östlichen Systeme ganzheitlich. Im Mittelpunkt steht nicht die Krankheit, das Defizit, sondern das Ganze, der Fluss von Energie. Im Yoga bezeichnen wir diese als Prana, in der chinesischen Medizin als Qi. Es gibt zum Beispiel große Überschneidungen vom Nadi-System im Yoga, System der Sen-Linien in der Thai Yoga Massage und Meridian-System aus der chinesischen Medizin, aber auch wesentliche Unterschiede.
Das wichtigste für mich ist, das Ganze nicht allzu intellektuell und verkopft zu betrachten. Als ich meinen ersten Thai Massage Lehrer gefragt habe, ob die Energielinie dort oder einen halben Zentimeter tiefer verläuft hat er mir geantwortet: “Mach dir keine Sorgen. Der Körper hat 72.000 Energie-Linien. Irgendeine davon, triffst du immer.”
Kann man eine Thai Massage auch ohne Lehrer anwenden, wenn man es einmal lernt? Zum Beispiel zuhause mit dem Partner?
Auf jeden Fall. Jeder hat die Fähigkeit, zu massieren und durch seine Hände anderen Menschen etwas Gutes zu tun. Das Problem ist, dass die meisten Menschen sich dies selbst nicht zu trauen und Angst haben, etwas falsch zu machen. Dabei kann Berührung, die achtsam ist und von Herzen kommt, gar nicht falsch ein.
Thai Yoga ist ein sehr praktisches Werkzeug, weil es das Geben mühelos macht und uns Sicherheit dabei gibt, Berührung zu schenken. Für die ersten Übungsversuche gibt es auf meiner Webseite unter www.onlinekurs.thaiyoga.de mehrere Gratis Videos zum Üben und Ausprobieren.
Hast du noch einen Tipp für alle, die das Thai Yoga noch nicht kennen? Wieso sollten sie es einmal ausprobieren?
Thai Yoga ist für mich einfach eine geniale Form der Entspannung. Es ist sehr einfach auszuführen – im Gegensatz zu klassischer Massage braucht man kein Öl, keine Massagebank und kann sogar angezogen bleiben. Du kannst im Prinzip sofort loslegen. Und ich sage immer, dass Berührung magisch ist. Wenn du dich innerlich öffnest, kannst du wunderbare Erfahrungen machen.
Die Fragen stellte: Manuela Hartung