Was passiert, wenn man einen Benziner mit Diesel tankt? Richtig, er fährt nicht weiter. Und was passiert, wenn Sie sich kontinuierlich mit dem falschen Essen, den falschen Gedanken und den falschen Aktivitäten betanken? Sie beißen die Zähne zusammen und machen weiter. Regina Först plädiert dafür, dass wir mehr auf uns selber achten und für uns sorgen. Denn Selbstliebe ist der erste Schritt zur Nächstenliebe.
Selbstfürsorge ist ein so wichtiges Thema und kommt leider in Deutschland viel zu kurz. Dabei kommen wir alle mit einem gesunden Maß an Fürsorge und Schutz auf die Welt. Kinder nehmen die Hände vor’s Gesicht, um sich zu schützen oder wenn sie nicht gesehen werden wollen.
Unsere Körpersprache signalisiert schnell, dass uns etwas zu nahe geht oder wenn wir uns unwohl fühlen. Doch je größer und älter wir werden, desto mehr verlernen wir diesen Selbstschutz. Dann heißt es: “Nimm die Hände vom Gesicht”, oder “Zeig deine Stirn”. Ich möchte Ihnen heute einige wichtige Schritte mitgeben, die Sie auf den Weg zurück zu Ihrer natürlichen Selbstfürsorge bringen.
Schritt 1: Erlauben Sie sich, für sich zu sorgen
Viele von uns haben gelernt, sich erst um die anderen zu kümmern, bevor sie auf sich selbst achten. Das ist der falsche Weg! Bevor wir nicht uns selbst lieben, achtsam und fürsorglich mit uns umgehen und unsere eigenen Bedürfnisse stillen, können wir nichts an andere weitergeben. Keine Liebe, keine Fürsorge, keine Bedürfnisse. Nicht der andere ist für Ihr Wohlergehen verantwortlich, sondern Sie selbst sind es.
Das ist eine elementare Wahrheit, an der leider viele Beziehungen scheitern. Wie häufig hört man davon, dass Männer erraten sollen, was Frauen wollen, oder umgekehrt. Aber Glück kommt nicht von außen und wenn uns etwas fehlt, dann liegt das nicht daran, dass jemand anders es uns nicht gibt. Dann geben wir selbst es uns nicht. Deshalb: Erlauben Sie sich, für sich zu sorgen!
Schritt 2: Stillen Sie Ihre Grundbedürfnisse
Grundbedürfnisse wie Schlaf oder Essen sind die Basis für eine gesunde Selbstfürsorge. Finden Sie heraus, wie viel Schlaf Sie eigentlich brauchen und stellen Sie sicher, dass Sie diesen bekommen. Was sind Ihre Abendrituale? Überlegen Sie, ob es wirklich wichtig ist, noch den Fernsehfilm anzusehen, oder ob es Ihnen nicht besser täte, etwas zu lesen, in sich zu gehen, Tagebuch zu schreiben oder mit Ihrem Partner oder einem Freund zu sprechen.
Ernähren Sie sich bewusster. Essen Sie mehr Naturprodukte und achten Sie darauf, was Sie trinken. Aber: Seien Sie nicht päpstlicher als der Papst! Wenn Sie gerne mal ein Glas Rotwein trinken, stehen Sie dazu und genießen Sie es, anstatt sich deswegen fertig zu machen.
Und: Bewegen Sie sich mehr. Bewegung ist besonders wichtig, um Stress abzubauen.
Schritt 3: Finden Sie heraus, was Ihnen gut tut
Um dies herauszufinden, müssen Sie nach Innen hören. Stellen Sie das Telefon ab, damit nichts Sie von außen stören kann. Überlegen Sie, was Ihnen besonders leicht fällt, was Ihnen Freude bereitet und wo Sie ein besonders hohes Maß an Energie haben.
Manche Dinge ermüden uns leicht, andere kaum. Unsere Erholung liegt dort, wo unser Energieaufwand am niedrigsten ist. Tun Sie etwas nicht, weil andere dies von Ihnen erwarten oder weil Sie denken, Sie müssten.
Gehen Sie nicht joggen, weil Sie Angst haben, sonst dicker zu werden. Angst ist der falsche Antrieb! Gehen Sie nicht zum Yoga, weil alle dies tun. Wir haben immer eines von zwei Handlungsmotiven: Angst oder Liebe. Selbstverantwortung heißt, Sie wissen die Antworten eigentlich selbst. Sie wissen, was Ihnen gut tut und Ihnen Freude bereitet und was nicht. Halten Sie sich daran, das ist der richtige Weg.
Schritt 4: Erkennen Sie, welche Bedürfnisse nicht erfüllt werden
Das geht am leichtesten, wenn wir andere Menschen als eine Art Spiegel nutzen. Wenn Sie denken: Mein Mann müsste, meine Kinder sollten, meine beste Freundin könnte doch… dann haben Sie in genau diesem Bereich einen Mangel an Selbstfürsorge. Welches Bedürfnis wollen Sie vom jeweiligen Ansprechpartner erfüllt haben? Warmherzigkeit? Aufmerksamkeit? Erinnern Sie sich daran, dass nicht der andere für Ihre Bedürfnisse zuständig ist, sondern Sie selbst.
Bringen Sie sich selbst mehr Wahrmherzigkeit und Aufmerksamkeit entgegen, dann können Sie es auch besser genießen, wenn jemand anders Ihnen das gleiche entgegenbringt. Dann Sie sind nicht darauf angewiesen und können es als Geschenk empfangen.
Hören Sie auf, zu klagen und sich zu beschweren. Im Wort “beschweren” steckt es schon drin: Das macht Ihnen das Leben bloß schwerer. Man kann nichts von anderen verlangen, was man sich selbst nicht gibt, das ist zum Scheitern verurteilt. Bedürftigkeit macht klein und nimmt Ausstrahlung und Freiheit!
Schritt 5: Entwerfen Sie eine Skala
Nun wissen Sie, was Ihnen gut tut und wo Ihre Mängel liegen. Erstellen Sie eine Zufriedenheitsskala in den verschiedenen Lebensbereichen, zum Beispiel Gesundheit, Partnerschaft oder Finanzen. Beziffern Sie jede Skala von 1-10 und überlegen Sie, wo Sie sich auf dieser Skala befinden.
Wenn es nicht die 10 ist, dann schauen Sie was es braucht, um dort hinzukommen und gehen Sie konsequent den Weg dahin. Change it – leave it – love it.
Wichtig ist, eine Entscheidung zu treffen. Entweder es ist gut wie es ist, oder ich ändere meine Einstellung, oder ich gehe raus aus einer Situation. Die wenigsten von uns werden auf der 10 sein. Wenn man die Menschen fragt, wie man denn die 10 erreicht, kommt immer sofort: Ich brauche einen besseren Job und mehr Zeit für mich und meine Kinder und eigentlich will ich auch alles auf einmal und alles sofort.
Überlegen Sie: Was kann ich wirklich leisten? Wo kann ich Achtsamkeit und Selbstfürsorge in meinen Alltag integrieren? Sie müssen sich nicht 30 Minuten aus Ihrem Tagesplan herausschneiden, um in sich zu gehen. Nutzen Sie die Zeit beim Duschen oder Zähneputzen oder auf dem Klo.
Checken Sie in Ihrer Pause nicht die Mails und gehen Sie nicht mit Kolleginnen lästern. Geben Sie Träumen und Wünschen Platz in Ihrem Leben, damit Sie nicht irgendwann auf dem Sterbebett liegen und denken: Hätte ich doch bloß… Dann werden Sie sich auf Ihrer Skala nach oben bewegen!
Schritt 6: Gehen Sie achtsam durch den Tag
Starten Sie Ihren Tag mit einem wohlwollenden Blick auf sich selbst. Stehen Sie jeden Morgen so auf, als wäre es Absicht. Trinken Sie Ihren Lieblingstee oder Kaffee, cremen Sie sich nach dem Duschen liebevoll ein, anstatt sich über Problemzonen zu beschweren. Halten Sie jede Stunde einmal inne und schauen mit Wertschätzung und Liebe auf sich, anstatt sich die Top 10 Ihrer Klagelieder vorzubeten. Legen Sie Ihren gedanklichen Fokus auf das, was schön ist und wofür Sie dankbar sind.
Lesen Sie nicht nur kluge Bücher, sondern handeln Sie auch danach. Ansonsten folgt eine tiefe Traurigkeit, denn Sie erreichen die Stufe der bewussten Inkompetenz: Sie wissen, was Sie tun sollten, aber tun es nicht.
Gehen Sie nachsichtig mit sich um, wenn Sie Fehler gemacht haben. Verzeihen Sie sich diese Fehler, trösten Sie sich, wie man ein Kind tröstet, das hingefallen ist. Es ist nichts schlimmes daran, zu versagen oder zu fallen. Aber stehen Sie wieder auf und halten Sie sich nicht mit Selbstvorwürfen am Boden.
Seien Sie ein bisschen verliebt in sich selbst. Das Leben ist viel schöner, wenn man wohlwollend mit sich selbst umgeht.
Schritt 7: Werden Sie achtsam mit anderen
Vom Ich zum Du zum Wir. Hier passt der Gedanke der Spiegelneuronen. Wir ziehen an, was wir ausstrahlen. Sind wir in einer guten Grundstimmung wirkt das ansteckend auf andere. Wenn Sie an dem Punkt angelangt sind, dass Sie sich selbst um Ihre Bedürfnisse kümmern, können Sie dies mit anderen teilen.
Sie sind zufrieden mit sich, achten Sie genau auf das Wort, dort ist der “Frieden” schon mit inbegriffen. Wer Frieden will, muss Frieden sein, sage ich immer. Kämpfen Sie nicht gegen den Krieg und Ungerechtigkeit, sondern engagieren Sie sich für den Frieden und für Gerechtigkeit.
Der erste Schritt, um die Welt zu verbessern, ist immer, vor der eigenen Haustür zu kehren. Es geht hier ja gar nicht darum, etwas neues zu lernen, sondern darum, uns an etwas zu erinnern, das wir vergessen haben. Deshalb geht es in meinen Seminaren auch nicht darum, zu lernen, sondern zu verlernen. Nämlich all die schlechten Angewohnheiten und Gedanken, die uns anerzogen wurden.
Dann, wenn Sie im Frieden mit sich selbst leben, können Sie den Frieden auch nach außen tragen und Ihren Mitmenschen helfen, die Fürsorge für sich zu entdecken. Dann sind Sie authentisch und leben die Liebe. Denn Selbstliebe ist die Voraussetzung für Nächstenliebe.