evidero-Autorin Liane Rapp hat Precht zum Beruf, Intelligenz und der Öffentlichkeit befragt:
Sie haben nicht einen, sondern gleich mehrere Jobs – wie viel Freiheit bleibt da fürs Private, wie organisiert man das?
Ich habe eine Assistentin, die mir den Rücken freihält. Grundsätzlich gehen Freizeit und Beruf bei mir gleitend ineinander über. Somit kommt es durchaus vor, dass ich am Wochenende arbeite, andererseits unter der Woche auch einmal meine Zeit frei einteile. Und wenn ich dann irgendwo beruflich unterwegs bin, nehme ich schon mal eine Auszeit. In Nürnberg war ich zum Beispiel schon zweimal im Zoo.
Wie verbringen Sie die Zeit mit Ihrem neunjährigen Sohn?
Wir toben sehr viel, spielen zusammen Fußball, gucken DVDs und lesen Lucky Luke-Hefte.
Wer so viel denkt wie Sie, kann der auch abschalten, oder müssen Sie sich dazu zwingen?
Ich kann hervorragend abschalten. Ich liebe auch sehr einfache Vergnügungen. Ich mag jede Form von Spiel: Gesellschaftsspiele, Kartenspiele, Fußball spielen oder anderen dabei zugucken. Und ich kann mich auch mit guten Freunden auf unglaublich tiefem Niveau glücklich unterhalten. Gerade in so intensiven Schreibphasen habe ich abends ein großes Bedürfnis danach, über nix Kluges nachzudenken und nix Kluges sagen zu müssen!
Sie haben zu vielen Dingen eine Meinung. Zu welchen Themen würden Sie sich nicht öffentlich äußern?
Es gibt Themen, zu denen ich häufiger angefragt werde, die aber nicht meine Lieblingsthemen sind, dazu gehört zum Beispiel das Glück … da wollen die Leute immer gern Rezepte haben. Aber ich sehe meine Aufgabe nicht darin, den Leuten zu erklären, wie sie glücklich sein können.
Vieles von dem, was Sie sagen, findet zwar Beachtung, trotzdem ändert sich nicht viel. Frustriert Sie das manchmal?
(zögert) Ich finde, dass sich ziemlich viel ändert, aber in erster Linie im Bewusstsein der Menschen. Und ich trage – als einer von vielen – meinen kleinen Teil dazu bei in Bezug auf ein gesellschaftliches umdenken, einen Transformationsprozess, der seine Zeit braucht. Wenn ich zum Beispiel in Unternehmen einen Vortrag halte, habe ich damit meist Erfolg, aber wenig Wirkung.
Sie werden doch als Querdenker eingeladen …
…diese Rolle kommt mir vor allem in TV-Talkshows aus einem ganz einfachen Grund zu: Die meisten anderen Diskutanten sind entweder Mitglieder von Verbänden oder Parteien. Das heißt, sie vertreten nicht nur ihre eigene Meinung, sondern sie müssen eine bestimmte Linie, der sie auch rechenschaftspflichtig sind, vertreten. Insofern habe ich eine Art „Carte Blanche” und kann tatsächlich sagen, was ich denke. Das ist schon ein Vorteil. Und es gibt nur ein paar Ausnahmen unter den Politikern, die das auch machen. Helmut Schmidt ist so einer, und daraus leitet sich auch seine große Popularität ab. Der durfte neulich bei Günther Jauch sogar ungestraft sagen, dass wir die – in Bezug auf die Menschenrechtssituation in China – die Demokratie nicht überbewerten sollten. Da saß Peer Steinbrück mit einer roten Birne daneben und hat gar nichts mehr gesagt. Mir persönlich ist da das Blut in den Adern gefroren, aber Günther Jauch hat leider nicht nachgefragt.
Haben Sie schon mal Ihren IQ messen lassen?
Nein, habe ich noch nicht, aber ich habe die Chance dazu, denn das ist Teil eines Preises der Hochbegabten-Organisation Mensa, dass man diesen Test kostenfrei machen darf. Das interessiert mich schon, aber ich würde das Ergebnis nicht sonderlich ernst nehmen, denn nur bestimmte Arten von Intelligenz sind messbar, andere werden hier nicht überprüft, insofern würde ich das Ganze eher als Gag betrachten.
Wie kann man Ihre Intelligenz überlisten, passiert Ihnen so etwas schon mal?
Mein Sohn kam neulich aus der Schule mit der Frage: „Fritzchens Mutter hat drei Kinder.. Trick, Tick und..?”
Track?
„Fritzchen…!” Den gleichen Fehler hab ich auch gemacht.
Kennen Sie Selbstzweifel?
Ja, sicher, es gibt Situationen, da bin ich im Nachhinein nicht zufrieden mit dem, was ich gemacht habe. Und wie jeder andere Mensch, nehme ich mir vor, mich zu bessern …
Und?
Mal klappt`s, und mal nicht …
Haben Sie einen „Masterplan“ gehabt, um ein erfolgreicher Buchautor zu werden?
Nein. Ich wollte eigentlich nur meinen Stiefkindern erklären, womit ich mich beschäftige. Dazu hatte mir meine Frau geraten. Sie meinte damals, ich könne Philosophie so gut erklären, dass sogar Kinder das verstehen. Ursprünglich habe ich das Buch ja für Jugendliche geschrieben.
Und nun schreiben Sie an einem neuen Buch, wie sieht in solchen Zeiten Ihr Alltag aus?
Dann begebe ich mich quasi in Klausur, das heißt, ich sitze morgens irgendwann gegen neun am Schreibtisch und arbeite bis abends – wie normale Leute auch. Zwischendurch mache ich manchmal einen Mittagsschlaf, gehe spazieren oder einkaufen. Weil ich viel mit der Bahn reise, habe ich mir außerdem angewöhnt, auch im Zug zu arbeiten, das geht ganz gut.
Die Fragen stellte: Liane Rapp