Siehst du gerne Actionfilme? Total unrealistisch die Stunts dort, oder? Oder doch nicht? Tatsächlich können viele Bewegungen wie an Wänden entlanglaufen oder durch äußerst schmale Fenster springen wirklich erlernt werden. Die Sportart dazu nennt sich Parkour und heute geht es darum, wie diese in der Halle geübt werden kann. Parkour-Trainer Michael Guddat hat die passenden Infos.
Parkour gab es eigentlich schon immer, denn es bedeutet nichts anderes, als schnell über Hindernisse zu gelangen. Das haben auch schon die Jäger in der Steinzeit gemacht. Wenn wir heute über Parkour sprechen, meinen wir aber meist das urbane Parkour, also das Laufen und Springen in der Stadt, wo es ja besonders viele und abwechslungsreiche Hindernisse gibt.
Das urbane Parkour kommt aus Frankreich, wo es von David Belle und Sébastien Faucan bekannt gemacht wurde. Inspiriert wurde David Belle von seinem Vater, der dieses Training als Feuerwehrmann gemacht hat, um schnell an Einsatzorte zu kommen.
Parkour ist ein Ganzkörpertraining für Kraft, Ausdauer – und Mut
Parkour ist nicht einfach nur eine Körper-Ertüchtigung. Natürlich trainiert man dabei seine Kraft und Ausdauer, aber auch den Geist. Es ist eine ganzheitliche Methode, sich weiter zu entwickeln. Oft liegen die Grenzen nur in unserem Kopf, und nicht in unserem Körper. Wie weit ich springen kann oder welche Bewegungen ich ausführen kann, das gibt oft der Kopf vor.
Diese Blockade im Kopf ist an sich gut, denn sie ist ein Schutzmechanismus, damit wir uns nicht überschätzen und dann Dinge versuchen, die wir gar nicht schaffen können. Aber wenn man sie trainiert und langsam besser wird und entdeckt, was im eigenen Körper drinsteckt, dann kann man diese Grenzen überwinden oder erweitern und auf diesem Weg das eigene Potenzial erhöhen.
Eigentlich kann jeder Parkour trainieren, egal ob groß oder klein, jung oder schon älter oder übergewichtig. Mit der richtigen Trainingsmethode kann jeder starten, der zwei Arme und zwei Beine hat. Einzige Voraussetzung ist natürlich, wie bei jeder anstrengenden Sportart, ein gutes Herz-Kreislauf-System.
Ist Parkour gefährlich? Darauf müssen Anfänger achten
Es ist klar, dass man nicht sofort mit den Bewegungen beginnt, die man im Fernsehen oder in Youtube-Clips gesehen hat. Da Parkour sehr international ist, spricht man übrigens häufig auch von Moves, das ist der englische Begriff für “Bewegungen”. Das Wichtigste ist, zuallererst das Landen und Abrollen zu beherrschen, vorher sollte man auf keinen Fall irgendwelche Tricks versuchen.
Ob man nun absichtlich irgendwo hinab springt oder ob man ausrutscht, das richtige Abrollen muss im Kopf verankert sein und automatisch funktionieren. Durch das Abrollen wird die Energie umgelenkt, sodass Verletzungen vermieden werden. Ansonsten kann ich mir auch schnell mal einen Knöchel brechen. Erst wenn ich landen und abrollen kann, übe ich die nächsten Bewegungen.
Wenn man in der Halle trainiert, bieten sich etwa Sportgeräte wie Kästen, Barren oder umgedrehte Bänke an. Kästen zum Drüberspringen sollten für Anfänger idealerweise hüfthoch sein. Barren nutzt man zum Schwingen: Man kann sich darüber schwingen, zwischen den Barren hindurch oder auch darunter her. Und Bänke sind praktisch zum Balancieren und für Präzisionssprünge. Außerdem kann man in der Halle das Herauf- und Entlang-Laufen an Wänden lernen. Das sind also alles Möglichkeiten, mit dem Training zu beginnen.
Das Internet reicht als Parkour-Trainer nicht aus
Die Motivation, mit Parkour zu starten, kann ganz unterschiedlich sein. Manche wollen nur ihre Fitness trainieren, manche wollen abschalten vom Gedanken-Karussel, manche wollen einfach schnell von A nach B gelangen können. Aber egal welchen Grund man hat, man sollte sich gut überlegen, wie man in den Sport einsteigt.
In den Zeiten des Internets findet man zum Beispiel auf Youtube ausreichend Videos, um sich manche Moves selbst beizubringen. Schlauer ist es aber, einen ausgebildeten Trainer zu Rate zu ziehen. Denn wenn man sich etwas falsch beibringt, etwa das Abrollen, und man führt diese falsche Bewegung dann 100 Mal aus, dann kann man sie danach nur noch schwer korrigieren. Besser wäre es also, gerade am Anfang für die Basis-Bewegungen mit einem Trainer zu üben.
Hier kann auch die eigene Vorerfahrung nützlich sein: Wer sich viel bewegt oder vielleicht auch schon Leistungssport gemacht hat, der wird es einfacher haben als jemand, der mit Sport nichts am Hut hat(te).
Für die besten Moves muss man vor allem viel üben
Effiziente Fortbewegung. Das ist der Kerngedanke von Parkour. Alles, was es mir ermöglicht, mich schnell und effizient von einem Ort an den anderen zu bewegen, kann dazu gerechnet werden. Wer die Basics, also Grundlagen, des Sports beherrscht, kann alles trainieren, was ihm ermöglicht, Hindernisse zu überwinden, ohne dabei gebremst zu werden.
Da gibt es zum Einen die Stützsprünge, die einen in einer natürlichen Bewegung über das Hindernis führen sollen. Zum Beispiel den so genannten “Speed Vault”, einen schnellen seitlichen Sprung, bei dem man sich nur mit einem Arm am Hindernis abstößt. Wenn man an Stangen trainiert reden wir unter Anderem von einem “Underbar”, einem Schwingen unter der Stange, bei dem die Energie meines Anlaufs ebenfalls genutzt wird.
Und bei Wänden gibt es den “Wall Up”, das Hochrennen oder Hochklettern an einer Wand, bei dem ich die Energie vom Anlauf in die Höhe und die Schritte gegen die Wand umlenke. Jede dieser Techniken dient dazu, nach dem Hindernis möglichst schnell weiterlaufen zu können.
Wo kann man Parkour lernen?
Es gibt deutschlandweit selbstorganisierte Gruppen, die Parkour im Freien trainieren. Hallen für das Indoor Training sind leider seltener. Unser Move Artistic Dome in Köln ist europaweit die größte Indoor-Halle für Parkour, dementsprechend reisen auch oft Parkour-Begeisterte von außerhalb an.
Einen längeren Lauf wird man in einer Halle aber wahrscheinlich nie machen können, denn auch bei 1.000 Quadratmeter Fläche ist nach einer Verknüpfung von fünf bis sechs Einzel-Moves meistens Schluss. Einen Ausdauerlauf macht man draußen, aber gerade für den Start und das Üben der einzelnen Bewegungen ist eine Halle sehr gut geeignet, denn dort hat man zum Beispiel Fallmatten und so eine geringere Verletzungsgefahr.
Die meisten Moves kann man in der Halle üben. Eine Ausnahme sind vielleicht Sprünge, bei denen man sich an der Decke abstoßen muss, wenn die Halle zu hoch ist. Wer also die Möglichkeit hat, in seiner Nähe Parkour Indoor zu trainieren, sollte das machen. Doch man sollte sich nicht davon abhalten lassen, mit dem Sport zu starten, nur falls es keine Halle in der Nähe gibt. Über soziale Netzwerke kann man immer andere Interessierte finden und vielleicht auch jemanden, der erfahren genug ist, einem Tipps und Hilfestellung zu bieten.
Weitere Informationen:
Der Move Artistic Dome in Köln