Elektro-Autos sollen eine Alternative zu herkömmlichen Benzinern darstellen. Opel hat nun ein neues E-Modell auf den Markt gebracht. Aber hält es auch, was es verspricht?
Ein großes Münchener Autohaus hat zur Pressevorstellung geladen: Peyman Amin nimmt den ersten Opel Ampera in Privatbesitz; bislang wurden nur einige hundert Modelle an Unternehmen ausgeliefert. Peyman Amin saß in den ersten Staffeln der Casting-Show „Germanys next Top Model“ in der Jury, jetzt sitzt er am Steuer des E-Modells aus Rüsselsheim. Ein Hoffnungsträger der Elektro-Mobilität.
Die Werte des Ampera passen sehr gut zu seinen Bedürfnissen, betont Peyman. 40 bis 80 Kilometer schafft der Wagen mit einer Batterieladung, das entspricht der Strecke von der Wohnung des Modelagenten zum Flughafen. Und dann gehe es halt öfter mal in die Stadt, da reiche der Akku also auch. Amin hat sich extra eine Steckdose in die Tiefgarage legen lassen, damit er sein neues Auto auch laden kann – nur eines der zu lösenden Probleme mit Elektroautos: das Tanken.
Strom und Benzin: ein gelungener Kompromiss
Der Ampera könnte die Elektromobilität tatsächlich voranbringen, denn er verfügt neben dem E-Motor noch über einen Benziner. Für die meisten Fahrten klassischer Autofahrer genügt die Reichweite der Batterie, sollte aber einmal die Überlandtour anstehen, springt automatisch (und laut Peyman auch völlig unmerklich und geräuschlos) der Benzinmotor an.
Anders als beim Hybrid dient der Verbrennungsmotor aber nur dem Aufladen der Batterie wenn sich deren Ladung dem Ende neigt. Durch diesen Trick wird ein deutlich höherer Wirkungsgrad möglich und aufwendige Doppelausstattungen – einmal Elektro, einmal Verbrennung – für den Antrieb entfallen. Der Ampera verbraucht im reinen Benzinbetrieb nach Werksangaben 4,8 bis 5 Liter auf 100 Kilometer – in dieser Ausstattungsklasse durchaus vortreffliche Werte.
Und man fragt sich, welche Effizienz wohl erreichbar wäre, wenn die Technologie in einen Kleinwagen eingebaut würde. Warum Opel die obere Mittel- bis Premiumklasse anpeilt liegt jedoch auf der Hand: der Mehr-Preis. Mit rund 43.900 Euro ist der Ampera fast doppelt so teuer wie ein Einstiegsmodell des einigermaßen vergleichbaren Insigniaund man fragt sich, wer sich so ein Auto leisten will – die Investition durch geringere Betriebskosten einzusparen wird eine ganze Weile dauern.
Es ist schon eine Krux: Da wird der Ampera vor kurzem beim Autosalon in Genf zum „Car of the Year 2012“ gekürt, sein technologischer Ansatz ist vorbildlich, und dennoch bleibt der Boom aus. Anfang März teilt Opel gar mit, dass die Produktion des Wagens für fünf Wochen ausgesetzt würde, weil die Nachfrage zu gering sei. Diese fehlende Kauflust betrifft vor allem die USA. Dort kursiert neuerdings eine große Angst vor Batteriebränden, seit ein Chevrolet Volt (der in Europa Ampera heißt) nach einem Crashtest Feuer gefangen hat.
Für 2012 war in den USA der Verkauf von 60.000 Fahrzeugen geplant, in den ersten zwei Monaten konnten jedoch nur 1.400 Autos abgesetzt werden. In Deutschland sind nach Angaben von Opel bislang 7.000 Vorbestellungen für das Auto eingegangen, damit liege das Verkaufsziel von 10.000 Einheiten in Europa schon jetzt in greifbarer Nähe. Im Vergleich zu einem Audi Q7 oder BMW X5, die vor der Einführung über 15.000 Vorbestellungen vorweisen konnten, liegt der Ampera dennoch weit zurück.
Haben Elektro-Autos wirklich eine Zukunft?
Irgendwie passen Erstkunde Peyman und sein Ampera tatsächlich gut zusammen. Die typische Opel-Front changiert irgendwo zwischen protzig und elegant, so eine Mischung aus Chromimitat und Plastiklook, vergleichbar den tief eingefrästen Lachfältchen Amins. Innen klassische Lederausstattung, die mit der im Bikerstil gehaltenen Jacke des Pop-Stars aus dem gleichen Material harmoniert. Peyman kommt ins Schwitzen als er sich für die Fotografen nach der Steckdose bückt, und fragt nach einem Visagisten …
Ich hätte mehr Resonanz erwartet, auch wenn das Thema Ampera bereits seit einiger Zeit durch die Medien zieht. Unter dem Dutzend Journalisten sind anscheinend in der Mehrzahl Radioleute von Arabella bis Pop FM an der Probefahrt mit Amin interessiert – seltsam, wo doch gerade das Elektroauto geräuschlos dahinschwebt und sicher keinen groovigen Motorensound offenbaren wird.
Und so wie sich hier vermuten lässt, dass die Sender doch mehr an den O-Tönen des Star-Fahrers interessiert sind als tatsächlich am Auto, könnte ich mir vorstellen, dass auch die „Car of the Year“-Juroren eher Ansatz und Technik loben wollten, als das Auto an sich. Ich stelle mir vor, nicht Opel hätte sich mit dieser Lösung auf den Markt getraut, sondern BMW, Mini oder Audi, Alpha Romeo oder Volvo – jedenfalls eine Marke, deren Design und allgemeine Wahrnehmung ein bisschen weiter vorne liegen.
Es ist nur ein Gefühl, aber ich könnte mir vorstellen, dass der Chic – und sei es nur der Markenchic – selbst beim Elektroauto eine größere Rolle spielt, als alle LoHaS-Apologeten (LoHaS – Lifestyle of Health and Sustainability) glauben machen wollen. Wenn die automobile Nachhaltigkeit einen so hohen Preis kostet, muss für den Käufer mehr dabei rumkommen als ein gesparter Liter Benzin.
Nach allen politischen Initiativen ist das Thema Elektromobilität in der Gesellschaft angekommen – aber eben nur als Gesprächsstoff und noch lange nicht als Fahrzeug. Auch mit Opels Ampera steht das Elektroauto da auf einem großen Parkplatz allein im Schatten. Der Fahrer trägt eine Sonnenbrille – aber kein Goldkettchen.