Der Jahreswechsel steht vor der Tür und mit ihm unsere guten Vorsätze für das Neue Jahr: Wir möchten uns vielleicht gesünder ernähren, Oma öfter besuchen oder weniger Geld ausgeben. Meist stellen wir einige Wochen später fest, dass die Vorsätze eben das geblieben sind: Ideen und gute Absichten. Unsere Pläne sind im Alltagstrubel häufig nur flüchtige Gedanken, an die wir uns immer mal wieder erinnern: ‘Ach, ich wollte doch schon längst…’ Mudras sind Finger- oder Körperhaltungen, mit denen wir einen Gedanken in eine körperliche Realität umsetzen und damit den ersten Schritt zur Erfüllung unserer Ziele gehen können. Stefanie Schmid-Altringer, Ärztin und Autorin von “Die Mudrabox”, erklärt uns heute, wie das funktioniert.
Liebe Stefanie, Sie sind Ärztin und Expertin für Mudras – inwiefern passt das zusammen?
Mudras sind Mini-Meditationen, die unser Denken und Fühlen neu ausrichten. Sie können mit den Händen, aber auch beim Yoga mit dem Körper ausgeführt werden. Als Ärztin haben mich vor allem die Mudras der Hände fasziniert, die wichtigsten ‚Werkzeuge‘ meines Berufes.
An kaum einer Stelle unseres Körpers befinden sich auf kleinstem Raum so viele Nervenzellen. Jede Fingerspitze ist hochsensibel und auf gewisse Weise intelligent: Nicht nur Ärzte sondern wir alle erfassen die Welt über das, was wir mit unseren Fingern und Händen erspüren oder bewirken.
Insofern habe ich mich auf den Weg begeben und nach und nach herausgefunden, warum Mudras auch aus der Sicht unserer westlichen Medizin wirken und wie wir uns ihre Kraft zunutze machen können. Deshalb heißt das erste Kapitel in meinem Begleitbuch zur Mudrabox “Das Geheimnis der Mudras”. Anstelle überflüssiger Medikamente oder ergänzend zu wichtigen Behandlungen würde ich Mudras heute am liebsten auf Rezept verordnen.
Welche Bedeutung haben Mudras für Sie?
Durch das Halten von Mudras mache ich mir immer wieder klar, dass ich für meine Gesundheit selbst verantwortlich bin. Auch im übertragenen Sinne halte ich den Schlüssel dazu in meinen eigenen Händen. Viel zu oft delegieren wir das ‚Gesundmachen‘ an Ärzte, Physiotherapeuten oder andere Heilkundige. Sie sollen mich gesund machen oder für mehr Entspannung sorgen, aber das lenkt uns meiner Erfahrung nach von der großen Kraft ab, die jeder schon in sich hat, zum Beispiel in seinen Händen.
Mudras sind für mich als Ärztin und Übende ein wunderbarer Weg, sich selbst zu begegnen oder wiederzufinden und dabei den manchmal sorgenvollen, unruhigen Geist auf das zu konzentrieren, was stärkt.
So wirken Mudras
Wie wirken Mudras in unserem Körper?
In unseren Händen beginnen oder enden fast alle Energiebahnen des Körpers, die in der östlichen Medizin als Meridiane bezeichnet werden. Bei jeder Mudra drücken Sie deshalb Energiepunkte und oft auch die klassischen Akupressurpunkte. Dadurch lösen sich Blockaden und die Energie kann wieder fließen. Darüber hinaus wirken Mudras als Anker, sie fokussieren Ihr Denken und Fühlen auf ein bestimmtes Gesundheitsziel, das Sie durch die spezielle Handhaltung in Ihrem Körper verankern.
Mit dem täglichen Halten einer Mudra erinnern Sie den Körper an das von Ihnen gewählte Gesundheitsziel. Damit Ihnen die Auswahl der passenden Mudra leichter fällt, habe ich die über 40 Mudras drei verschiedenen Zielen zugeordnet: Entspannen, Kraft spüren und Gesundwerden. Das sind zugleich die wichtigsten Ebenen, auf denen Mudras wirken.
Eine Frage an Sie als Wissenschaftlerin: Ist die Wirkung von Mudras nachweisbar?
Das ist eine spannende Frage. Im Grunde ist das Wissen um die Heilkraft von Mudras mehrere tausend Jahre alt. Die östliche Medizin erkennt dieses ‚Erfahrungswissen‘ an, unsere westliche Medizin braucht dagegen Beweise und an denen fehlt es: Bisher gibt es in Europa fast keine Studien, die Mudras erforschen. Trotzdem gibt es wichtige Hinweise, zum Beispiel aus der neueren Hirn- und Placeboforschung, die ich in meinem Buch zusammengetragen habe.
Hier finden sich aktuelle, wissenschaftlich exakte Ergebnisse, die zusammen den Beweis erbringen, dass Mudras wirken. Wer auf solche Beweise verzichten kann, soll einfach – so wie ich zu Beginn – den Selbstversuch wagen und die Wirkung ‚erleben‘. Diese Therapie ist garantiert nebenwirkungsfrei und lohnt sich!
Glauben Sie an eine energetische Wirkung von Yoga und Mudras – oder an eine spirituelle Dimension?
Jeder Mensch ist anders und insofern möchte ich die Antwort auf diese Frage dem Einzelnen überlassen. Vielleicht starten Sie mit Neugier und ohne größere Erwartungen an eine spirituelle Dimension, entdecken aber in der Ruhe jeder Übung etwas davon. Umgekehrt kenne ich viele Menschen, die durch eine Krankheit oder in einer Krise verzweifelt nach einer spirituellen Unterstützung suchten und dabei das Tröstliche und Stärkende von Mudras fanden.
Wichtig ist: Mudras sind keine Medikamente, die Sie bei Bedarf ‚einschmeißen‘ und die dann von selbst wirken. Ebenso wie Yoga nur dann eine energetische Wirkung hat, wenn Sie auch tatsächlich üben, geben Ihnen Mudras Kraft und aktivieren die Selbstheilung, wenn Sie sich innerlich für die konkrete Mudra öffnen und üben.
Wann, in welchen Situationen oder bei welchen Beschwerden, können Mudras hilfreich sein?
Das Schöne an Mudras ist, dass sie sich für jede Lebenslage eignen. Sie können sie zuhause, aber auch unterwegs, im Krankenbett, beim Zahnarzt oder heimlich im Büro üben. Es gibt Mudras, die entspannen und solche, die bei konkreten Beschwerden von Depressionen bis Lampenfieber helfen. Mit dem Wissen der Mudrabox steht Ihnen eine komplette Haus- und Reiseapotheke zur Verfügung, die Sie sich nach und nach erobern können.
Durch die 43 Karten haben Sie die Möglichkeit, Ihre Mudra in Ruhe auszuwählen und sie dann zum Beispiel auf Ihren Schreibtisch zu stellen oder an den Kühlschrank zu hängen. Mit diesem optischen Reminder fällt es leichter, sich die Stellung der Finger zu merken und die Mudra wirklich in Ihren Alltag zu integrieren.
Wie empfehlen Sie das Üben von Mudras?
Nehmen Sie sich anfangs genug Zeit und beginnen Sie in einer ruhigen Atmosphäre zuhause, solange bis Sie die Mudra und die dazu passende Affirmation wirklich verinnerlicht haben. Auf jeder Mudrakarte finden Sie drei stärkende Sätze zur Auswahl, Sie können aber auch selbst kreativ werden.
Üben Sie täglich mindestens einmal für einige Minuten, bei Krankheiten sollten Sie die Mudra drei mal täglich und länger halten. Jetzt sind Sie gut gerüstet und können Ihre derzeitige Mudra mit in den Alltag nehmen und auch mal nebenbei halten. Fühlen Sie nach, was und wieviel üben für Sie richtig ist. Dieses Gespür zu trainieren ist nach meiner Erfahrung eine wichtige Voraussetzung, um gesund zu bleiben oder zu werden.
Mir ist es weniger wichtig, wie lange geübt wird, sondern dass Sie die Mudra in Ihren Alltag integrieren. Nur wenn das Üben der Mudra zu Ihrem Leben passt, kann sie zu Ihrem ‚Gesundheitswerkzeug‘ werden.
Wie setzen Sie persönlich Mudras in Ihrem Alltag ein?
Genau nach diesem Prinzip: Meist fange ich den Tag schon mit einer Mudra an, die ich beim Wachwerden im Bett halte. Das ‚nordet‘ mich ein und Sorgen oder to-do-Listen haben keine Chance mich zu belasten. Wenn ich unter Druck stehe und wütend bin, halte ich beim Joggen zum Beispiel die TSE-Mudra. Mit den Mudras ergänze und vertiefe ich meine Yogaübungen. Diese Tipps finden Sie in der Mudrabox, ebenso wie Karten mit Yogasequenzen und Mudras, die Sie gut zusammen üben können.
Mudras für Weihnachten und den Jahreswechsel
Welche Mudra kann helfen, die Weihnachtsfeiertage mit Ruhe und Gelassenheit zu überstehen?
Die Weihnachtstage sollten wir vor allem genießen, Hektik ist kontraproduktiv und macht reizbar. Für mehr Ruhe und Klarheit sorgt die GYAN Mudra. Sie gehört zu den wichtigsten Mudras und eignet sich auch außerhalb von Stresszeiten als Basismudra. Die Fingerhaltung ist einfach, Sie kennen sie sicherlich von Buddha-Darstellungen: Die Spitzen von Daumen und Zeigefinger berühren sich und bilden auf entspannte Weise einen Kreis. Die restlichen drei Finger sind locker, aber leicht gestreckt. Beginnen Sie mit dem Üben im Advent, zum Beispiel vor dem Schlafen gehen. Mit etwas Training können Sie dann im weihnachtlichen Ernstfall schnell darauf zurückgreifen…
Gibt es ein Mudra passend zum Jahreswechsel?
Jeder Jahreswechsel ist eine Chance um neu anzufangen, mit guten Vorsätzen für sich selbst und mit Ihrem Partner oder Partnerin. Um das Alte mit einem kleinen Ritual hinter sich zulassen, empfehle ich die USHAS-Mudra, die Mudra des Neuanfangs. Setzen Sie sich mit Ihrem Partner Rücken an Rücken auf den Boden. Jeder verschränkt die Hände ineinander, so dass sie eine Schale bilden. Die verschränkten Hände liegen entspannt im Schoß.
Die USHAS-Mudra lässt jeden für sich in Ruhe – nicht durch Disziplin und Anstrengung – Kraft und Ideen für Neues sammeln und entspannt den Bauch. Dabei öffnet sich das so genannte ‚ Sakaralchakra‘. Nach östlicher Lehre gehört es zu den Energiezentren des Körpers und ist für die Organe des Unterbauches, Lebensfreude und die vitale Energie der Sexualität zuständig. Bewusstes Atmen in den Bauch lenkt die Aufmerksamkeit dorthin und unterstützt die Wirkung der Mudra.
Im Winter fühlen wir uns oft erschöpft und antriebslos. Welches Mudra kann uns helfen, zurück in unsere Kraft zu finden und mit frischer Energie ins Neue Jahr zu starten?
Zum Solarplexuschakra gehört die HAKINI-Mudra. Bekannt als die Geste von Frau Merkel, legt man hier die Fingerspitzen beider Hände aneinander. Man kann die Mudra vor dem Körper halten, aber auch am Körper – zur Aktivierung des Chakras am besten direkt darüber. Sie vertieft die Atmung und vernetzt unsere beiden Gehirnhälften, was Intuition und Kreativität fördert. Ich habe sie deshalb unter ‘Kraft spüren’ eingeordnet.
Im Winter fehlt uns die Kraft des Sonnenlichtes, Müdigkeit und Trägheit sind typische Zeichen von fehlendem Licht und deshalb von Vitamin D. Gehen Sie täglich eine viertel Stunde raus und aktivieren Sie ein bis dreimal täglich Ihr ‘Sonnen- oder Solarplexuschakra’, das für geballte Willenskraft und Selbstbehauptung steht. Zu diesem Chakra gehört die HAKINI-Mudra. Bekannt als die Geste von Profi-Rednern, legt man hier die Fingerspitzen beider Hände aneinander.
Man kann die Mudra vor dem Körper halten, aber auch am Körper – zur Aktivierung des Chakras am besten direkt darüber. Sie vertieft die Atmung und vernetzt unsere beiden Gehirnhälften, was die Voraussetzung für Intuition, Konzentration und Kreativität ist. Ich habe diese Mudra deshalb dem Kapitel ‘Kraft spüren’ zugeordnet. Aus meiner Erfahrung ist die HAKINI-Mudra eine echte Energietankstelle, die Ihnen außerdem das Durchhalten guter Vorsätze erleichtert.
Die Fragen stellte: Melanie Lotz