Ob wir gut oder schlecht abnehmen können liegt an der Besiedelung unseres Darms mit bestimmten Bakterien und Keimen. Doch durch die richtige Ernährung können wir unsere Darmflora beeinflussen und gezielt abnehmen. Wie das genau geht, und mit welchen Nahrungsmitteln, das zeigt uns Prof. Dr. Axt-Gadermann, Lehrende für Gesundheitsförderung an der Hochschule in Coburg.
Schlank mit Darm: Abnehmen mit Bakterien
In unserem Darm leben 100 Billionen Bakterien. Das sind zehnmal mehr Keime als unser Körper Zellen besitzt. In ihrer Gesamtheit bringt die Darmflora fast zwei Kilo auf die Waage und ist damit deutlich schwerer als die meisten Organe. Ihr Einfluss auf unseren Körper ist immens: Die Darmflora steuert nicht nur unsere Verdauung und trainiert das Immunsystem, auch bei Übergewicht redet sie ein Wörtchen mit.
Die Stoffwechselleistung des Mikrobioms – eine andere Bezeichnung für Darmflora – übertrifft sogar die der Leber. Mehr als 20 Hormone und Botenstoffe werden im Darm synthetisiert und über ein Nervengeflecht steht der Darm in engem Austausch mit dem Gehirn. Auf diesem Weg kann er auch steuernd auf unseren Appetit einwirken.
Untersuchungen haben gezeigt, dass Menschen mit Übergewicht eine anders zusammengesetzte Darmflora besitzen als Normalgewichtige. Überträgt man die Darmkeime schlanker Menschen auf Mäuse, bleiben die Tiere schlank. Verabreicht man aber Mäusen die Bakterien Übergewichtiger, werden diese innerhalb kürzester Zeit moppelig, selbst wenn alle Tiere das gleiche Futter erhalten.
Übergewicht durch falsche Darmbakterien
Auch bei uns Menschen lassen „dicke“ Darmkeime den Zeiger der Waage immer weiter nach rechts laufen, das zeigt ein Fall, der in einer medizinischen Fachzeitschrift veröffentlicht wurde: Eine amerikanische Mutter erhielt aufgrund einer gefährlichen Darminfektion, die nicht auf Antibiotika ansprach, die Darmkeime ihrer gesunden, aber deutlich übergewichtigen Tochter.
Zu diesem Zeitpunkt war die Mutter normalgewichtig, sie wog 61 Kilo, hatte einen BMI von 26 und keinerlei Figurprobleme.
Das änderte sich schlagartig. Zwar vertrieben die neuen Darmbakterien erfolgreich die gefährlichen Keime, aber sie packten auch ständig neue Kilos auf Bauch und Hüften der 32-Jährigen. Nach 16 Monaten wog die Mutter schon 77 Kilo, ihr BMI war auf 33 angestiegen, das heißt sie war nun stark übergewichtig.
Die Ärzte der amerikanischen Brown-Universität waren alarmiert: Sie setzten die Frau auf eine strenge Diät, verordneten ihr mehr Bewegung, kontrollierten regelmäßig das Gewicht.
Doch trotz ihrer Bemühungen liegt ihr Gewicht nun, drei Jahre nach der Stuhltransplantation bei mehr als 80 Kilo, der BMI erreicht inzwischen 34,5. Offensichtlich verhindert die neue Bakterientruppe im Darm der Frau durch eine besonders effektive Ausnutzung der Nahrungskalorien konsequent jeden Gewichtsverlust.
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Unser Gewicht beeinflussen Bakterien gleich auf verschiedene Art und Weise. In Studien konnte nachgewiesen werden, dass die Darmflora von Menschen mit Übergewicht rund 10 Prozent mehr Kalorien aus der Nahrung zieht. Im Laufe eines Jahres kommen dadurch fast 10 Kilo an zusätzlichem Gewicht zustande, wenn nicht Tag für Tag etwa 200 Kalorien eingespart werden.
Unser Darm ist daneben auch die Bildungsstätte zahlreicher Hormone, unter anderem solcher, die über hungrig oder satt entscheiden. Überwiegen bestimmte Bakterienstämme, werden weniger Sättigungshormone ausgeschüttet. Das erschwert nicht nur das Durchhalten jeder Diät, sondern verleitet auch zum Naschen oder zu einer zweiten Portion.
Wie entsteht die Darmflora?
Die Zusammensetzung der Darmflora hängt eng mit unserem Lebensstil und unserer Ernährung zusammen. Ob wir in der Stadt oder auf dem Land leben, Einzelkinder waren oder mit Haustieren und einer großen Geschwisterschar aufwuchsen, ob wir Vegetarier sind oder gerne mal ein Steak essen, Raucher oder Sportler sind – all das beeinflusst das Mikrobiom.
Darm Diät mit Präbiotika – So entstehen schlankmachende Darmbakterien
Wichtig für die gesunde Entwicklung der Darmkeime sind Nahrungsmittel, die unsere Verdauungsenzyme nicht vollständig „aufknacken“ können, so genannte „Präbiotika“. Diese stehen dadurch den Bakterien weiter unten im Darm als „Futter“ zur Verfügung und begünstigen das Wachstum erwünschter Keime.
Solche Präbiotika findet man nur in bestimmten Nahrungsmitteln, das heißt nicht jedes Obst und Gemüse füttert auch die guten Keime.
Diese Lebensmittel enthalten Präbiotika
Präbiotische Inhaltsstoffe sind hochkonzentriert in eher „ausgefallenen“ Gemüsesorten wie Pastinake, Topinambur oder Artischocken enthalten. Aber auch Haferflocken, schwarzer Kaffee, Lauch (Knoblauch, Porree, Schnittlauch) oder Endiviensalat liefern gutes „Bakterienfutter“.Kartoffeln, Reis und Nudeln enthalten, wenn sie abgekühlt sind, ebenfalls Präbiotika (resistente Stärke). Kartoffelsalat, Nudelsalat oder Sushi sind deshalb durchaus geeignet, die Darmkeime zu füttern. Probiotische Nahrungsmittel, also solche, die lebende Keime, vor allem Milchsäurebakterien liefern, unterstützen die Darmgesundheit ebenfalls: Sauerkraut, Joghurt, Kefir oder Kimchi dürfen öfters mal auf den Tisch kommen.