Jedes Jahr steht die Yoga Conference Germany unter einem anderen Motto. Warum das diesjährige Motto “Love is our Religion” Lehrer und Teilnehmer so begeistert, könnt ihr in unserem Video zur Conference erfahren. Und was “Liebe” für manche Yogis eigentlich bedeuten kann, das erzählt uns Frank Schuler, Co-Organisator der Konferenz.
‘Love is our Religion!’ Noch nie hat ein Motto der alljährlichen Yoga Conference in Köln schon im Vorfeld so viel Begeisterung und Zuspruch erfahren, wie in diesem Jahr. Aber als unser Team daran ging ‘Love is our Religion!’ auf Banner, Fahnen, T-Shirts, Aufkleber und Rucksäcke drucken zu lassen, wurde mir die Sache doch recht mulmig.
Die Liebe verträgt kein Marktgeschrei
Als Veranstalter der Yoga Conference Germany und Betreiber der Lord Vishnus Couch Yogastudios akzeptieren wir, dass das Klappern und Werben in einer lauten, rasanten Welt mitunter zum Handwerk gehört. Eigentlich macht es uns sogar richtig Spaß. Als Yogalehrer und vor allem als Schüler weiß ich aber ganz genau: Die Liebe verträgt kein Gepolter, kein Marktgeschrei, keine Strategien. Gerade in einer Zeit in der alles immer verzweifelter veröffentlicht, gepostet und veräußert wird, zieht sich die Liebe fast beleidigt zurück, bis wieder Ruhe und Stille walten darf. Dann ist ihr Moment gekommen.
Unsere große Sehnsucht: Mehr Raum für die Liebe
Gerne stelle ich mir vor, dass die Liebe sich amüsiert und eben liebevoll lächelt über uns fahnenschwenkende Yogis, über ständige Bekundungen zu vegetarischer und veganer Ernährung, zur richtigen Yogamatte und den farblich passenden Leggings. Und abwartet. Denn da ist im Grunde gar nichts falsch an dem schallenden Lachen, den modernisierten Gesängen, den Flyern und Rezepten. Sie sind eben die Vorboten, die Wegbereiter. Euphorie und Freude, in deren Nähe riecht es schon nach Liebe. Hier und da zu laut, gern auch mal peinlich. Aber sie sind die Fanfaren, manchmal eben fast die Bulldozer um Platz zu machen, Raum zu schaffen, für das wonach wir uns eigentlich sehnen: Der Liebe.
Nahrung für die Liebe: Freude, Aufmerksamkeit, Dankbarkeit
Zunächst nach der Liebe in uns. Wird die Freude zur Aufmerksamkeit und die Aufmerksamkeit zu Dankbarkeit, dann keimt Liebe in uns. Sie interessiert sich womöglich nicht mal mehr dafür, wie wir sie benennen und wohin wir sie kritzeln. Mehr stillt sie leise unsere Sehnsucht als lautstark unsere Lust.
Die Wurzel der Liebe: Liebe dich selbst…
Aber das älteste Wissen über uns Menschen, ob nun im Yoga, Taoismus oder Buddhismus, macht keinen Hehl daraus: Die Liebe musst Du erst mal in Dir selbst finden. Die Vorstellung, uns selbst zu jeder Zeit an jedem Ort, wie geschickt oder ungeschickt unsere Taten und unser Wirken gerade erscheinen, bedingungslos zu lieben und zu uns zu halten, scheint fast unmachbar. Eher schon gruselt es uns vor dieser oft neuen Liebesbeziehung mit uns selbst, dabei hat sie mit Egoismus nichts zu tun. Vielmehr reift durch die Selbstakzeptanz erst die Akzeptanz für die Welt. Durch das tiefe Gefühl zu sich selbst wächst erst das Mitgefühl. Erst durch die Selbsterkenntnis entsteht ein klares Erkennen der Schönheit und der Wunder um uns herum. Eigentlich hat man es immer geahnt, vielleicht sogar befürchtet, aber so wird immer deutlicher, wie sich die Liebe leben lässt: Durch Hingabe.
… und dann verschenke deine Liebe
Das macht sich nicht so gut auf dem Werbebanner: Liebe besteht nur aus Geben. Hast Du keine Liebe in Dir gefunden, hast Du der Welt nichts zu geben. Aber genau dieses Geben beschreibt den Trick Siebzehn: Das Herz jubiliert, die Liebe ist entfacht. Von Morgens bis Abends schenkt man. Selbstlos. Man hat keine Zeit, keinen Gedanken dafür, was man bekommt. In der Tat kann einem da schwindelig werden. Es zieht einem die Füße weg. Das kommt einem fast albern vor und der Kopf schreit ‘Aber, aber…’. Vertraut man jedoch weiter seiner Liebe, spürt man plötzlich, dass man von der Welt getragen wird.
Liebe geben, ohne Liebe zu erwarten, eröffnet neue Welten
Vielleicht schenkt einem die Welt der Liebe nicht das, was man sich einst kleinlich und mit viel Kalkül erhofft hat, sondern womöglich alles, was man sich kaum vorstellen konnte. Die Liebe stellt uns endlich dorthin, wo wir hingehören. Das ist die wunderbarste Milchmädchenrechnung der Menschheit. Buddha, Jesus, Mohammed, Gandhi: Hört man ihnen mit offenem Herzen zu, hört man, dass sie gemeinsam das Lied der Liebe singen. Dass viele ihrer Interpretatoren und Verfechter aber die erhabene Formel der Liebe in Dogmen und Kreuzzügen, Behauptungen und Verfechtungen immer wieder zu Tode getrampelt und geplappert haben.
Liebe ist immer eine gute Entscheidung
Und das ist der Moment, an dem ich als Autor eines Artikels über die Liebe trotzdem fast über mich lachen muss. Denn zum Schluss ist die Sache trotz Theorie und Worten ganz pragmatisch. Man kann mit dieser Haltung nichts falsch machen. Es ist nicht verkehrt, wenn wir über die Liebe fabulieren, Liebeslieder singen, laute Feste feiern ‘in the name of love’. Wenn all das Begegnungen, Räume und Momente schafft, in denen die Liebe dann auch in Aufmerksamkeit und Ruhe gedeihen darf. Und das sind die kostbaren Momente in einer Beziehung, in einer Gemeinschaft, sogar auf einer grossen Yogakonferenz: Die Momente ohne Namen voller Zauber und Nähe, ohne Beschreibung aber voller Selbstvergessenheit und Erfüllung.
Artikelvorschaubild: © Lord Vishnus Couch / Hanna Witte