“Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt” – Vor 85 Jahren hat Marlene Dietrich in dem deutschen Filmklassiker “Der Blaue Engel” diese Worte gesungen und noch heute sprechen sie direkt aus den Herzen liebessehnsüchtiger Singles. Als Friedrich Holländer 1930 den Text zu dem weltberühmten Lied schrieb, muss es wohl im Mai gewesen sein: Kein anderer Monat feiert romantische Beziehungen und Fruchtbarkeit so sehr wie der dritte Frühlingsmonat. In unserer neuen Themenreihe beschäftigt sich die evidero-Redaktion gemeinsam mit ihren Experten mit den Spielarten der Liebe.
Der Monat der Liebe verdankt seinen Namen der römischen Göttin Maia, der am Ersten des Monats ein Fruchtbarkeitsopfer dargebracht wurde. Der Ursprung des Wortes Mai wird der Wortwurzel “mag” zugeordnet und mit Wachstum und Vermehrung in Verbindung gebracht. In vielen Gegenden Deutschlands und Österreichs ist am ersten Mai das Aufstellen von Maibäumen an zentralen Plätzen von Dörfern und Städten ein gewachsenes Brauchtum.
Das Aufstellen des Maibaumes als Liebesbeweis
Der genaue Ursprung dieser Tradition ist zwar bisher nicht eindeutig geklärt. Doch der Ansatz, dass sich dahinter ein germanisches Fruchtbarkeitsritual verbergen könnte, klingt einleuchtend: So erinnert die imposante Größe des Baumes von – je nach Region – 30 bis 50 Metern an ein Phallussymbol, das mit bunten Bändern und Tänzen verehrt wird.
In einem weiteren Brauch dient der Maibaum Junggesellen als Liebeswerbung: Meist ist es eine junge Birke oder Fichte, die der Mann seiner Angebeteten vor deren Tür oder Fenster befestigt. Damit die Dame seines Herzens weiß, wer da um sie wirbt, stehen sein Name und vielleicht eine kleine Liebesbotschaft auf einem Holzherz, das am Baum befestigt ist.
Flirten 2.0: Partnersuche im digitalen Zeitalter
Was damals öffentlich zur Schau gestellt wurde, findet heute oft völlig anonym statt: Online-Dating-Portale, Partnerschaftsbörsen und Liebes-Apps haben sich einen festen Platz bei der Suche nach dem oder der Richtigen erobert.
Längst sind es nicht mehr nur die “Übriggebliebenen” und “Verzweifelten”, die online nach der Liebe ihres Lebens oder auch nur nach einem schnellen Flirt suchen: Mehr als 2000 Websites buhlen um die Gunst von ca. 17 Millionen Singles in Deutschland.
Ob über Social Dating Plattformen wie Tinder oder Lovoo, über Kontaktanzeigen-Portale wir friendscout24 oder über Online Partnervermittlungen wie ElitePartner oder Parship: Jedes dritte Paar lerne sich inzwischen im Netz kennen, so berichtete das Onlineportal spiegel.de Anfang 2015.
Liebe oder so was: Beziehungen sind so vielfältig wie nie zuvor
So undurchsichtig wie der Dschungel der Portale, Börsen und Apps ist, so verwirrend können auch die modernen Formen von Liebesbeziehungen sein: Zwischen alleinstehend, Freunde mit gewissen Vorzügen, Liebespaar, eingetragener Lebenspartnerschaft, Ehe und Familie gibt es viele Spielarten, eine Liebesbeziehung (oder eben keine Beziehung) zu leben.
Bei Facebook kann der Nutzer sogar als aktuellen Beziehungsstatus ein ambivalentes “Es ist kompliziert” angeben. “Die Liebe ist ein seltsames Spiel” – schon Connie Francis konnte ein Lied davon singen. Dieses Spiel scheint immer freier und leichter zu werden, da es doch immer mehr Möglichkeiten gibt, jemanden kennenzulernen und mit jemandem “zusammen” zu sein.
Und gleichzeitig immer schwieriger: Je mehr Karten wir in der Hand halten, je mehr Zugmöglichkeiten sich ergeben, desto schwerer scheint es, sich bewusst für jemanden zu entscheiden und sich festzulegen.
Glück oder Gefahr: Was bedeutet uns die Liebe?
Die Vielfalt an Definitionen für unseren Stand in Liebesdingen wiederum zeigt: Die romantische Liebe ist uns wichtig. Sie beschäftigt uns: Wenn wir sie haben. Wenn sie uns fehlt. Wenn sie uns glücklich macht oder enttäuscht. Wir scheinen uns immer auf die Liebe zu beziehen und uns, mit oder ohne Partner, darüber zu definieren. Vor allem Frauen tauschen sich gerne über ihre Gefühle in Liebesdingen aus, selbst und vielleicht vor allem dann, wenn sie gerade Single sind.
Gleichzeitig scheinen wir immer weniger gewillt oder fähig, eine Liebe dauerhaft zu leben, vor allem dann, wenn es mal unbequem und schwierig werden sollte: Lieber werden wir kreativ und denken uns neue Beziehungsformen aus, so scheint es. Jahrelanges Single-Dasein, häufige Partnerwechsel oder das vorsichtige Festhalten an vorläufigen Beziehungsalternativen ist die Folge. Erfahren wir emotionale Nähe und Intimität eher als Gefahr anstelle des großen Glücks?
Haben wir so sehr verlernt, mit (dem Risiko von) Trennung und Trauer umzugehen, dass wir lieber mit Handbremse leben und lieben?
Ist das romantische Ideal der ewigen Liebe überholt?
Selbst in einer Partnerschaft relativieren wir gerne, schließen ein Ende als möglich und sehr wahrscheinlich ein, wenn wir beispielsweise von unserem “Lebensabschnittspartner” sprechen. Für viele ist das sicher ein humorvoller Umgang mit der Erfahrung, dass auch die größte Liebe zerbrechen kann.
Vielleicht spricht dieses Abwenden von allzu viel Sicherheit in der Liebe aber auch für eine gesellschaftliche Veränderung: “Für immer erst mal” als lebensnaher und realistischer Ersatz für “Bis dass der Tod uns scheidet”? Ist das romantische Ideal der ewigen Liebe überholt?
Im Mai sind wir von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt
Das immer währende Interesse an romantischen Filmen, Romanen und auch an Liebesgeschichten, die das Leben schreibt, sprechen eher nicht für diese These. Im Gegenteil: Unzählige Liebes-Ratgeber und Liebes-Coaching-Seminare zeugen von einer großen Sehnsucht – und von einer ebenso großen Unbeholfenheit.
Zunächst ist es schwierig, einen Partner oder eine Partnerin zu finden: Man muss sich erst einmal selbst verlieben und dann möchte man natürlich auch gerne zurückgeliebt werden. Oder muss Liebe gar nicht auf Wechselwirkung beruhen?
Was bedeutet das eigentlich: Lieben? In einer Beziehung ist es schwierig, mit den früher oder später auftauchenden Herausforderungen umzugehen. Zusammenhalten, durchhalten, aushalten: Wann ist es sinnvoll, an einer Liebe zu arbeiten, wann ist es notwendig, sich zu trennen?
Ein Liebes-Aus kann erleichtern oder aber furchtbar weh tun: Wie mit Liebeskummer umgehen, was ist daraus zu lernen und beim nächsten Mal eventuell besser zu machen? Doch auch andere Formen von Liebe sind Teil eines bewussten und erfüllten Lebens: Die Liebe zum Beruf, die Liebe zur Natur, die Liebe für uns selbst.