In einer Zeit, da wir scheinbar unbegrenzte Möglichkeiten haben, unser Leben zu gestalten und uns selbst zu verwirklichen, fühlen sich doch viele Menschen ratlos und rastlos. Den richtigen Beruf, die große Liebe und den Sinn des Lebens zu finden ist gar nicht so einfach. Glücklich sein ist das große Ziel – doch was bedeutet Glück? Yogalehrerin Gabriela Bozic spricht darüber, wie Yoga uns helfen kann, zu einem erfüllten Leben voller Liebe zu finden.
Macht Yoga glücklich?
Im heutigen Zeitalter der Mobilität und des Zeitdrucks wird der Alltag häufig von Smartphones und anderen Mulitfunktionsgeräten bestimmt. Der Druck ‚mitzuhalten’ ist mit der Internet-basierten Gesellschaft enorm gestiegen.
Die Welt ist zwar kleiner und viele Sachen sind einfacher geworden durch die modernen Technologien, aber das Herz und die Seele bleiben häufig auf der Strecke. Dabei ist die Balance zwischen Körper, Geist und Seele das Entscheidende, um ein glückliches und erfülltes Leben zu führen. Umso wichtiger ist es für den Einzelnen, Räume für sich selbst zu schaffen: Räume, in denen es einmal nicht um Leistung, Vergleich und to-do-Listen geht, sondern darum, sich selbst zu spüren und zur Ruhe zu kommen. Solche Räume bietet die Yogapraxis.
Die Menschen verstehen immer mehr, dass Erfolg, Image oder Wohlstand alleine nicht glücklich machen. Man muss Zeit finden, nicht nur zu tun oder darzustellen, sondern auch zu sein. Durch den Yoga nimmt man sich die Zeit, um inne zu halten und Abstand zu gewinnen. Wenn wir die Spannungen im Körper lösen, Stille nach dem Üben erfahren und die Verbindung zu unserer Umwelt spüren, sehen wir unser Leben und unsere Rolle in der Welt mit anderen Augen.
Meine wichtigste Message an meine Schüler ist, dass Yoga nicht nur aus dem Üben von komplizierten Asanas und dem Trainieren eines starken, flexiblen Körpers besteht. Yoga spiegelt das Leben und ist eine allumfassende Lebenseinstellung. Es geht nicht um “schneller, höher und weiter” sondern um die Erfahrung der Verbundenheit allen Seins, die Heilung der eigenen Seele und die Entfaltung unserer Liebesfähigkeit. Jeder von uns ist hier auf der Welt, um genau das zu erfahren und mit anderen zu teilen. Yoga bringt diese Erkenntnis, lässt uns entspannen und gibt dadurch unserem Leben einen tieferen Sinn.
Wie finden wir unsere Berufung?
Jeder von uns hat eine Aufgabe im größeren Plan. Für mich ist mein Beruf der beste Weg, meine Lebendigkeit auf eine Weise zu kanalisieren, die der Welt dienen kann. Yoga Lehrerin zu sein, gibt mir die beste Plattform und das effektivste Werkzeug, meine Talente sinnvoll einzusetzen und mein “dharma”, meine Berufung, in diesem Lebensabschnitt zu verwirklichen. Für jemand anderen mag das etwas anderes sein, oder es bedeutet, Yoga auf eine andere Art und Weise zu unterrichten.
Die Bhagavad Gita, eine bedeutende Schrift der Yogalehre, ist bei diesem Thema ganz hilfreich und pragmatisch: Du bist immer in deinem “dharma” aus dem einfachen Grund, dass du existierst! Letzten Endes ist es nicht wichtig, was du tust, die Einstellung dahinter ist das Entscheidende. Wenn deine Absicht ist, Freude und Liebe zu verbreiten, kannst du das in jedem Beruf tun, egal wie begrenzt er dir erscheint. Vertraue dem Leben, es führt dich genau dorthin, wo du wachsen und deine Liebesfähigkeit entfalten kannst.
Was ist wahre Liebe?
Liebe ist das, was einem das Herz öffnet. Das, was uns wie ein Kind staunen lässt, was uns tief im Innersten berührt, gleich ob es Freude oder ein Gewahrsein der eigenen Verwundbarkeit auslöst. Liebe ist ein Leben im Einklang mit sich selbst, mit der Natur und der eigenen Wahrheit. Von da aus breitet sie sich in die Unendlichkeit hinaus.
Liebe wird häufig mit der Romanze oder‚ einer besonderen Beziehung’ verwechselt, die sich auf eine Person bezieht, also, ausschließend, nicht allumfassend ist. In einer ‚besonderen Beziehung’ bemühen wir uns ständig, unsere Schwächen, Fehler und Wunden zu verstecken. Wir urteilen und trennen. Wir haben Erwartungen und stellen Bedingungen.
Reine Liebe ist, wenn das Herz offen ist, wenn das Gefühl des Getrenntseins verschwindet. Das kann auch beim Betrachten eines spielenden Kindes passieren, am Sterbebett eines Menschen oder beim Spaziergang durch den Wald. Es gibt keine Grenzen für die Liebe, sie ist nicht lokalisiert und nicht nur an deinen Geliebten oder deine Geliebte gebunden. Sie ist allumfassend. Die Liebe lockt auch alles hervor, was Liebe nicht ist, mit dem Ziel, es durch Mitgefühl, Vergebung und Akzeptanz zu heilen und loszulassen, bis nur die Liebe übrig bleibt.