Seit geraumer Zeit wird immer öffentlicher über das Thema “Menstruation” gesprochen. Euphemismen wie “Erdbeerwoche”, “Tante Rosa” und “Unsere gewissen Tage” werden bewusst vermieden. Befinden wir uns an einem Punkt, an dem das Thema Menstruation endlich enttabuisiert wird? Und kann die Entwicklung in unserer Gesellschaft bestehende Mythen rund um die “blutende Frau” entkräften?
Wird das Thema Menstruation in Deutschland gerade enttabuisiert?
Aktuell ist das Thema Menstruation in Deutschland mehr als öffentlich. Als Form der Selbstbestimmung verspüren scheinbar viele Frauen den Willen, öffentlich über ihre Periode zu sprechen. Diese Entwicklung wird unterschiedlich aufgenommen. Als Reaktion auf Donald Trumps Aussage, Megyn Kelly habe ihn aufgrund von Menstruationsproblemen attackiert (“She had blood coming out of her eyes, blood coming out of her wherever”), veröffentlichte die Künstlerin Sarah Levy ein Portrait Trumps, gemalt mit ihrem Menstrualblut.
Geht es um die Provokation Trumps, feiert die Mehrheit den öffentlichen Umgang mit der Periode. Geht es jedoch um die Selbstbestimmung der Frau, wird das Thema schnell belächelt und als Reaktion ungebildeter Möchtegern-Feministinnen abgetan. Gab es doch diese Bewegung schon in den 1970er Jahren und schambehaftet sei die weibliche Sexualität und was dazugehört doch auch schon lange nicht mehr.
Ein achtsamer Umgang mit dem Unbehagen gegenüber der weiblichen Periode
Warum schämten (oder schämen) sich so viele Frauen für ihre Periode? Ist es eine positive Entwicklung, dass wir mehr darüber sprechen? Sollten wir nicht auch mit der Unbehaglichkeit der Außenstehenden achtsam umgehen? Haben Männer das Recht, ihr Unbehagen als Argument gegen die offene Kommunikation über die Menstruation zu nutzen? Und woher kommt eigentlich die Ablehnung, die sowohl von Männern, als auch von Frauen ausgeht?
Das Ziel sollte ein frei gewählter Umgang mit dem Thema Menstruation sein
Die Frage nach einem Tampon wird in der Regel immer noch geflüstert und das Tampon landet ganz schnell in der Hosentasche. Auch Regelschmerzen und Krämpfe während der Periode werden selten in der Öffentlichkeit besprochen.
Selbstverständlich sollte jeder damit umgehen, wie er möchte. Fühlt sich die eigene Privatsphäre schnell gestört, sollte die Toleranzgrenze gewahrt werden. Wer jedoch keine Lust auf Versteckspiele hat, der sollte die Möglichkeit haben, öffentlich mit seiner Periode umgehen zu können.
Zu Zeiten von Coffee Table Büchern, wie “Ebbe und Flut” und Kunstwerken, wie Sarah Levyns Portrait kann man wohl eindeutig sagen, dass das Thema Menstruation heute weniger schambehaftet ist. Und doch ist die offene Kommunikation immer noch häufig gehemmt. Bei Begriffen, wie “Menstruations-Märtyrerinnen” und “Feminazi” kein Wunder – wer zu viel davon redet macht etwas falsch, wer zu wenig darüber redet, macht etwas falsch.
Der Umgang mit der Menstruation in unterschiedlichen Kulturen
In vielen Gesellschaften gibt es nach wie vor eine strenge Reglementierung. So ist auch heute noch Geschlechtsverkehr während der Periode in vielen Kulturen verboten.
In Teilen Nepals gibt es immer noch sogenannte Menstruationshütten. Das Menstruationsblut und so auch die menstruierende Frau, gelten als unrein. Aus Angst, sie könnten Unheil über die gesamte Familie bringen, werden sie in alte Kuhställe verbannt.
So reihen sich Mythen über Mythen um das Thema Menstruation. Einige davon halten sich noch heute und führen dazu, dass Frauen nach wie vor nicht gleichberechtigt sind.
Soziologie der Menstruation
Genau diese fehlende Gleichberechtigung ist der Grund dafür, warum Frauen über ihre Periode sprechen sollten. Die Menstruation ist nach wie vor Symbol für die Andersartigkeit der Frau. Diese Andersartigkeit macht Angst und weckt Berührungsängste.
Dabei passiert bei jeder Frau etwa einmal im Monat das selbe: Jeden Monat reift eine Eizelle an, die befruchtet werden kann. Bleibt diese Befruchtung aus, wird das neu gebildete Gebärmuttergewebe wieder abgestoßen und es entsteht die Regelblutung. Gewöhnlich jeden Monat, gewöhnlich bei jeder Frau, die in der Lage ist, Kinder zu bekommen.
Ein neues Bewusstsein für unsere gynäkologische Gesundheit
Was kam nun zuerst: die öffentliche Kommunikation über die Menstruation oder das neue Angebot der Monatshygieneprodukte, auf das die Öffentlichkeit reagierte? So oder so ist das Bewusstsein für die gynäkologische Gesundheit gewachsen. Viele Frauen verzichten bewusst auf konventionelle Tampons um die Aufnahme von möglichen Schadstoffen zu vermeiden.
Damenhygieneprodukte: Das Angebot wächst
Menstruationstassen gibt es eigentlich schon seit den 1930er Jahren. Und doch steigen die Verbraucherzahlen erst seit wenigen Jahren in den nennenswerten Bereich. Das Bewusstsein für Alternativen zu Einwegprodukten wie Tampons und Binden, welche mitunter auch gesundheitsschädliche Wirkungen haben können, steigt. Seit wenigen Jahren sprechen wir öffentlich über unsere Erfahrungen mit der Antibabypille und ihre Alternativen. Endlich ist auch die Periode ein öffentliches Gesprächsthema geworden.
Der Kauf von Monatshygieneprodukten wird als beschämend empfunden
Spätestens als die Gründerinnen des Unternehmens “Ruby Cup” die Menstruationstasse in Kenia verbreiten wollten, fiel auf, dass viele Frauen sich gar keine Monatshygieneprodukte leisten können. Folglich besuchen menstruierende Mädchen die Schule tagelang nicht – ein Problem, das nicht nur in Kenia besteht.
Nun haben wir in Deutschland die Möglichkeit, leicht an Damenhygieneprodukte zu kommen. Nicht nur das, wir haben die Wahl zwischen Tampons, Binden, Menstruationstassen, Menstruationsschwämmen und vielem mehr. Und doch empfinden viele Frauen den Kauf dieser Produkte noch immer als unangenehm.
Von der Binde zum Tampon
In alten Kulturen wurden Binden aus Pflanzenfasern, Bast und Grad verwendet, um das Menstrualblut aufzusaugen. Im alten Ägypten wurden Binden und Tampons aus Gras gebunden. Im Mittelalter war das Tragen von Unterwäsche verboten. Entweder ließen die Frauen das Blut einfach auf die Erde laufen oder trugen selbstgenähte Stoffbinden. Die ersten Einwegbinden gab es bereits Ende des 19. Jahrhundert zu kaufen. Das heute in Deutschland meistgenutzte Monatshygieneprodukt, das Tampon, wurde in den 1950er Jahren auf den Markt gebracht.
Was steckt in konventionellen Tampons?
Tampons bestehen in der Regel aus Zellwolle, Viskose oder Baumwolle. Die äußerste Schicht ist bei konventionellen Tampons aus Synthetik. Tampons werden schädliche Inhaltsstoffe nachgesagt, allerdings gibt es dazu kaum Untersuchungen. “Öko-Test” entdeckte 2009 Rückstände des Bleichmittels Dioxin und das krebsverdächtige Formaldehyd. Jedoch blieben die Werte weit unter dem Grenzwert.
Nichtsdestotrotz wird für konventionelle Tampons keine biologisch angebaute Baumwolle verwendet, der Gebrauch von Pestiziden kann dementsprechend nicht ausgeschlossen werden.
Warum lehnen immer mehr Verbraucherinnen Tampons ab?
Schädliche Inhaltsstoffe können zwar nur in sehr geringen Werten nachgewiesen werden, jedoch hat der Ruf des Tampons in den vergangenen Jahren sehr gelitten. Tampons trocknen die Schleimhaut aus, verursachen große Mengen Müll und können während des Geschlechtsverkehrs nicht getragen werden. Zudem kommt, dass die Alternativen immer besser werden.
Welche Alternativen gibt es zu konventionellen Tampons?
Bio-Tampons
Alternativ zu konventionellen Tampons sind auch Tampons erhältlich, die zu hundert Prozent biologisch angebaut sind und aus abbaubaren Materialien bestehen. In der Regel kommen diese ohne Plastikverpackung aus und enthalten keine Schadstoffe. Der Nachteil der austrocknenden Wirkung bei Berührung mit der Schleimhaut bleibt auch bei umweltfreundlichen Tampon Variante nicht aus.
Stoffbinden
Stoffbinden sind sowohl in Geschäften und Online erhält, als auch relativ leicht selbst zu nähen. Der Vorteil ist, dass die Einwegprodukte durch langlebige Binden ausgetauscht werden, die zusätzlich noch komplett plastikfrei sind. Die Stoffbinde hat im Grunde keine Nachteile, jedoch fühlt sich nicht jeder mit Binden wohl.
Man sollte die Binden grundsätzlich nach der Nutzung mit kaltem Wasser auswaschen, bevor sie in der Waschmaschine landen, so garantiert man, dass das Blut keine Flecken hinterlässt.
Menstruationstasse
Die Menstruationstasse gewinnt aktuell reichlich an Beliebtheit. Endlich sind diese nämlich auch leichter erhältlich, beispielsweise in Drogerien. Die Menstruationstasse oder auch Menstruations-Cup genannt, ist ein aus medizinischem Silikon hergestellter Becher, der eingeführt wird wie ein Tampon. Im Gegensatz zum Tampon aber fängt der Becher das Blut auf, statt es zu absorbieren.
Die Vorteile: Die Menstruationstasse hält jahrelang und erzeugt somit keinen Müll, das Fassungsvermögen ist wesentlich größer, als das eines Tampons, wodurch der Cup bis zu 12 Stunden nicht gewechselt werden muss. Die Schleimhäute trocknen nicht aus und der Cup ist in unterschiedlichen Größen erhältlich.
Menstruationsschwamm
Der Naturschwamm hat ebenfalls den Vorteil, dass er erstens schadstofffrei ist und somit wesentlich gesundheitsfreundlicher als konventionelle Tampons und zweitens eine länger Lebensdauer hat und infolgedessen weniger umweltschonend ist.
Genau wie die Menstruationstasse wird der Schwamm in die Vagina eingeführt. Da es sich um ein Naturprodukt handelt, variieren die Größen. Wenn der Schwamm spürbar ist, kann er einfach zugeschnitten werden. Vorteil ist auch, dass der Schwamm nur überschüssige Feuchtigkeit aufsaugt und somit die Schleimhaut nicht austrocknet.
Nachteil ist, dass der Schwamm etwas weniger saugfähig ist und somit auch häufiger gewechselt werden muss. Die Lebensdauer ist wesentlich kürzer als die einer Menstruationstasse, dennoch besser als ein Einwegprodukt. Ein enormer Vorteil ist, dass der Schwamm während des Geschlechtsverkehrs getragen werden kann und im Gegensatz zu einer Binde wird das Blut trotzdem aufgefangen.
Perioden-Unterwäsche
Die Perioden-Unterwäsche kommt ganz ohne weitere Gadgets aus. Vier unterschiedliche Höschen-Modelle wurden mit einer integrierter Binde ausgestattet. Das besondere daran ist nicht nur die Wiederverwendbarkeit, sondern auch der Tragekomfort. Die Unterhosen sollen bis zu zwei Mal so viel Blut wie ein Tampon aufnehmen können und sich dabei trotzdem trocken anfühlen.
Soft Tampons
Keine optimale Alternative zu Tampons, aber durchaus interessant sind Soft Tampons. Durch ihre schwammähnliche Struktur passen sie sich optimal an und ermöglichen diskretes Tragen von Bikinis und Badeanzügen, da kein Faden sichtbar wird. Zudem werden die weichen Tampons für den Tragekomfort beim Sex beworben, wobei die Tampons funktionieren, wie der Menstruationsschwamm.
Schlecht für die Umwelt, schlecht für die Vagina
Vielleicht brauchen wir wirklich nicht mehr über Scham zu sprechen, doch ist das Thema immer noch nicht ganz Konfliktfrei. Was ist nach der letzten Bewegung in den 1970er Jahren passiert? Die Periode war definitiv nach wie vor ein kontroverses Thema und das Bewusstsein für die gynäkologische Gesundheit ist erst in den vergangenen Jahren wirklich gewachsen.
Ob man nun auf Einwegprodukte verzichten, die Gefahr der Aufnahme von Schadstoffen senken oder einfach einen bewussteren Umgang mit dem Thema Menstruation unterstützen möchte – es ist sinnvoll über das Thema zu sprechen, um das Gefühl der Peinlichkeit ein für alle mal zu beerdigen.