Kann eigentlich ein ganzes Team gestresst sein? Wenn es um Stress und Burnout geht, fokussieren wir uns meist auf die betroffenen Individuen und deren Symptome. Diese Sichtweise wird der Problematik jedoch nicht nicht ganz gerecht, weil sie den Blick auf das System, in dem der Einzelne sich befindet, ausblendet.
- Stressquellen im Team: ineffektive/ineffiziente Prozesse, mangelnde Transparenz, unklare Zuständigkeiten, Termindruck, zu wenig/nicht konstruktive Kommunikation
- Konflikte Stressquellen im Team erkennen, ansprechen, gemeinsam nach Lösungen suchen
- Gemeinsam Achtsamkeit üben
Übungen:
- Anleitung für einen internen Stressbewältigungs-Teamworkshop
- Achtsamkeitsübungen im Team
Die Gesellschaft, die Familie, der Arbeitgeber sind Systeme, die einen wesentlichen Einfluss auf unsere Gesundheit und unser Stresserleben haben. Letztlich ist jeder Einzelne aber auch Teil des jeweiligen Systems und wirkt mit seinem Verhalten in das System zurück. In gestressten Teams entstehen häufig stressverschärfende Dynamiken, die zu Erschöpfung, Demotivation und Leistungsminderung im ganzen Team führen.
Wieso haben wir das nicht früher gemerkt?
Oft entsteht so ein „Burnout-Prozess“ im Team schleichend und ist erstmal nicht eindeutig zu identifizieren. Das zeigt sich dann beispielsweise zunächst in zunehmenden Konflikten, in abnehmendem Engagement, in Entschlusslosigkeit oder darin, dass getroffene Vereinbarungen einfach nicht weiter verfolgt werden.
Irgendwann kommt dann der Zeitpunkt, wo eine übergreifende Kraftlosigkeit und Erschöpfung sich breit macht, eine Stimmung von Resignation oder gar Zynismus auftaucht. Die Stimmung im Team verschlechtert sich extrem, es kommt bei Fehlern zu gegenseitigen Schuldzuweisungen und die Leistung entspricht insgesamt nicht mehr den Anforderungen.
Das Problem ist, die meisten Teams sprechen nicht darüber und wenn, dann meist mit dem Fokus auf die einzelnen Problemstellungen. Wichtig ist es aber, sich als Team regelmäßig die Frage zu stellen: „Wie geht es uns eigentlich miteinander? Was läuft gut? Und was läuft nicht so gut? Was können wir verbessern, damit die Zusammenarbeit leichter und produktiver wird? Und haben wir eigentlich Spaß bei der Arbeit?“
Stressfaktoren frühzeitig identifizieren
Es ist deshalb sinnvoll und hilfreich, regelmäßig Workshops für genau dieses Thema zu reservieren. Einmal im Jahr sollte es darum gehen, die Qualität der gemeinsamen Arbeit zu reflektieren und das Thema Stress und Gesundheit in den Mittelpunkt zu stellen. Wichtig für einen solchen Workshop ist es, eine Haltung von Offenheit, Wertschätzung und Vertrauen miteinander zu entwickeln.
Hier spielt natürlich die Führungskultur im Unternehmen eine sehr große Rolle. Wie geht man mit Fehlern um – werden sie als Lernfeld gesehen oder eher vertuscht? Darf man sich auch mit seinen schwächeren Seiten zeigen? Beziehungsweise ist es überhaupt erlaubt, Stress zu haben oder ist man dann kein Leistungsträger mehr?
Im Anhang finden Sie einen Vorschlag für den Ablauf eines Teamworkshops. Er umfasst drei Treffen mit jeweils mehrwöchigem Abstand, was nach meiner Erfahrung insgesamt effektiver und nachhaltiger ist, als das ganze in einer einmaligen Aktion zu besprechen.
Achtsamkeit im Team – gemeinsam Werte entwickeln
Eine sehr hilfreiche Möglichkeit ist es, Achtsamkeit im Team gemeinsam zu entwickeln und zu pflegen. Für mich steht dabei an erster Stelle die Frage: Welche Werte haben wir miteinander, die für uns alle wichtig sind und unser Miteinander tragen? Beziehungsweise: haben wir eigentlich gemeinsame Werte? Begegnen wir uns mit Achtung und Respekt? Haben wir ein vertrauensvolles, offenes Miteinander? Was können wir dafür gemeinsam tun?
Wir alle brauchen Werte, die eine gemeinsame Orientierung für unsere Haltung unser Handeln bieten. Gibt es einen Wertekonflikt, kann der lähmend für die Zusammenarbeit im ganzen Team sein. Sprechen Sie im Team darüber! Welche Werte hat jeder Einzelne, auf welche gemeinsamen Werte wollen wir uns einigen? Und wie wollen wir die ganz konkret leben?
Schlüsselkompetenz achtsame Kommunikation
Im hektischen Arbeitsalltag mit den vielen herausfordernden Anforderungen ist eine gelingende Kommunikation im Team von ganz besonderer Bedeutung für die gute Zusammenarbeit.
Die kommt aber oft zu kurz. Wir verstehen uns miss, wir hören nicht richtig zu, wir interpretieren und bewerten und es kommt immer wieder zu unproduktiven Konflikten. Die Fähigkeit, wirklich tief zuzuhören, dem anderen Raum für seine Ausführungen zu lassen und nicht gleich alles zu bewerten und zu kategorisieren ist ein wahrer Schatz für gelingende Kommunikation.
Es gibt dazu eine sehr gute Übung: die Dyade. Bei der Dyade sprechen zwei Personen miteinander und üben sich dabei im tiefen Zuhören, ohne den anderen zu unterbrechen oder gleich einen Ratschlag, eine Meinung oder eine Bewertung parat zu haben. Wir hören nicht nur hin, sondern versuchen, den anderen wirklich zu verstehen und dann zu schauen, welche Wirkung das gesagt auf mich selbst hat.
Achtsamkeit in Teamsitzungen pflegen
Wenn wir in zu einer Teamsitzung zusammenkommen, herrscht oft ein gewisser Druck oder eine Anspannung, denn die Agendapunkte sind zahlreich und jeder einzelne hat viel auf dem Schreibtisch liegen, was erledigt werden will. Wir stürzen uns dann in die Themen und wundern uns, dass am Ende nicht unbedingt Einigung erzielt wird oder ein gewisser Unmut zurückbleibt.
Wie wäre es, wenn Sie eine Teamsitzung mit einer Minute Stille beginnen? Probieren Sie es mal aus – nach einem ersten Gefühl von Befremdlichkeit erlebe ich immer wieder die wunderbare Qualität dieser kleinen Übung. Denn durch die innere Sammlung entsteht die Möglichkeit, Abstand vom Vorherigen zu nehmen und sich ganz auf den jetzigen Augenblick einzulassen. Sofort entsteht eine andere Atmosphäre, die mehr von Ruhe und Fokussierung geprägt ist.
Eine andere Möglichkeit ist es, zwischendurch einen Gong zu schlagen und für einen Moment miteinander in die Stille zu gehen. Gerade wenn es im Meeting hoch her geht und die Diskussion emotional wird, ist es hilfreich, diesen Moment der Besinnung einzulegen. Dann kann jeder sich klären und beruhigen und das Gespräch wird gleich wieder geordneter und produktiver. Ich habe das schon oft erlebt und bin sehr überzeugt von dieser Möglichkeit. Der Gong steht in der Mitte und jeder, der das Bedürfnis hat, Tempo rauszunehmen, kann den Gong schlagen.
Die dadurch entstehende Achtsamkeit macht sensibler für die Wirkung der eigenen Worte und stärkt die Empathie für die Anderen. Wir können eigene Widerstände besser wahrnehmen und reflektieren und vielleicht ist es möglich, mehr und mehr eine innere Haltung von Akzeptanz zu entwickeln. Denn Akzeptanz lässt Perspektivenvielfalt zu – und genau die macht ja die Qualität einen Teams aus. Wenn verschiedene Perspektiven zusammenkommen dürfen, dann entsteht die bestmögliche Lösung.
Eigenlob stimmt!
Und nicht zuletzt kann jedes Team darauf schauen, worauf es eigentlich in erster Linie seine Aufmerksamkeit lenkt – auf die Erfolge oder auf die Misserfolge. Es ist sicher gut, Fehler zu reflektieren, um daraus zu lernen. Oft aber entsteht in Teams eine vorwiegend negative Sichtweise.
Aber wie wir alle wissen, sind Wertschätzung und Anerkennung nicht nur ein guter Motivator sondern stärkt auch die eigene Gesundheit. Also setzen Sie das Eigenlob regelmäßig auf die Agenda und fragen Sie zu Beginn eines Meetings in der Runde: Was war heute oder diese Woche alles gut? Wo waren wir erfolgreich? Was haben wir Gutes getan oder erreicht? Und wofür sind wir dankbar?
Auftakt-Interview: Wie du bei der Arbeit gelassener bleiben kannst
Teil 1: Gelassenheit im Job! Mit Achtsamkeit den Stress leichter bewältigen
Teil 2: Mit Achtsamkeit Ziele erreichen – Ressourcenorientierte Selbstführung
Teil 3: Das schaffe ich schon! Zeitmanagement und Stressbewältigung
Teil 4: Cool down! Achtsam kommunizieren auch unter hohem Stress
Teil 5: Mach kein Stress! Wirksame Stressbewältigung im Team
Teil 6: Mindful Leadership: Achtsamkeit als Führungskompetenz