Kennst du deine innere Mitte? Seine Mitte finden bedeutet letztlich, sich selbst zu kennen — und zu lieben. Coach und Körpertherapeutin Christiane Gottschalk-Steinbauer erklärt das Konzept der inneren Mitte, wie wir unser inneres Gleichgewicht wiederfinden und welche Übungen dabei helfen.
Die innere Mitte ist das Gefühl zu mir selbst, das aus dem Herzen kommt. Im Prinzip ist es die Liebe zu mir selbst. Damit meine ich nicht Narzissmus, also übertriebene Eitelkeit. Sondern einen Zugang zum eigenen Herzen und eine gewisse Selbstakzeptanz.
Das muss nicht unbedingt auf einer bewussten Ebene liegen, manche Menschen haben dieses Gefühl ganz unbewusst. Je nachdem, wie stark diese Liebe zu sich selbst ausgeprägt ist, ist man in seiner inneren Mitte oder man ist es eben nicht.
Deine innere Mitte: Selbstliebe und Selbstwertgefühl sind nicht das Gleiche
Wer eine starke Eigenliebe hat, hat wahrscheinlich auch ein hohes Selbstwertgefühl. Allerdings ist ein gutes Selbstbewusstsein keine Voraussetzung dafür, sich selbst zu lieben! Niemand ist in allen Lebensbereichen perfekt. Jeder hat irgendwo seine Schwächen oder Mängel. Der Trick ist es, sich trotz dieser Mängel zu lieben und zu akzeptieren, dass man eben nicht alles kann.
Vielleicht kannst du nicht gut kochen und wirst immer nervös, wenn du Besuch hast, den du bekochen sollst. Du weißt, dass du nicht gut darin bist und hast dementsprechend im Bereich “Kochen” ein geringes Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein. Trotzdem kannst du dich selbst lieben und annehmen. Lerne, gelassener zu werden!
Gelassenheit: Körper, Seele und Geist im Gleichgewicht
Die Basis unseres inneren Gleichgewichtes sind unsere Emotionen und diese haben Einfluss sowohl auf die mentale (geistige) als auch auf die körperliche Ebene des Menschen. Wir sind nicht gelassen, wenn unsere Gefühle nicht im Gleichgewicht sind, wenn uns etwas belastet oder blockiert, dann reagiert zunächst der Verstand und er versucht, irgendwelche Erklärungen dafür zu finden, warum ich mich jetzt gerade nicht gut fühle.
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Wenn ich es aber nicht schaffe gelassen zu sein, aus dem Ungleichgewicht wieder herauszukommen, hat das auf lange Sicht Einfluss auf meinen Körper. Wenn man beispielsweise über längere Zeit Angst oder Schuldgefühle mit sich herumträgt, dann wird sich das irgendwo auf körperlicher Ebene äußern. Meistens dort, wo der Körper vorbelastet ist.
Jeder hat seine persönliche Schwachstelle: Bei manchen ist es der Magen, bei anderen der Darm oder die Augen, wieder andere bekommen Kopfschmerzen oder Migräne. Ein seelisches Ungleichgewicht kann sich also auch physisch äußern — muss es aber nicht.
Doch genauso wie unsere Gefühle ein Auslöser dafür sein können, unser Gleichgewicht zu stören, so haben sie auch einen entscheidenden Anteil daran, dass wir Gelassenheit finden. Wenn wir zur Ruhe kommen und Zeit zum Nachdenken finden, können wir zwar Probleme oder Störfaktoren aufdecken, das Gefühl zu uns selbst finden wir aber nicht durch Analyse. Wichtig ist: In uns gibt es nicht nur schöne Gefühle, sondern auch traurige oder ängstliche. Und diese muss man genau so annehmen, wie das Schöne im Leben.
Inneres Gleichgewicht: Ich, die Anderen und die Gleichgewichtsstörer
Wenn ich meine innere Mitte kenne, also in Kontakt zu mir selbst stehe, kann ich ganz anders mit meinen Mitmenschen umgehen. Nur wer im Gleichgewicht ist, merkt, wenn ihn etwas aus der Balance bringt, und kann darauf reagieren. Eventuell muss man sich aus einer Situation oder von einer Person zurückziehen, wenn man feststellt, dass diese das Gleichgewicht stört.
Oder man kann auf seine Grenzen aufmerksam machen — sofern man sie kennt. Viele Menschen handeln aus Angst heraus. Vielleicht ist es Angst, zurückgewiesen zu werden, etwas zu verlieren oder nicht zu schaffen. Wer sich selbst liebt, hat eine ganz andere Ausgangslage, nämlich ein Gefühl der Sicherheit, aus dem heraus er auch mit anderen kommunizieren kann.
Das heißt nicht, dass ich jemanden lieben muss, der unhöflich zu mir ist oder mich vielleicht sogar angreift. Aber ich handele dann mit mehr Selbstsicherheit. Das gilt auch für positive Gefühle: Wer sich selbst liebt, der ist nicht abhängig von der Liebe der Anderen. Und er kann auch in einer Partnerschaft entspannter sein, ohne zu viel Druck auszuüben.
Was kann das innere Gleichgewicht stören?
Was uns aus unserem inneren Gleichgewicht bringen kann, ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Um es verallgemeinernd zu sagen: Alles, was Angst macht oder Schuldgefühle hervorruft, kann uns aus unserer inneren Mitte stoßen. Das kann eine Spinne sein, wenn man Angst vor Spinnen hat. Es kann ein Gewitter sein oder zu viel Druck im Job. Andere Menschen fühlen sich aber durch Spinnen, Gewitter oder Druck im Job überhaupt nicht gestört.
Wichtig ist es aber, zu wissen, was unsere jeweiligen Gleichgewichtsstörer sind, wie wir mit ihnen umgehen und wie wir zurück in unsere innere Mitte finden, wenn wir sie verloren haben.
So findest du deine innere Mitte
Die Frage bleibt aber: Wie finde ich denn nun meine innere Mitte? Wie lerne ich es, mich zu lieben, trotz all meiner Schwächen? Auch hier braucht jeder Mensch einen individuellen Weg und es gibt hunderte Möglichkeiten. Vielleicht ist es Yoga oder Tai Chi, das dir den Zugang zu dir selbst eröffnet. Vielleicht ist es Meditation oder vielleicht kann auch die Kinesiologie helfen. Bei der Kinesiologie wird das Body-Feedback untersucht, das heißt, dass Blockaden oder Stress anhand von Muskeltests entdeckt und beseitigt werden.
Eine schnelle Methode kann auch die Klopftechnik sein, wenn beispielsweise nicht genug Zeit für eine ganze Kinesiologie-Sitzung oder Yogastunde vorhanden ist. Dabei werden Akupunktur-Punkte in einer bestimmten Reihenfolge geklopft.
Aber es kommt natürlich nicht nur darauf an, die eigene innere Mitte zu kennen. Wir müssen auch dahin zurückfinden können, wenn uns etwas aus der Bahn geworfen hat. Dazu muss man als erstes herausfinden: Was genau war es, das mein Gleichgewicht ins Schwanken gebracht hat? Wenn ich mich beispielsweise mit jemandem gestritten habe, reicht es nicht, den Streit ansich oder den Anderen verantwortlich zu machen.
Ich muss mich auch fragen: Wo ist der wunde Punkt bei mir? Bin ich mit etwas noch nicht im Reinen, das durch den Streit aufgewühlt wurde? Eventuell liegt eine alte Verletzung vor, an die ich nun erinnert wurde – und der aktuelle Streit hat eigentlich gar nichts mit dem echten Problem zu tun. Wenn ich das Problem identifiziert habe, kann ich mich mit der Lösung befassen. Natürlich mit einer Methode, die für mich passend ist.
Unter Umständen kann solch ein Streit also dazu beitragen, dass ich einen alten Konflikt in mir löse, sodass mein Gleichgewicht nach dem Streit besser ist als vorher. So können auch schwierige Situationen im Alltag mir helfen, einen Schritt weiter zu meiner inneren Mitte zu finden.
Aufgezeichnet von: Manuela Hartung