Die Conscience Collection von H&M verspricht ihren Käufern als Bonus zum Einkauf ein gutes Gewissen. Tatsächlich erfüllt sie strengere Umweltkriterien – die Herstellungsbedingungen sind jedoch weniger „conscious“ als der Name suggeriert.
Vor einigen Tagen kam ich beim Bummeln an einer H&M-Filiale vorbei und fühlte mich beim Anblick des Schaufensters plötzlich von der Fußgängerzone in eine idyllische Mischung aus Blumenwiese und Dschungel versetzt: Die Schaufensterpuppen präsentierten sich in luftigen, größtenteils blumendurchrankten Kleidchen und wirkten, als würden sie für eine Aufführung des Sommernachtstraums proben. Der am Fenster stehende Schriftzug verriet, dass es sich bei dem Szenario um die neue H&M-Frühlingskollektion namens „Conscious-Collection“ handelte.
Was steckt hinter Conscious?
Der vielversprechende Name machte mich neugierig: Eine „bewusste“ Kollektion – was soll das heißen? Die H&M-Homepage verriet, dass die Conscious-Collection „Teil der H&M-Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit in der Mode“ sei. Diese Information hatte ich mir dank ausgezeichneter Kombinationsfähigkeiten bereits selbst zusammengereimt. Mich interessierte aber vor allem, für welche nachhaltigen Kriterien die Kollektion genau steht. Also recherchierte ich weiter und stieß unter der Rubrik „Conscience“ (damit betitelt H&M alle Maßnahmen, die das Unternehmen in Bezug auf nachhaltige Themen vornimmt) auf ein kurzes Filmchen, in dem die Designerin Ann-Sofie Johannson und Frau Helena Helmersson mit dem Titel „Head of Sustainability“ die Kollektion beschrieben.
Kleider aus PET-Flaschen
In dem Video stellen die beiden Schwedinnen zwei Kleider aus der Kollektion vor: Eines werde vor allem aus recyceltem Polyester hergestellt (vor allem aus ehemaligen PET-Flaschen), das andere bestehe hauptsächlich aus Biobaumwolle. Welche Kriterien die Kleidungsstücke mit dem Conscious-Etikett sonst noch erfüllten, verrieten mir leider weder der Film noch ein anderer Artikel auf der Homepage. Deswegen klickte ich mich schließlich durch die einzelnen Teile der Kollektion, um zumindest die Herstellungsinformationen in Erfahrung zu bringen. Demnach haben alle Teile aus der Conscious-Collection gemeinsam, dass sie zu 50 bis 100 Prozent aus recycelten bzw. Bio-Stoffen bestehen. Zudem lässt sich der Großteil der Kleidungsstücke schon bei maximal 40° waschen. Das mag zunächst unwichtig erscheinen – tatsächlich jedoch können die durch das Waschen verursachten Emissionen um bis zu 45 Prozent gesenkt werden, wenn Wäsche bei 40° statt bei 60° gewaschen wird. Beurteilt man die Kollektion also unter ökologischen Gesichtspunkten, so lässt sich resümieren, dass alle Kleider zu mindestens 50 Prozent umweltfreundliche Kriterien erfüllen.
Umweltbewusst ja – aber was ist mit den Herstellungsbedingungen?
Dass H&M durch eine solche Kollektion zeigt, dass man aus PET-Flaschen und sonstigem „Abfall“ wirklich schöne Kleidung herstellen kann, ist gut und wichtig. Gerade ein solch einflussreiches Modeunternehmen kann dadurch mit Sicherheit dazu beitragen, dass umweltfreundliche Mode ein trendiges Image bekommt und aus der Öko-Schublade befreit wird. Auf der anderen Seite verspricht das Nachhaltigkeits-Marketing H&Ms jedoch sehr viel mehr, als es bei genauerem Hinsehen hält: Zum einen besteht die Conscious Collection tatsächlich nur aus 26 Teilen für Frauen (für Männer sind es gerade einmal 6) und macht somit nur einen verschwindend geringen Teil des gesamten Warensortiments aus. Zum anderen fördert die Bezeichnung „conscious“ Missverständnisse: Als Konsument gehe ich davon aus, dass die Bezeichnung „bewusst“ sich auf 100 Prozent der Materialien bezieht und dass sie auch soziale Kriterien erfüllt. Dies ist jedoch nicht der Fall: Die Kleidungsstücke der Conscious Collection werden unter den gleichen Bedingungen hergestellt, wie das übrige Warensortiment von H&M. Und diese Bedingungen sind in vieler Hinsicht noch sehr verbesserungsdürftig. Die Näherinnen in den asiatischen Sweatshops sind jedenfalls noch weit entfernt vom Sommernachtstraum.
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