Am Heilfasten scheiden sich die Geister. Die einen halten es, wissenschaftlich untermauert, für eine Wundermethode, mit der alle möglichen Krankheiten geheilt werden können. Die Kritiker halten dagegen, dass es für diese Wirkungen eben keine wissenschaftlichen Beweise gibt. Doch jenseits des Expertenstreites: Was kann Fasten wirklich bewirken und für wen ist es geeignet?
Fakt ist, dass der menschliche Stoffwechsel seit tausenden von Jahren darauf eingestellt ist, eine zeitlang ohne oder mit nur sehr wenig Nahrung auszukommen. In der Entwicklungsgeschichte der Menschheit hat es immer wieder Phasen gegeben, in denen die Nahrung knapp war. Und neueste Forschungsergebnisse weisen darauf hin, dass diejenigen, die regelmäßig eher wenig essen, statistisch betrachtet, älter werden als Menschen, die „normale“ Essensmengen zu sich nehmen.
Ob durch den Nahrungsentzug jedoch eine „innere Einkehr“ möglich ist, wie es die Verfechter des Fastens behaupten, ist wohl eher eine individuelle Angelegenheit. In der christlichen Tradition soll der bewusste Verzicht in der Fastenzeit den Menschen öffnen für religiöse Erfahrungen. Allerdings sind solche Erfahrungen mit Hilfe von Meditation auch ohne Fasten möglich.
Für wen ist Heilfasten geeignet?
“Fasten bedeutet einen tiefen Eingriff in die körperlichen Prozesse und sollte daher nie ohne ärztliche Beratung begonnen werden“, sagt Ernährungsexpertin Alexandra Krotz. „Fasten bedeutet bereits für gesunde Menschen unter normalen Lebensumständen eine Belastung. Daher sollten Kranke unbedingt darauf verzichten.“ Gleiches gelte für Schwangere, stillende Mütter und Jugendliche, die einen erhöhten Nährstoffbedarf haben und für Menschen mit Untergewicht. „Bei psychisch labilen Menschen können Hungerkuren Essstörungen bis hin zur Magersucht oder Bulimie auslösen.“
Heilfasten heilt demnach überhaupt nicht?
„Heilfasten wird in erster Linie therapeutisch zur Behandlung von ernährungsbedingten Stoffwechselkrankheiten eingesetzt“, so Krotz weiter. „Die Anhänger des Heilfastens gehen davon aus, dass durch das Fasten Selbstreinigungsprozesse im Körper in Gang gesetzt werden und sich dadurch bestimmte Erkrankungen wie Arthritis, Allergien und Gicht günstig beeinflussen lassen. Aber es gibt bislang keinen wissenschaftlichen Beweis für diese Heilwirkungen.“
Außerdem solle der Körper durch das Fasten „entschlackt“ werden, aber — so die Expertin, „der menschliche Körper kann überhaupt keine Schlacken und Stoffwechselprodukte ansammeln. Nicht verwertbare Substanzen werden bei ausreichender Flüssigkeitszufuhr über Darm und Niere ausgeschieden.“
Aber zum Abspecken ist Heilfasten die richtige Methode?
„Leider nein. Zur dauerhaften Gewichtsreduktion ist das Heilfasten nicht geeignet, wenn sich an die Fastenkur keine grundlegende Nahrungsumstellung anschließt.“ Fasten ohne Eiweißzufuhr führe zudem zum Abbau der Muskulatur, was unerwünscht sei. Außerdem senke der Körper seinen Grundumsatz, was bedeute, dass nach einer Fastenkur bei normaler Nahrungsaufnahme das Gewicht wieder ansteigen könne. „Das ist dann der berühmte Jojo-Effekt.“
Wer keine Wunder von der Fastenkur erwartet und körperlich gesund ist, kann mit dem Heilfasten aber durchaus seine eigenen, positiven Erfahrungen machen.
Tipps fürs Fasten
Tipp 1: Die Ärztegesellschaft Heilfasten empfiehlt, ähnlich wie Alexandra Krotz, in jedem Fall zuerst einmal mit dem Hausarzt über das Fastenexperiment zu sprechen. Insbesondere Diabetiker und Patienten mit Gicht sollten auf keinen Fall ohne ärztliche Begleitung fasten
Tipp 2: Um den gefürchteten Muskelabbau zu verhindern, sollte nicht mit einer Nulldiät gefastet werden, sondern etwa mit einer Saft- und Molke-Trinkkur. Hierbei werden dem Körper notwendige Vitamine, Mineralstoffe und Proteine zugeführt, sodass er nicht anfangen muss, „sich selbst zu verdauen“.
Tipp 3: Beim Fasten werden Fettstoffwechsel-Abbauprodukte freigesetzt, zum Beispiel Ketone. Diese Stoffe müssen ausgeschieden werden, weil sonst Organe, wie etwa die Nieren geschädigt werden können. Es ist daher unbedingt notwendig, dass der Fastende mindestens 2,5 Liter Flüssigkeit in Form von Wasser oder Kräutertees (keinen Schwarzen Tee oder Kaffee) über den Tag verteilt trinkt.
Tipp 4: Es empfiehlt sich, die Fastenkur mit einer Darmentleerung zu beginnen. Hierzu werden ein bis drei Teelöffel Glaubersalz in ein großes Glas mit lauwarmem Wasser gerührt und getrunken. Die Menge ist individuell. Jeder Mensch reagiert unterschiedlich empfindlich auf Glaubersalz.
Tipp 5: Die Fastenkur zuhause sollte nicht länger als fünf bis sieben Tage dauern. Wer länger fasten will, sollte hierfür in eine Fastenklinik gehen. Die Nahrungsaufnahme nach dem Fasten – das so genannte Fastenbrechen – sollte allmählich mit frischem Obst erfolgen, später mit Gemüse und naturbelassener Kost. An den ersten Tagen sollte möglichst wenig gegessen werden, damit sich der Körper langsam wieder an die Nahrung gewöhnen kann.