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Glücklich werden durch Herzfitness: Das Herz ist unser Glücksmuskel

Was haben Lamas, Herz und Glück miteinander zu tun? Sie bilden einen Dreiklang zum Glück, sagt Beate Pracht, denn zusammen machen sie uns glücklich.
Beate Pracht
von Beate Pracht
Beate Pracht Interview Das Herz unser Glücksmuskel© Beate Pracht

Kann man Glück wirklich trainieren? Ja, meint Beate Pracht, Sportwissenschaftlerin und Autorin des Buches “Das Herz, unser Glücksmuskel”. Denn das Herz kann man, wie jeden Muskel, trainieren. Auch zum Glücklichsein. Im Interview erklärt sie, wie das funktioniert und warum es sogar notwendig ist.

evidero   Liebe Frau Pracht, Ihr neues Buch “Das Herz, unser Glücksmuskel” ist gerade erschienen. Das scheint erst einmal widersprüchlich zu sein. Erklären Sie uns, was Sie unter “Herzfitness” verstehen?

Unser Herz ist ein wunderschönes Organ – und ein Muskel noch dazu. Tagein, tagaus pumpt es zuverlässig das Blut durch unsere Adern. Aber unser Herz ist noch viel mehr als das: Es ist ein starker Impulsgeber an unser Gehirn und unseren Körper. Es kann sogar unsere Emotionen beeinflussen, wie wissenschaftliche Studien belegen. Ich stütze mich dabei auf Forschungsergebnisse des Institute of HeartMath® in Kalifornien USA.

Nach den neuesten Forschungsergebnissen ist es so: Herz und Gehirn kommunizieren miteinander, indem sie sich gegenseitig Informationsimpulse senden. Dabei ist das Herz der größere Sender. Es versendet weit mehr Impulse an das Gehirn als es von dort empfängt.

Dazu kommt noch ein zweites, interessantes Forschungsergebnis: Wissenschaftler können ein elektromagnetisches Feld um Herz und Gehirn nachweisen. Und auch hier ist das Herz ganz weit vorne: Das Kraftfeld des Herzens ist um ein vielfaches größer als das des Gehirns. Wenn Sie daher ihr Herz dazu bringen, positive und harmonisierende Informationen auszusenden anstatt Stress, dann nutzen Sie einen viel größeren Hebel. Das macht es so wichtig, „herzfit“ zu werden.

Unter Herzfitness verstehe ich die Fähigkeit eines Menschen, in oder kurz nach einer Stresssituation wieder „herunter“ zu kommen und die eigenen Emotionen wieder in Einklang zu bringen.

Daher ist für mich jemand dann „herzfit“, wenn er gelernt hat, bei emotionalen Belastungen, bei Stress oder ähnlichen herausfordernden Situationen schnell wieder innerlich ruhig zu werden. Herzfitness bedeutet im zweiten Schritt aber auch, dass er gelernt hat, nicht mehr weiter Spielball seiner Gefühle zu sein, sondern seine Emotionen selbst aktiv zu steuern.

evidero   Können Sie uns ein Beispiel für Herzfitness nennen?

Stellen Sie sich zwei gesunde Menschen vor, die sich ein Wettrennen einen steilen Berg hinauf liefern. Oben angekommen, sind beide komplett außer Atem. Nach wenigen Minuten hechelt aber der Eine immer noch heftig und schnappt nach Luft, während der Zweite schon tief durchatmet und die Aussicht genießt.

Was macht den Unterschied? Ganz einfach: der Erste, der noch nach Atem ringt, ist ungeübt und bewegt sich im Leben relativ wenig. Er hat seine Muskeln nicht trainiert. Der Zweite macht viel Sport, joggt beispielsweise, oder übt sich in einer anderen Sportart. Seine Muskeln sind trainiert darin, Leistung zu erbringen und schnell wieder zu regenerieren. Erkennen Sie den Unterschied?

Und so ist ähnlich ist es auch mit der Herzfitness – Wer seinen „Glücksmuskel“ regelmäßig trainiert, kann schneller wieder durchatmen und ist emotional freier. Der Stress fällt rasch von ihm ab. Auch stark emotional belastende Lebenssituationen wie beispielsweise Krankheit, Arbeitsplatzbelastungen, Verlust eines Menschen oder eines Tieres können so besser bewältigt werden. Und man hat einfach mehr Kraft auch dafür, das Leben zu genießen, wie der Sportler in meinem Beispiel die Aussicht.

Dahin kommt man allerdings nicht über ein leistungsorientiertes Sporttraining. Man braucht ein Training, bei dem man übt, einen Zustand von innerer Balance herzustellen, wie mein Glücksmuskel- und das Herzintelligenz®-Training. Und so ein Übungsprogramm habe ich in meinem Buch zusammengestellt: Eine Anleitung, um stressfrei und glücklich zu werden. Jeder auf seine eigene, individuelle Art und Weise.

evidero   Sie arbeiten schon seit vielen Jahren im Bereich der Lamatherapie und nennen die Lamas Ihre “Co-Therapeuten”. Wieso gerade Lamas?

Wo soll ich anfangen? Vielleicht damit, dass Lamas sanfte, freundliche, achtsame, gelassene Tiere sind, die ein in-sich-ruhendes Selbstvertrauen ausstrahlen? Damit, dass sie wunderschöne Augen und Wimpern haben und beim Gehen mit ihren weichen Schwielensohlen keine lauten Geräusche machen? Oder damit, dass Lamas keine Tierhaarallergien auslösen und als Herdentiere sehr sozial sind?

In erster Linie war es eine Herzensentscheidung. Und dann habe ich mich intensiver mit diesen sanften, südamerikanischen Tieren beschäftigt und festgestellt, dass mein Herzgefühl auf die richtigen Tiere gesetzt hatte: auf Lamas.

Für mich sind Lamas nicht einfach nur faszinierende Tiere, sondern richtiggehende Herzensöffner. Sie haben ein Herz, das mehr als doppelt so groß wie unseres ist. Und ich erlebe beinahe täglich, wie meine fünf „Prachtlamas“ Menschen im Herzen berühren – durch ihre unvergleichliche Art. Einfach dadurch, dass sie sind, wie sie sind. Eine Begegnung mit den Prachtlamas auf „Herzenshöhe“ allein kann schon heilsam und entspannend wirken.

Natürlich können Sie jetzt nicht von einem Lama erwarten, dass es ein Feuerwerk an Herzensgefühlen bei jedem Menschen und sofort entfacht. Es ist eher eine stille, innere Berührung, die die Menschen weich und sanft und ruhig werden lässt. Wer sich innerlich auf die Begegnung mit einem Lama einlässt, kann erleben, wie Sorgen verblassen, Ruhe einkehrt und sogar manch eine Muskel-Verspannung nachlässt.

In der tiergestützten Arbeit ist ein achtsamer Vertrauens- und Beziehungsaufbau wichtig und für alle Menschen heilsam. Eine Berührung von Herz zu Herz.

evidero   Man kann immer häufiger in den Medien davon lesen, dass die Menschen zwar eigentlich immer mehr haben, aber dennoch unzufriedener werden. Sind wir alle “herzkrank”?

Man darf nicht vergessen, dass wir uns dieses „mehr haben“ im Grunde sehr teuer erkaufen: Denn es zieht ein „mehr“ an Termindruck, Leistung, Geld, Anforderungen, Belastungen nach sich. Kurz: ein Mehr an Stress.

Wir haben oft zwar „mehr“, aber tun und leben nicht „mehr“ von dem, was uns entspricht. Viele Menschen empfinden ihr Leben als ganz „Okay“, aber es ist für sie nicht wirklich herz- und sinnerfüllend. Zufriedener und glücklicher werden wir, wenn wir uns im Herzen berühren lassen und wenn wir auch andere Menschen im Herzen berühren: füreinander da sein, einander helfen und unterstützen, dafür sorgen, dass alle ihre eigenen Stärken, Fähigkeiten, Vorlieben und Potentiale leben können.

Das Schlimme ist: Oft spüren Menschen die Belastungen gar nicht mehr bewusst. Der Stress ist zu einer Dauerbelastung geworden, die wir nicht mehr loswerden und die wir nicht mehr spüren. Und doch ist sie da. Das zeigt sich auch in der steigenden Anzahl an Krankheitsausfällen aufgrund psychischer Erkrankungen wie Burnout, die die Krankenkassen in den letzten Jahren regelmäßig melden. Aber dieser Stress ist da. Und er ist messbar.

evidero   Woran können wir erkennen, dass unser Glücksmuskel nicht (mehr) fit ist?

Anzeichen dafür können sein, wenn Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Schlafstörungen oder Reizbarkeit zunehmen oder man das Gefühl hat, unter Hochspannung zu leben und gar nicht mehr entspannen zu können.

Das Problem ist: Menschen haben unter Dauer-Stress-Belastung eine reduzierte und schlechtere Selbstwahrnehmung. Viele können oft gar nicht mehr spüren, wie sehr ihr Körper sich anstrengen muss, um noch zu funktionieren. Die eigenen Wünsche und Bedürfnisse fallen hintenüber. Man arbeitet zu viel über die eigentliche Leistungsfähigkeit hinaus.

Mit Herzfitness ist ja die Fähigkeit gemeint, im Herzen einen harmonischen, ausbalancierten Zustand zu erreichen. Einen Zustand, der in einem Wort „Herzkohärenz“ genannt wird. Mit dem Glücksmuskel-Training kommt man in diese Herzkohärenz und wird wieder „herzfit“.

evidero   Körper – Emotionen – Gedanken. Aus Ihren bisherigen Erfahrungen – wo und wie äußert sich denn am ehesten eine innere Unausgeglichenheit?

Alles hängt zusammen: Körper, Emotionen und unsere Gedanken. Stress und Belastungen zeigen sich auf allen Ebenen. Es hängt individuell vom Einzelnen ab, was er als erstes wahrnimmt. Ein Mensch ist ein komplexes System, bei dem die emotionale und mentale Ebene eng mit der Körperebene verbunden sind.

Bei manchen Menschen zeigt es sich zuerst im Körper: Verspannungen, häufige Rücken- oder Kopfschmerzen. Bei anderen macht es sich in der Gefühlswelt bemerkbar: Entweder gibt es nur eine kleine Palette von Emotionen anstatt eines bunten Blumenstraußes an Gefühlen – positive wie negative – oder es zeigen sich verstärkt Nervosität und Reizbarkeit. Wieder andere sind in einem Hamsterrad von negativen Gedanken gefangen und sie machen sich dadurch ihr Leben schwer.

evidero   Welche Rolle spielt Achtsamkeit in Ihrem Konzept der Herzintelligenz®?

Mir geht es darum, Menschen zu begleiten, damit sie wieder spüren: „Was will ich wirklich? Was entspricht mir? Was berührt mich im Herzen? Was macht mich glücklich?“ Wer das weiß und spüren kann, hat seine innere Achtsamkeit, seine Intuition und seine Motivation geweckt. Alles Fähigkeiten und Kräfte, die von innen nach außen wirken und die aus dem Herzen kommen. Aus dem Organ, dass das größte messbare Kraftfeld besitzt: das Herz.

Die Übungen, die ich für das Buch ausgewählt habe, verstärken diese Fähigkeiten. Sie helfen, Intuition und Achtsamkeit für sich, für andere Menschen und auch für die Natur- und Tierwelt zu entwickeln. Die Glücksmuskel- und Herzintelligenz®-Übungen stärken unsere Intuition und unsere Wahrnehmungsfähigkeiten.

evidero   Viele Motivationstrainer nutzen positive Affirmationen – Sie nicht. Wieso?

Intrinsische Motivation, also Motivation, die von innen kommt, entsteht, wenn wir innerlich klar sind. Wenn wir im Herzen wissen, was wir wollen und wer wir sind. Wenn wir selbstbewusst sind und uns Erfolg „erlauben“ können. Darum geht es in meinen Trainings. Es geht eben bewusst nicht darum, durchzuhalten, mehr in weniger Zeit zu schaffen oder über die eigenen Leistungsgrenzen hinaus zu arbeiten. Es geht darum, sich selbst zu spüren und eine innere Kraft aufzubauen. Eine Kraft, die aus Freude entsteht und aus dem Herzen kommt. Darum heißt es ja auch „Glücksmuskel-Training“.

evidero   Können Sie uns eine Beispielübung aus dem Buch nennen, mit der man sein Herz trainieren kann?

Die Übung „Herzatmung“ ist eine sehr schöne Einsteiger-Übung und ich empfehle sie sehr gerne. Es ist die erste Übung in meinem Glücksmuskel-Buch.

Durch die Herzatmung werden Sie Ihrem Körper gegenüber sensibler und können ihn besser wahrnehmen. Hier geht es darum, den Fokus auf das Herz zu richten und in das Herz hinein zu spüren. Ein kohärenterer, balancierterer Zustand stellt sich nach und nach ein. Achten Sie auf kleine Veränderungen in Ihrem Leben. Fällt Ihnen nach der Übung etwas leichter oder kommen Sie auf neue Ideen oder Lösungen für ein Problem.

Das können Hinweise darauf sein, dass Sie eine Herzkohärenz erreicht haben. Bei der Übung geht es erst einmal »nur« ums Atmen und um den Fokus auf das eigene Herz. Es geht nicht so sehr um das Ergebnis, das man dann in einem bestimmten Gefühl messen kann. Es geht um ein absichtsloses Atmen. Die Herzatmung können Sie zu jeder Zeit ausführen. Da Sie damit jedoch schnell zur Ruhe gelangen, ist sie vor dem Schlafengehen besonders zu empfehlen.

Die Übung „Herzatmung“

Setzen oder legen Sie sich hin. Nehmen Sie eine für Sie bequeme Haltung ein. Lenken Sie Ihre Wahrnehmung auf die Atmung. Versuchen Sie dabei nicht, Ihre Atmung zu verändern, sondern atmen Sie, wie Sie immer atmen. Nehmen Sie Ihren Atem nur bewusst wahr und lassen Sie die Luft ganz natürlich strömen. Während Sie sich auf Ihren Atem konzentrieren, werden Ihnen vermutlich viele Gedanken durch den Kopf gehen. Genauso können auch Gefühle auftauchen.

Lassen Sie beides zu. Versuchen Sie nicht, Gedanken oder Gefühle zu unterdrücken. Bleiben Sie bei Ihrem Atem und nehmen Sie Ihre Gedanken und Gefühle wahr wie einen Kinofilm. Achten Sie allerdings darauf, nicht von Ihren Gedanken oder Gefühlen ergriffen zu werden. Für die Dauer der Übung sind Sie in diesem Film nur Zuschauer.

Legen Sie als Nächstes beide Hände mittig auf die Brust und lenken Sie Ihre Aufmerksamkeit auf das Herz. Können Sie seine Schläge spüren?

Stellen Sie sich vor, als ob der Atem durch Ihr Herz in den Körper strömt und alles in Ihnen versorgt. Mit der Vorstellung, durch Ihr Herz zu atmen, verstärken Sie die natürlichen Prozesse im Körper. Atmen Sie dabei etwas langsamer und tiefer als gewöhnlich. Verbleiben Sie für einige Minuten bei Ihrem Herzen und richten Sie danach Ihre Aufmerksamkeit wieder auf Ihre Umgebung. Sie können an dieser Stelle die Übung beenden oder mit dem nächsten Schritt weitermachen.

Bleiben Sie mit Ihrer Konzentration bei der Atmung. Stellen Sie sich vor, dass Ihr Atem durch den gesamten Körper fließt. Als Bild hilft die Vorstellung einer sanften Meereswelle. Beim Einatmen strömt die Welle durch die Fußsohlen über die Beine hinein in den Leib und schließlich bis in den Kopf. Beim Ausatmen strömt sie vom Kopf durch den Körper hinab in die Füße und aus dem Körper heraus. Sie können das Tempo der Strömung selbst festlegen. Wenn Sie möchten, können Sie pro Einatmen und Ausatmen einen ganzen Wellenzyklus absolvieren. Wenn Ihnen langsame Wellen lieber sind, nehmen Sie sich die Zeit für mehrere Atemzüge. Machen Sie insgesamt fünf bis sechs Wiederholungen.

Im letzten Schritt sammeln Sie Ihren Atem wieder in der Brust. Nehmen Sie immer stärker Ihre Umgebung wahr und fühlen Sie das Hier und Jetzt, um die Übung zu beenden.

 

Einen Tipp möchte ich allen Lesern und Leserinnen hier zum Ende hin ans Herz legen:

Machen Sie die Herzatmung über 4-6 Wochen mehrmals am Tag, mindestens aber täglich. So entwickelt sich eine Art unbewusste Gewohnheit, immer wieder im Alltag für einen Moment in der Herzkohärenz zu sein. Das wird Ihnen das Leben enorm erleichtern – und es können kleinere Wunder, wie schöne Zufälle, geschehen.
Bleiben Sie dran!

evidero   Liebe Frau Pracht, wir danken Ihnen für das Interview.

Die Fragen stellte: Manuela Hartung

Beate Pracht
Expertin: Beate Pracht
Beate Pracht arbeitete 15 Jahre als Sporttherapeutin in einer Fachklinik für psychosomatische Erkrankungen und begleitet seit mehr als 20 Jahren Menschen zu einem erfolgreicheren und gesünderen Leben...