Nudist sucht Nudistin, Single-Mom sucht Single-Dad. Partnerbörsen im Internet boomen, wer jedoch spezielle Wünsche hat, ist nicht bei jeder gut aufgehoben. Die Partnerbörse “Gleichklang” versucht, auch Menschen jenseits den Mainstreams zusammenzubringen. Kann das funktionieren?
Mit dem Blindenstock die Liebe zu finden, ist nicht einfach. Davon kann Hartmut B.* ein Lied singen. Der 49-Jährige kam mit einer Augenerkrankung zur Welt und ist seit seinem sechsten Lebensjahr blind. „Einmal habe ich eine Zeitungsanzeige aufgegeben, in der ich meine Behinderung nicht erwähnte. Damit hatte ich die Ablehnung zwar auch etwas provoziert, aber die Reaktionen waren trotzdem sehr frustrierend.“ Als er begann, im Internet nach einer Partnerin zu suchen, beschloss er deshalb, von vornherein mit offenen Karten zu spielen.
Erfahrungen mit Gleichklang: Die richtige Partnerbörse abseits des Mainstreams?
„Ich wollte mich nicht erst im Kontakt mit jeder Einzelnen als blinder Mensch outen und schon deswegen abgelehnt werden“, erzählt der Verwaltungsbeamte. Schließlich stieß er auf die Online-Singlebörse Gleichklang und hatte das Gefühl, dort die richtige Plattform für seine Suche gefunden zu haben.
Singlebörse mit Idealen?
„Hier sind Menschen mit sozialer und ökologischer Verantwortlichkeit“, wirbt Gleichklang auf der Startseite. Nicht nur Menschen mit Handicap sollen hier ihr Glück finden. Alleinerziehende, spirituell Orientierte, Vegetarier, Homosexuelle oder Friedensbewegte: Gleichklang hat es sich zum Ziel gesetzt, all diejenigen zu verkuppeln, die nicht in die Schublade mit dem Label „Mainstream“ passen. Eine Singlebörse mit Idealen, die mit dem Slogan „lieber klein als skrupellos“ wirbt.
Das wird schon bei der Anmeldung deutlich. 40 Euro kostet die Mitgliedschaft im Jahr, eine kostenlose Mitgliedschaft ist nicht möglich. Das soll „100% echte Profile und ernsthafte Interessierte“ garantieren. Um dem sozialen Anspruch gerecht zu werden, wird die Teilnahmegebühr jedoch bei finanziellen Notlagen auf sechs Euro ermäßigt. Das spricht für den ehrlichen Idealismus der Betreiber.
Was macht Gleichklang besonders?
12.000 Mitglieder hat Gleichklang derzeit. Eine kleine Gemeinschaft im Vergleich zu den großen Fischen im Kuppel-Service wie Parship oder FriendScout24, die rund fünf bzw. zehn Millionen Mitglieder zählen (der Vergleich mit Tinder lohnt kaum, 2019 sollen etwa 50 Millionen Nutzer*innen bei Tinder angemeldet sein). Und auch in der Zusammensetzung ihrer Mitglieder unterscheidet sich die alternative Singlebörse von der Konkurrenz.
Während bei den meisten Partner-Vermittlungen starker Männerüberschuss herrscht, kommen bei Gleichklang auf einen Mann etwa zwei Frauen. Das liege daran, so Gleichklang-Geschäftsführer Seksan Ammawat , dass „Frauen sich stärker für ernsthaft-seriöse Dating-Seiten interessieren und auch bei einer unserer Kerngruppen – den Alleinerziehenden – überrepräsentiert sind“. Derzeit suchen auf der Seite circa 2.000 alleinerziehende Mütter, aber nur 215 alleinerziehende Väter einen Partner.
Der Singlebörsenvergleich: Zu alternativ und zu dogmatisch?
Neben den großen Kerngruppen wie den Alleinerziehenden oder Vegetariern – fast ein Viertel der Mitglieder – bietet Gleichklang auch kleinen Interessengruppen eine Plattform: Nudisten, Pansexuellen oder Asexuellen beispielsweise. Doch ist es sinnvoll, all diese verschiedenen Lebensstile in einen Topf zu werfen?
Pamela Moucha vom Internetportal „Singlebörsen-Vergleich“ hat daran Zweifel: „Gleichklang will mit seinem Angebot eine Reihe von Nischen-Singlebörsen abdecken. Wir denken aber, dass Menschen mit speziellen Bedürfnissen in einer auf sie zugeschnittenen Singlebörse besser bedient sind, weil sie dort eine größere Auswahl an Gleichgesinnten treffen. Ich würde also einer Alleinerziehenden eher eine gute ‘Single-Mom-Börse’ empfehlen.“
Kritisch findet Moucha auch, dass Gleichklang sich so betont alternativ darstellt, dass es schon fast wieder dogmatisch sei: „Der eigentlich schöne Kerngedanke – das Menschliche – wird hier leider etwas humorlos in die Welt der Singles getragen.“ Beispielhaft dafür verweist sie auf ein Werbevideo der Kennlernbörse, das tatsächlich auf die meisten Zuschauer eher verschreckend wirkt als zur Mitgliedschaft „animiert“.
Fazit: Wie bewertet Hartmut B. die Partnerbörse Gleichklang?
Abgesehen von diesen kritischen Anmerkungen ordnen die Macher von „Singlebörsen-Vergleich“ Gleichklang auf der Liste für gute Partnervermittlungen im Netz ein. Hartmut B. jedenfalls hat mit Hilfe von Gleichklang schließlich doch noch blind die Liebe gefunden. Nach seiner Anmeldung erlebte er „alles vom netten Austausch über Traurigkeit, weil ich keine Antwort bekam, bis hin zum berühmten Kribbeln.“ Eine Beziehung entwickelte sich aber nicht daraus und nach einem Jahr hatte er das Gefühl, dass Gleichklang zwar eine seriöse und gute Partnervermittlung sei, dort aber nicht die Menschen waren, die er suchte.
Doch dann schlug ihm die Singlebörse eine Frau vor, die sein Interesse weckte. „Wir waren beide von Anfang an sehr ehrlich miteinander. Wir wollten den anderen wirklich kennenlernen. Nachdem wir drei Wochen geschrieben und telefoniert hatten, trafen wir uns schließlich. Seit zwei Jahren sind wir glücklich zusammen und werden demnächst auch in eine gemeinsame Wohnung ziehen.“
*Name der Redaktion bekannt