Fasten – das ist religiös und bedeutet Verzicht. Verzicht auf Schokolade oder Alkohol, in jedem Fall auf etwas, das Spaß macht. Habt ihr auch diese Assoziation? Dabei kann fasten so viel mehr sein – ein geregelter Einstieg in ein gesünderes Leben zum Beispiel. Besser als jede Diät und jeder gute Jahresvorsatz. Ernährungsberaterin Antje Brand erklärt uns, was sie unter fasten versteht – und warum sie es jedem von uns ans Herz legen möchte.
Ich bin keine große Freundin von einem Fasten, bei dem den ganzen Tag nichts gegessen und nichts getrunken wird. Das religiöse Fasten betrachte ich also kritisch, aus dem einfachen Grund, dass hier die Gefahr besteht, dass sich der Mangelzustand unseres Körpers noch verschlimmert. Über den werde ich aber an anderer Stelle noch reden.
Der Körper braucht Vitamine und Nährstoffe, um gesund zu bleiben
Wir schütten ja auch kein Bier in unser Auto! Wenn wir uns also in einem Mangelzustand befinden, wieso sollten wir dann ausgerechnet noch fasten? Hier sollten wir mal darüber nachdenken, was wir unter “fasten” eigentlich verstehen. Unsere erste Assoziation ist sicherlich, auf etwas zu verzichten. Das ist auch nicht verkehrt, wenn es richtig gemacht wird. Tag für Tag geben wir unserem Körper eine ganze Palette an Stoffen, die er weder verarbeiten noch gebrauchen kann. Diese sind ideale Kandidaten, um weg-gefastet zu werden.
- Fabrikzucker
- Limonaden
- Fertigprodukte
- Fast Food
- Süßigkeiten
- Alkohol
- Zigaretten
Diese Produkte sind künstlich hergestellt, mit Chemie vollgepumpt und schädlich für unseren Körper. Sie müssen von der Leber verarbeitet werden, die unser größtes Entgiftungsorgan ist. Im Prinzip füttern wir unseren Körper mit etwas, mit dem er überhaupt nichts anfangen kann. Was gehört also stattdessen auf euren Speiseplan? Alles, was die Natur uns bietet:
- Frisches Obst
- Frisches Gemüse
- Vollkornprodukte
- Nüsse
- Saaten (Kürbiskerne, Sonnenblumenkerne)
- Honig
- Wasser
Eine Fastenzeit oder Ernährungsumstellung sollte 40 Tage dauern
Die meisten Menschen gehen Diäten und auch das Fasten falsch an. Sie glauben, sie können das ganze Jahr ungesund leben und machen dann eine 7-Tage-Diät oder verzichten während der Fastenzeit auf den ganzen ungesunden Kram und danach ist alles wieder gut. Es gibt ja auch genug Anbieter, die uns die passenden Produkte dafür verkaufen, irgendwelche Diät-Pülverchen, die perfekte Figur in nur 14 Tagen. Das ist eine Lüge.
Denkt doch mal an einen Leistungssportler. Um gut zu sein, in dem was er tut, muss er sein Leben lang von klein auf trainieren und am Ball bleiben. Genau so beim Erlernen eines Musikinstrumentes oder einer neuen Sprache. Wenn man nicht regelmäßig übt, lernt man es nicht oder verlernt es wieder. Wie kommt man auf die Idee, dass das bei Gesundheitsfragen anders sein könnte? Egal ob es um körperliche oder seelische Gesundheit geht: Gesund bleiben erfordert Arbeit. Das geht nicht von heute auf morgen und es reicht auch nicht, 40 Tage gesund zu leben und danach in alte Muster zu verfallen.
Eine gesunde Ernährung funktioniert nur, wenn man Schritt für Schritt gesünder lebt
Wer wirklich etwas für seine Gesundheit tun möchte, kann nicht 40 Tage im Jahr auf alles “leckere” verzichten und sich danach wieder auf die faule Haut legen. Da muss man dranbleiben und damit man das schafft, muss es Spaß machen – und man muss kleine Schritte setzen, Baustein für Baustein. Niemand verlangt, dass ihr von jetzt auf gleich auf jeglichen Fabrikzucker und jeglichen Alkohol verzichtet. Aber testet doch mal, was mit eurem Körper passiert, wenn ihr diese Stoffe reduziert oder durch etwas anderes, gesünderes ersetzt. Ihr werdet feststellen: Ihr habt Erfolgserlebnisse, denn ihr verändert euch zum Positiven.
Man kann nicht nur vom Essen fasten
Gesundheit ist ein Konzept, das nicht nur vom Essen allein abhängt. Ich habe das schon angedeutet: Wir müssen ganzheitlich denken. Die Ernährung ist nur ein Teil der Gesundheit. Weitere Teile sind Bewegung, Entspannung, Stressreduktion oder Meditation. Wer sich immer gut ernährt, aber gleichzeitig immer schlecht gelaunt ist, rumnörgelt oder rumschreit, der wird krank. Und das bringt mich zu meinem letzten Punkt, den ich euch ans Herz legen möchte:
Wenn ihr die 40 Tage der Fastenzeit nutzen möchtet, um euer gesamtes Leben zu verbessern, dann fastet nicht nur von bestimmten Produkten, sondern fastet auch von Dingen, die nichts mit Essen zu tun haben. Tut eurem Geist etwas gutes. Achtet in der Fastenzeit darauf:
- Wie oft am Tag nörgele ich?
- Wie oft streite ich mich mit jemandem?
- Wo ärgere ich mich über Dinge, bei denen es gar nichts nützt, sich zu ärgern?
Vielleicht könnt ihr auch von anderen Dingen fasten, von denen ihr wisst, dass sie euch nicht gut tun, aber bei denen ihr eine Zündungsphase braucht, um eure Gewohnheiten zu ändern. Das kann alles mögliche sein: Zu viel Autofahren, zu viele Überstunden, vielleicht auch Freizeitbeschäftigungen, die ihr nur wegen jemand anderem macht. Horcht in euch rein, was sinnvoll wäre zu ändern und setzt euch ein Ziel.
- Meditiert, anstatt euch aufzuregen
- Macht bei Stress Liegestütz, anstatt zur Schokolade zu greifen
- Macht einen Spaziergang zum Runterkommen, anstatt eure Kollegen oder Partner anzuschreien
Ihr werdet sehen, eurer Leben wird nicht leerer, sondern voller. Denn ihr nehmt dem Körper nur das weg, das ihm schadet und gebt ihm etwas, das ihm nützt und wodurch es euch besser geht.