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Genießen statt Kontrolle: Warum es sich lohnt, Kontrolle auch mal aufzugeben

Kontrolle oder Flexibilität? Beides sind Bestandteile unseres Lebens - und am glücklichsten sind wir, wenn wir beides ausgewogen leben.
von Markus Drewes
Kontrolle aufgeben und sich etwas gönnen - wie Schokoladenkuchen© juiceteam2013 - Fotolia.com

Mit Disziplin erreichen wir unsere Ziele leichter. Doch können wir uns mit zu viel Kontrolle vielleicht auch schaden? Und wann ist dieser Punkt erreicht? Im letzten Teil unserer Reihe zur Selbstkontrolle erklärt Life-Coach Markus Drewes, wo eventuell Probleme und Gefahren liegen und wie man ihnen begegnen kann.

Selbstdisziplin kann nicht schaden. Das hatte ich in den vergangenen beiden Teilen dieser kleinen Serie schon betont: Wenn ich so viel Kontrolle über mein Leben ausübe, dass mir das schadet, dann ist das keine Selbstdisziplin mehr, sondern Zwang. Und vor Zwang sollte Selbstdisziplin uns ebenfalls bewahren.

Disziplin oder Kontrolle? Das kommt auf das Ziel an

Was ist das Ziel? Diese Frage steht im Mittelpunkt, wenn es darum geht, das richtige Maß an Selbstdisziplin zu finden. Ein Asket, der kaum etwas isst, sich mit niemandem unterhält und auf einem Nagelbrett schläft, wird wahrscheinlich sagen, dass ihm das in Bezug auf sein Ziel nutzt. Sein höheres Ziel heißt Erleuchtung, oder Nirwana, oder etwas in der Art. Für mich und die Menschen, die ich kenne, wären Nagelbrett & Co. nicht das Richtige.

Für uns Normalsterbliche spielt auch unser soziales Umfeld dafür eine zu große Rolle. Wenn ich so viel Disziplin an den Tag lege, dass ich nie feiern gehe, immer nur arbeite oder für Prüfungen lerne oder niemals lecker essen gehe, weil mich das dick machen könnte, dann ist die Gefahr groß, für andere als Spaßbremse zu gelten und gemieden zu werden.

Selbstdisziplin darf nicht Spaß und Genuss verhindern

Manche Menschen sind in ihrem Alltag so durchstrukturiert und organisiert, dass sie keinen Platz mehr für spontane Unternehmungen haben und völlig unflexibel sind. Für die Betroffenen selbst wird das aber erst zu einem Nachteil, wenn sie merken, dass sie gerne anders sein würden, aber es irgendwie nicht schaffen. Dann können sie ihre Selbstdisziplin einsetzen, das zu verändern.

An einem Beispiel: Ein Mann geht jeden Tag zur gleichen Uhrzeit in dasselbe Café. Er setzt sich jeden Tag an den selben Tisch und bestellt das selbe. Solange ihn das nicht stört, ist es kein Problem. Sobald er aber meint, dass ihn dieses Verhalten einschränkt, kann er daran arbeiten. Etwa, indem er zuerst mal ein anderes Gericht bestellt, ein paar Tage später den Tisch wechselt und er dann schließlich irgendwann sogar in einem anderen Lokal essen kann. Schritt für Schritt, unterstützt von Freunden oder sogar einem Coach.

Kontrolle aufgeben und Regeln brechen kann zwischendurch sogar förderlich sein

Man kann den Weg zu einem Ziel mit einer Straße vergleichen, die rechts und links von Leitplanken begrenzt ist. Alles, was in dem Raum zwischen den Leitplanken stattfindet, dient dem Erreichen des Zieles. Und mittels seiner Selbstdisziplin kann man dafür sorgen, dass man sich innerhalb dieses begrenzten Raumes bewegt. Aber ab und zu ist es schön und gut, daraus auch mal auszubrechen und sich jenseits der Grenzen zu bewegen. Solange das nicht zu häufig geschieht, schadet es der Zielerreichung auch nicht.

Das bedeutet konkret: Ich kann auch ganz spontan etwas machen, das gar nicht zu meiner längerfristigen Planung gehört. Vielleicht einmal das Lauftraining ausfallen lassen, weil der beste Freund mit mir ins Kino möchte. Oder wenn ich mit Freunden unterwegs bin, auch mal etwas essen, das ich mir nicht jeden Tag gönne. Wichtig ist, dass ich danach wieder zurück auf die richtige Bahn komme – die, die mich zu meinem Ziel bringt.

Für einen Kontroll-Freak ist es auch hilfreich, sich klar zu machen, dass man letztlich gar nichts wirklich kontrollieren kann. Es kann immer etwas völlig Unvorhergesehenes passieren, das meine ganze Planung und Vorbereitung über den Haufen wirft. Sobald man das erkennt, wird das Leben ein Stückchen leichter. Wer meint, immer über alles die Kontrolle haben zu müssen, läuft Gefahr daran zu erkranken – „Kontrollsucht“ ist nämlich einer der Faktoren, die zu einem Burnout beitragen können.

Die goldene Mitte zwischen Genuss und Selbstkontrolle

Das richtige Maß an Selbstkontrolle liegt, wie so oft, in der Mitte. Es ist die Balance zwischen Disziplin und Freiraum, die jeder für sich selbst finden muss. Und wer mit seiner Selbstdisziplin auch längerfristige Ziele erreichen kann – gegen den inneren Schweinehund und ohne die Selbstkontrolle als Zwang zu erleben – der ist schon auf einem guten Wege. Denn längerfristige Ziele zu erreichen macht tatsächlich glücklich!

Selbstdisziplin-Reihe

Experte: Markus Drewes
Markus Drewes ist ausgebildeter und zertifizierter Coach (European Coaching Association), hat als Trainer (Deutscher NLP Coaching Verband, DVNLP und INLPTA) die Befähigung, Coaches auszubilden, und ist seit mehr als 15 Jahren erfahren im Management in Wirtschaft und Industrie...