Ob wir eine Situation als „stressig“ erleben oder nicht, hängt nicht nur von der Stressquelle ab, sondern vor allem davon, wie wir die Situation bewerten und auf sie reagieren. Die Bewertung geschieht aber meist unbewusst und wir glauben dann, dass allein die Stressquelle die Ursache für unser Stressempfinden ist. Die Frage ist: Wie kommen wir unseren stressverschärfenden Gedanken und Bewertungen auf die Spur? Wir haben diesmal eine Achtsamkeitsübung als PDF für euch.
Ich schaff das! Gelassenheit statt negative Gedanken
Wenn ich überzeugt bin, eine Situation gut bewältigen zu können, auch wenn sie herausfordernd ist, dann nennt man das Selbstwirksamkeit. Und je ausgeprägter meine Selbstwirksamkeitsüberzeugung ist, desto gelassener kann ich mit der Situation umgehen.
Stellen Sie sich vor, Sie haben den Schreibtisch voll und Ihr Chef kommt mit einem neuen Projekt auf Sie zu. „Frau Meier, wir haben einen neuen Kunden – ganz große Sache. Und ich habe mir gedacht, Sie sollten das erste Projekt übernehmen. Da haben Sie endlich die Gelegenheit, zu zeigen was Sie können! Und danach wartet dann die Beförderung zur Teamleitern auf Sie!“
Na, was löst das in Ihnen aus? Ob dieses Angebot Stress auslöst oder eher anregend wirkt, hängt ganz von Ihrer persönlichen Bewertung ab. Und diese Bewertung läuft in zwei Stufen ab:
1. Wie groß ist die Bedrohung? Also, wie wichtig ist mir die Sache und was hätte ich zu verlieren, wenn das Projekt nicht klappt?
2. Wie schätze ich meine eigenen Bewältigungsstrategien ein? Also, traue ich mir die Sache zu, weil ich beispielsweise schon Erfahrungen mit solchen Projekten gemacht habe oder überzeugt bin, die passenden Kompetenzen und Ressourcen zu haben?
Je nachdem, wie diese Bewertungen ausfallen, erlebe ich die Anfrage als anregend, dynamisierend und im positiven Sinne spannend. Oder ich empfinde sie eher als Bedrohung, werde angespannt und bekomme Angst.
Sei (nicht) perfekt! Kein Stress mehr durch die Inneren Antreiber
Unsere Bewertungen wiederum hängen sehr stark von unseren inneren Haltungen und Glaubenssätzen ab – das sind meist sehr alte Prägungen, die wir schon in unserer Kindheit gelernt haben. Das heißt aber nicht, dass wir daran nichts mehr ändern können, wir müssen diesen inneren Haltungen nur erstmal auf die Spur kommen.
Hilfreich kann es dafür sein, aufmerksam für seine sogenannten Inneren Antreiber zu werden. In der Transaktionsanalyse werden diese Antreiber so beschrieben:
1. Sei perfekt: Perfektionismus macht unzufrieden
Dahinter steckt der Glaubenssatz: „Ich tauge nur etwas, wenn ich alles möglichst perfekt erledige. Gut ist für mich nicht gut genug.“ Dieser Antreiber fragt immer, ob die Leistung nicht noch besser hätte ausfallen können. Menschen mit diesem Antreiber können sich über das Erreichte selten freuen.
2. Mach schnell: Zeitdruck führt zu viel Stress
Wer von dieser Idee angetrieben wird, steht oft unter Zeitdruck, hat das Gefühl, dass ihm die Zeit davonläuft. Hektische Schnellschüsse und spontane Aktionen, Gespräche zwischen Tür und Angel sind das Merkmal von Menschen mit diesem Antreiber.
3. Sei stark: Hilfe annehmen lernen
Menschen mit diesem Antreiber sind davon überzeugt: Wie es in mir drin aussieht, geht keinen etwas an. Schwäche oder Ratlosigkeit dürfen nicht gezeigt werden. Um Hilfe und Unterstützung zu bitten kommt nicht in Frage.
4. Mach es allen recht: Man muss auch nein sagen lernen
Wer von diesem Antreiber gestresst wird, leidet unter dem Nettigkeitssyndrom. Ihm fällt es schwer, anderen eine Bitte abzuschlagen, denn er ist überzeugt: Nur wenn ich es anderen recht mache, werde ich geliebt.
5. Streng dich an: Keine Pausen machen stresst den Körper
Dieser Antreiber macht einen Menschen zu Sisyphus. Seine Aufgaben sind niemals zu Ende, er erlaubt sich keine Pause, macht etliche Überstunden und wird doch nie fertig.
Erst wenn wir unsere Antreiber kennen, können wir ihnen gegensteuern. Am besten gelingt das durch so genannte „Erlauber“, Antiantreibersätze, die immer dann aktiviert werden, wenn der Antreiber Stress bereiten will. Was würde sich ändern, wenn ich mir beispielsweise erlaube, hin und wieder mal einen Fehler zu machen oder mir gestatte, eine Pause zu machen, auch wenn ich noch nicht ganz fertig bin? Wieviel „Luft“ und Spielraum könnte sich dadurch ergeben?
Das geht (nicht) schief! – Negative Denkmuster und stressige Gedanken bewusst wahrnehmen
Ebenso wichtig ist es, negative Denkmuster wahrzunehmen und zu erkennen, wie diese Bewertungen auf das eigene Stressempfinden wirken. Prof. Gert Kaluza, ein bekannter Gesundheitspychologe, hat typische negative Denkmuster zusammengestellt:
- Hadern mit der Realität: „Das gibt’s doch nicht! Das kann doch nicht wahr sein!“
- Negatives Verallgemeinern: „Das ist doch alles totaler Schrott!“
- Ausmalen negativer Konsequenzen: „Das geht sicher in die Hose!“
- Alles zu persönlich nehmen: „Was hab ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht?“
- Schwächen und Defizite überbetonen: „Das kann ich nicht…konnte ich auch noch nie!“
Die Frage ist, welche Wirkungen haben solche Gedanken und was würde sich an meinem Empfinden und meinem Verhalten verändern, wenn ich eine Situation anders bewerte oder umdeute?
Reflektieren Sie doch mal eine stressige Situation und achten Sie dabei auf Ihre inneren Bewertungen und Gedanken. Eine Anleitung dazu, die aus der Kognitven Verhaltenstherapie stammt, finden Sie hier.
Wechseln Sie in dieser Woche zwischen Sitzmediation, Bodyscan und Gehmeditation ab. Jeden Tag 10 Minuten. Und behalten Sie das Innehalten aus Woche 1 bei 🙂