Es ist ein kleines Buch mit viel Inhalt: Liebevoll und ohne erhobenen Zeigefinger macht Dr. Antonie Danz achtsames Essen so schmackhaft, dass man Lust bekommt gleich loszulegen. Mit vielen Übungen, Rezepten und einem 7-Tage-Programm gestaltet die Ernährungswissenschaftlerin den Einstieg denkbar leicht. So macht Essen wirklich glücklich.
Achtsam essen macht glücklich
Liebe Antonie, kann Essen glücklich machen?
Essen kann uns helfen, uns glücklich zu fühlen, zum Beispiel indem es uns Zufriedenheit schenkt, uns nährt und eins sein lässt mit dem, was wir tun.
Achtsames Essen – das klingt etwas nach Meditationskloster und schweigenden Mönchen. Was genau meinst du damit?
Achtsames Essen bedeutet, mit dem verbunden zu sein, was wir tun, mit unseren Empfindungen, mit der Nahrung, mit den Menschen, die mit uns essen – mit dem, was jetzt ist.
Achtsames Essen kann auch außerhalb von Klostermauern, im Alltag gelingen. Wir müssen es allerdings wollen, achtsam zu essen.
Ist achtsames Essen etwas anderes als bewusst genießen?
Ja! Ich kann mir durchaus bewusst sein, dass ich ein Käsebrot esse, während ich gleichzeitig die Zeitung lese und das durchaus genießen. Mit einem achtsamen Essen hat das jedoch nichts zu tun.
Also reicht es nicht, meine Pommes oder meinen Schokoriegel mit ganz viel Liebe und Hingabe zu essen?
…und schon tun Sie sich so etwas richtig Gutes? (lacht)
Was meinen Sie genau mit „ganz viel Liebe und Hingabe“? Wie sieht das konkret aus, wenn Sie so Pommes essen? Anders gefragt: Wie viel Liebe und Hingabe geben Sie in einem Gespräch Ihrem Partner, wenn Sie gleichzeitig die Nachrichten im Fernsehen anschauen? Ganz viel Liebe und vollkommene Hingabe? Mit dem Essen ist es genauso.
Pommes oder einen Schokoriegel wahrhaft mit ganz viel Liebe und Hingabe zu essen funktioniert nur mit Achtsamkeit und nicht nebenbei, auch wenn wir glauben, Pommes zu ‚lieben’.
Nehmen wir durch achtsames Essen ab?
Achtsames Essen kann Verhaltensweisen fördern, die beim Abnehmen hilfreich sind. So zum Beispiel gut und ausreichend zu kauen, wahrzunehmen, wann wir satt sind und nicht zu viel zu essen sowie unsere Sinneseindrücke gut wahrzunehmen und nur das zu essen, was uns wirklich gut tut. Genuss bekommt eine andere, beglückendere Bedeutung.
Was gehört alles zur Achtsamkeit beim Essen?
Alles, was dafür notwendig ist, mit dem Essen wahrhaft verbunden zu sein: wirkliches Interesse und eine urteilsfreie, offene Haltung sowie geübte Aufmerksamkeit für mehr Gewahrsein beim Essen. Letzteres wird, neben der Praxis, vor allem durch Ruhe und Gelassenheit sowie inneres Gleichgewicht gefördert. Und das können wir durch eine Stärkung unserer ‚Mitte’ erreichen.
So funktioniert achtsames und bewusstes Essen
Was ist unter ‚Mitte’ zu verstehen und was hat das mit einem achtsamen Essen zu tun? Der Begriff der ‚Mitte’, den ich im Sinne der Chinesischen Medizin verwende, umfasst das energetische Zentrum des Körpers, das den Funktionsbereich der Organe Milz und Magen umschließt. Diese Organe sind insbesondere für die Umwandlung von Nahrung in körpereigene Stoffe zuständig. Sie sorgen für unsere Vitalkräfte, stärken und nähren Muskeln und Bindegewebe und geben uns damit Halt und Stabilität. Eine wichtige Basis für unsere innere Balance. Darüber hinaus stabilisiert eine starke Mitte auch auf geistig-emotionaler Ebene. Sie fördert Ruhe, Gelassenheit, klares Denken und eine gute Konzentrationsfähigkeit. Eine starke Mitte fördert also eine achtsame Lebensweise und die Ernährung – was, wann und wie wir essen – hat großen Einfluss auf die Mitte. Was gewinnen wir durch mehr Aufmerksamkeit für unser Essen – für das, was wir essen, wie wir es zubereiten und wie wir es essen? Wir genießen mit all unseren Sinnen. So gewinnen wir ein klares Verständnis und Gefühl für das, was uns wahrhaft nährt, stärkt, vitalisiert und freudvoll sein lässt. Das fördert auch unser Vertrauen in die Nahrung und in unsere eigene Ernährungskompetenz/unser eigenes Ernährungs- und Erfahrungswissen. Ganz konkret können viele Beschwerden durch achtsames Essen vermieden beziehungsweise beseitigt werden. Dazu gehören beispielsweise Sodbrennen, saures Aufstoßen, Magendruck, Übelkeit, Blähungen, Völlegefühl, Verstopfung und Müdigkeit. Häufig hängen diese Beschwerden nicht nur mit dem zusammen, was wir essen und wann, sondern mit dem wie wir essen. Oftmals wird nebenbei, unter Zeitdruck und in Hektik, unter emotionaler Anspannung, während der Arbeit, vor dem Fernseher oder während des Nachdenkens und Grübelns gegessen. Was verändert sich noch? Kann achtsames Essen sich positiv auf unser ganzes Leben auswirken? Ja, kann es! Achtsames Essen kann uns Gefühle von innerer Ruhe und Ausgeglichenheit, von Stabilität, Geerdetsein und Vertrauen sowie ein Gefühl von innerer Leichtigkeit vermitteln und uns mehr Vitalität und Kraft schenken. Wie setzen wir achtsames Essen am besten im Alltag um? Indem wir zuerst nur eine, jedoch zentrale Sache in unserem Essverhalten verändern. Wir sollten uns nicht damit überfordern, gleich alles ändern zu wollen, was einer achtsamen Ernährungsweise abträglich ist. Ein zentraler erster Schritt könnte beispielsweise sein, in Ruhe und mit Achtsamkeit zu frühstücken und dazu am besten ein Frühstück auszuwählen, das die Mitte stärkt. Ein warmes Getreidefrühstück wäre eine gute Wahl. Dazu ist es vielleicht erforderlich, 15 Minuten früher aufzustehen oder das Frühstück schon am Abend vorher vorzubereiten. Der Zeitaufwand lohnt, er schenkt uns mehr Wohlsein und Vitalität. Das motiviert uns für weitere Verhaltensänderungen, ganz nach dem eigenen Tempo und Empfinden. Nehmen Sie sich für die Übung zwei Kekse. Essen sie den ersten Keks ganz langsam und denken Sie währenddessen: „Fett, Zucker, Kalorien“. Wiederholen Sie diesen Gedanken so lange immer wieder, bis Sie den Keks aufgegessen haben. Nehmen Sie danach Ihre Gefühle und Ihr körperliches Befinden wahr. Nun essen Sie den zweiten Keks, ebenso langsam, und denken Sie fortwährend: „lecker, köstlich, Freude“. Nehmen Sie auch hier Ihre Gefühle und Ihr körperliches Befinden wahr, nachdem Sie den Keks aufgegessen haben. Gab es Unterschiede in den Gefühlen und im körperlichen Befinden während der ersten im Vergleich zur zweiten Hälfte der Übung? Und wenn ja, welche? > Mit dieser Übung werden Sie feststellen, wie bedeutsam es für unser Befinden und letztlich für die Verträglichkeit einer Speise ist, was wir während des Essens denken. Beim Essen üben unsere Gedanken eine besonders starke Wirkung auf uns aus. Sie können uns auf den Magen schlagen oder unseren Genuss vergrößern.< Der erste Schritt in ein achtsames Essverhalten – was raten Sie unseren Lesern? Führen Sie für drei Tage ein Ernährungs- und Gefühlsprotokoll durch. Vielen Menschen wird dadurch einerseits bewusst, wie oft sie nebenbei, vor dem PC oder Fernseher, beim Lesen, stehend oder gehend essen. Andererseits werden Ernährungsgewohnheiten sichtbar, die allerlei Beschwerden, wie einen schlechten Schlaf, Müdigkeit nach dem Essen oder Verdauungsbeschwerden hervorrufen können. Eine Anleitung zum Führen eines solchen Protokolls finden Sie in meinem Buch. Mit Hilfe von einfachen Praxistools, die uns zu einem achtsamen Essen führen sowie den zentralen Leitgedanken für eine starke Mitte, können wir dann weitere Schritte umsetzen. Herzlichen Dank!