Use it or lose it. Faszien unterstützen unseren Körper je nach Anforderung. Sie werden unbeweglich, wenn wir sie nicht gebrauchen, oder weich und dehnbar bei richtiger und regelmäßiger Beanspruchung. Oder anders ausgedrückt: Pflegen wir unsere Faszien, wirkt der Körper geschmeidig und elegant, oder aber plump und vertrocknet, wenn wir dies nicht tun. Von Birgit Pöltl, Yogalehrerin YogaMeHome und Yogalehrer-Ausbilderin.
Das fasziale Bindegewebe ist ein Informations- und Kommunikationssystem unseres Körpers und unserer Seele
Das Faszien-Netzwerk durchzieht den ganzen Körper. Es hält uns aufrecht und in einer Ausrichtung, die unseren Körper- und Seelenzustand zum Ausdruck bringt. Faszien dienen auch als Kommunikations-System. Ähnlich dem Internet werden Informationen blitzschnell versendet und verarbeitet (beispielsweise über die Lage im Raum, Temperatur, Schmerz, Versorgungsstand des Körpers).
Hören wir nur gut genug hin, sind wir immer über unseren Körper UND Seelenzustand informiert. Ein gesundes und geschmeidiges Faszien-Netzwerk schenkt uns das Gefühl „im Körper zu Hause zu sein“.
Faszien sind wie ein Sinnesorgan, denn sie reagieren auf physikalische und emotionale Einflüsse
Faszien schützen, stützen und trennen einzelne Strukturen voneinander. Aufgrund der vielfältigen Aufgaben werden Faszien mittlerweile als „Organ“ oder „Sinnesorgan“ bezeichnet. Erst kürzlich konnte nachgewiesen werden, dass Faszien auf physikalische aber auch auf emotionale Einflüsse reagieren, beispielsweise durch Kontraktion & Spannung bei Stress oder Angst.
Informationen und Reize unsere Umwelt werden in den Faszien verarbeitet und spiegeln den Gesamtzustand des Menschen zurück an unsere Umwelt.
Fasziales Gewebe besteht aus kollagenen Strukturen, die die Bewegung und Leistungsfähigkeit einschränken können
Faszien bestehen zu einem großen Teil aus kollagenen Strukturen, die auf mehrdimensionale Bewegung reagieren. Kollagene Fasern sind im Optimalfall gitter- und wellenartig angeordnet und können somit eine hohe Elastizitätskraft speichern. Bewegungsmangel aufgrund von Verletzung oder Lebensstil führt zu einer multi-direktionalen Architektur des Fasernetzwerkes, auch „Verfilzung“ genannt.
Die Folge ist eine erhebliche Einschränkung in der Bewegungsfreiheit, Leistungsfähigkeit, Verpflegung der Körperregionen und damit einhergehend eine Einbuße an Lebensqualität und Gesundheit.
Yoga für Faszien – Wie Asanas und Pranayama Faszien heilen können
Yoga arbeitet mit Dynamik, Stabilität und Achtsamkeit und versucht, über Asanas (Körperhaltungen) und Pranayama (Atemtechniken) die optimale Ausrichtung und Beweglichkeit des Körpers (wieder-)herzustellen. Befindet sich unser Körper in dieser optimalen Ausrichtung ist er schmerzfrei. Die gefühlte Zufriedenheit, Kraft und Freiheit wirkt bis auf unsere geistig-seelische Ebene.
Wir fühlen uns dann gut und im Fluss der Faszien, im Fluss des Lebens. Werden wir aus diesem Fluss herausgerissen, reagiert der Körper mit Spannung, Fehlhaltung oder Schmerz, der Geist mit Erschöpfung, Unzufriedenheit oder Stress aller Art.
Gut versorgte Faszien sind für die Aufrechterhaltung folgender Körper-Funktionen notwendig:Wie Yoga unsere Faszien pflegt
Ein stabiles und flexibles Bindegewebe ist Voraussetzung für die optimale Funktionstüchtigkeit des Bewegungsapparates und damit des muskulären Systems. Trockene und unterernährte Faszien machen den Körper anfälliger für Verletzungen. Zudem nimmt man eine kraftvolle und gleichzeitig geschmeidige Statur als ästhetisch wahr.
Gut genährte Faszien bieten krankheitserregenden Elementen die Stirn. Faszien begrenzen die Ausbreitung von Infektionserregern und pathogenen Mikroorganismen von einem Gewebe zum nächsten und spielen daher eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Infektionen.
Ein gut trainiertes und geschmeidiges Faszien-Netzwerk beeinflusst die Kraftentwicklung und Kraftübertragung, aber auch die Feinmotorik einer Bewegung positiv. Bei Gewichthebern hat man festgestellt, dass deren „gewichtige“ Arbeit zu 80 % von den Faszien übernommen werden; nur 20 % der Arbeit wird muskulär verrichtet.
Bewegung unterstützt jede Art von Gewebe-Ernährung. Gut trainierte Faszien wirken als Stoßdämpfer, helfen bei der Abwehr von Krankheiten und bilden die Grundlage für Heilungsprozesse des Bindegewebes.
Am Beispiel Rückenschmerzen weiß man heute, dass nur 25 % der Rückenschmerzen auf Bandscheibenprobleme zurückzuführen sind. Häufig ist die Ursache der Schmerzen gar nicht bekannt. Mikrorupturen der Rückenfaszie (kleine Risse in den Muskelfasern) sind oft der Ursprung von neurologischen Entzündungsprozessen. Die Folgen können Störungen in der Körperwahrnehmung und der Motorik sowie Fehlbelastungen sein. Im Yoga ist Entspannung ein obligatorischer Faktor, der sowohl im Trainingsplan als auch in der Zeiteinteilung einkalkuliert ist. In den Ruhephasen zwischen den Trainingsreizen wird sofort mit Umbau- und Restrukturierungsarbeiten in den Faszien begonnen.
Zu viel Stress wirkt sich negativ auf den Körper aus. Das ist nichts Neues! Dass Faszien unabhängig von Muskeln anspannen oder verspannen können, wissen wir allerdings erst seit kurzem. Der gestresste Zustand des Geistes manifestiert sich im Körper. Durch Achtsamkeit und Bewegung können wir den Weg zurück schaffen: vom entkrampften Körper in den gelösten Geist.
Eine schlechte Ernährung wirkt sich ungünstig auf den Stoffwechsel in den Faszien aus. Übersäuerung entsteht vor allem durch Genussmittel wie Kaffee, Alkohol und Nikotin, aber auch durch eine Lebensweise mit zu viel Stress. Da Faszien zu einem großen Teil aus Wasser bestehen, kann allein durch ausreichendes Trinken von ungesüßten Getränken eine rasche Verbesserung erzielt werden. Wie Schwämme werden Faszien bei Austrocknung oder „Aushungern“ steif und unbeweglich. Viel Wasser und eine abwechslungsreiche Ernährung bringen die Geschmeidigkeit wieder zurück und lassen die Faszien schwammartig aufatmen.
Das körperweite Netzwerk der Faszien erhält die strukturelle Integrität. Das heißt, es sorgt dafür, dass die Teile des Körpers zu einem Ganzen zusammengefügt sind und bleiben. Faszien spielen eine wesentliche Rolle bei blutdynamischen und biochemischen Prozessen und bilden eine Matrix für die interzelluläre Kommunikation. Verstopfte, verfilzte und damit schlecht ernährte Gewebebereiche können wenig bis gar keine Rückmeldung über Zustand und Lage des Körpers geben.