Es ist die Zeit gekommen, mit unserem Konsum politische Zeichen zu setzen. Vor allem, wenn es so einfach ist, Ausbeutung, Kinderarbeit, Umweltverschmutzung und soziale Benachteiligung mit einer Kaufentscheidung zu beeinflussen. In unserer Rubrik “Unternehmen und Marken, die wir mögen”, zeigen wir Möglichkeiten für einen bewussteren Konsum und ein besseres Leben für uns alle. Armedangels ist eine junge Firma, die sich vorgenommen hat, das fairste Modelabel der Welt zu werden. Wie, das lest ihr hier im Interview mit Martin Höfeler, Geschäftsführer von Armedangels.
Das Interview führt Annette Coumont.
Lieber Herr Höfeler, Armedangels entwirft und produziert umweltfreundliche und faire Kleidung, die voll im Trend ist. Wie kam es zur Idee von Armedangels?
Zeitloses Design statt Fast-Fashion, nachhaltige Materialien statt Chemiewahnsinn und faire Produktion statt Lohnsklaverei. Wir wollen dem großen Rest der Textilindustrie zeigen, dass es auch anders geht. Wir wollen schöne und nachhaltige, fair produzierte Mode machen.
Gegründet wurde ARMEDANGELS 2007 von zwei BWL Studenten, die sich bei einem Kongress zum Thema Social Entrepreneurship kennengelernt haben. Beide waren auf der Suche nach einer Unternehmensidee, die auf sozialen Prinzipien aufbaut. Als sie über die Missstände in der Textilindustrie erfuhren, waren sie fest entschlossen, auch ohne fachlichen Background, die Textilindustrie zu revolutionieren. Die Idee zu ARMEDANGELS war geboren.
Slow Fashion, fair und nachhaltig
Welche Bedeutung hat der Name “Armedangels”?
Der Name Armedangels hat sich tatsächlich erst ergeben, nachdem das Logo bereits feststand. Das Logo soll eine Art „Robin Hood“ der Mode-Industrie symbolisieren. Ein bewaffneter Engel im Kampf gegen die Ungerechtigkeit und die Missstände der Branche – der nicht nur redet, sondern Taten sprechen lässt.
Woher kommen eure Rohstoffe für die Produktion?
Unsere Bio-Baumwolle (kbA) kommt aus Indien und der Türkei. Die Schurwolle, die wir verwenden, kommt aus Südamerika und ist chlor- und mulesing-frei. Unser recyceltes Polyester wird aus eingeschmolzenen und gereinigten Getränkeflaschen gewonnen. Das Granulat für das Garn kommt aus Spanien und die Garne aus Portugal. Tencel und Modal (natürliche Rohstoffe aus Holz) kommen von Lenzing aus Österreich und werden in besonders umweltfreundlichen Prozessen hergestellt.
Was bedeutet fair in der Mode?
Was genau ist an der Produktion eurer Mode fair?
Wir wollen schöne und nachhaltige Mode machen, die unter fairen Bedingungen hergestellt wird. Deshalb legen wir nicht nur Wert auf nachhaltiges Design und hohe Qualität, sondern auch auf eine umweltgerechte Herstellung und faire Produktionsbedingungen. Von der Faser bis zum Nähen der Stoffe haben wir strenge Standards an unsere Produktion gesetzt – und das unabhängig vom Produktionsland.
So setzen wir uns nicht nur für faire Arbeitsbedingungen und faire Bezahlung für die Menschen ein, die ARMEDANGELS ausmachen (ganz egal ob Baumwollbauer in Indien, Näherin in Marokko oder IT-ler in Köln), sondern verwenden auch ausschließlich nachwachsende Rohstoffe und recycelte Materialien.
Dass wir nicht mit leeren Worthülsen um uns werfen, sondern tun was wir sagen, garantieren uns unabhängigen Organisationen wie Fairtrade und GOTS, bei denen wir schon lange zertifiziert sind und seit diesem Jahr auch die Fair Wear Foundation, bei denen wir seit Juni Mitglied sind.
Ziel ist es aber nicht, dass uns Kunden nur über diese Zertifikate wahrnehmen. Wir wollen, dass Kunden uns als ARMEDANGELS vertrauen. Die Zertifikate dienen nur zur Untermauerung.
Was macht eure Mode für uns Käufer so besonders?
Auch heute denken noch viele Menschen bei fairer Bio-Mode nur an Jutebeutel und gewalkte Filzpantoffeln. Für uns stehen die Begriffe “fair & bio” nicht im Widerspruch zu “modern” & “schön”. Und das wollen wir mit unseren Kollektionen zeigen. Statt Trends hinterher zu hetzen, setzen wir auf zeitlose Mode. Statt minderwertiger Massenware gibt’s bei uns hohe Qualität und nachhaltige Designs. Wir machen ehrliche & faire Produkte ohne viel Klimbim.
Wen genau wollt ihr mit eurer Mode ansprechen?
Wir richten unseren Fokus nicht auf eine bestimmte Ziel- oder Konsumentengruppe. Vielmehr zielen wir auf eine Haltung. So sind wir gerade für Frauen und Männer zwischen 25 und 45 interessant, die bewusst einkaufen, zeitloses Design “Fast-Fashion” vorziehen und denen nachhaltige Materialien und eine faire Produktion wichtiger als Massenware und Lohnsklaverei sind.
Ist eure Kleidung teurer als herkömmliche konventionelle Kleidung?
Was unsere Preise angeht, können wir uns sicherlich nicht mit einem herkömmlichen “Fast-Fashion”-Anbieter messen. Das wollen wir aber auch gar nicht. Immer dem nächsten Trend hinterher zu rennen, hat in unseren Augen auch nichts mehr mit Nachhaltigkeit zu tun.
Wir messen uns mit Marken, die eine ähnlich hohe Qualität anbieten und vergleichbare Produkte haben und sind, was Qualität und Preis angeht, durchaus konkurrenzfähig, teilweise sogar günstiger. Unser Basic T-Shirt Uma kostet zum Beispiel 19,90€ und unsere neuen, GOTS-zertifizierten Jeans können mit Preisen zwischen 90€ und 100€ durchaus mit anderen Labels mithalten.
Unsere Preise können wir jedoch nur anbieten, weil wir lieber auf einen Teil der Marge verzichten und bewusst nicht in teures Marketing investieren. Uns geht es nicht um den großen, kurzfristigen Profit, sondern um den Aufbau einer nachhaltigen Produktion und um sichere Arbeitsplätze für alle Mitarbeiter, egal in welchem Land und in welcher Produktionsstufe.
Glaubt ihr an die Zukunft von nachhaltiger Mode?
Das Bewusstsein für nachhaltig und fair produzierte Mode wächst. Das sehen wir nicht nur an unseren Verkaufszahlen und der Nachfrage des Handels. Auch die Anzahl der Fair-Fashion-Labels wächst – und das weltweit. Die Menschen sind grundsätzlich aufgeklärter, was das Thema faire Mode betrifft, und sie beschäftigen sich mehr damit, was sie anziehen, wie es produziert wurde und unter welchen Umständen.
Das freut uns natürlich total. Trotzdem sind wir der Meinung, dass unsere Gesellschaft eher an dem Punkt angekommen ist, an dem wir zwar verstärkt über die Herstellung unserer Kleidung nachdenken und bewusster einkaufen, letztlich aber doch das kaufen, was uns gefällt. Design und Preis stehen für den Großteil eben doch weiter an erster Stelle. Wenn diese Punkte erfüllt sind und das Produkt zusätzlich noch nachhaltig produziert ist, führt das sicherlich dazu, die Kollektionen der Marke genauer zu betrachten und zu kaufen. Diesen Spagat wollen wir hinkriegen: Mode die bio, fair und gleichzeitig schön ist.
Unser Ziel ist es, das fairste Modelabel der Welt zu werden. Und wir wollen, dass die Menschen verstehen, warum wir das alles machen. Dass noch ein langer Marsch vor uns liegt wissen wir, aber wir sind zäh, mit Leidenschaft dabei und 100% überzeugt von dem, was wir tun.
Vielen Dank für das Interview!