Noch immer sind es die Frauen, die in Deutschland einen Großteil der Familienarbeit leisten. Gerade berufstätige Frauen und Mütter sind einer Doppelbelastung ausgesetzt, wenn sie sich neben der Arbeit größtenteils alleine um die Kinder und/oder pflegebedürftige Verwandte kümmern müssen. Das kann auf Dauer krank machen: Chronischer Stress kann sich in Rückenleiden, Migräne, Schlafstörungen, Unter- oder Übergewicht bemerkbar machen – und im schlimmsten Fall sogar zu Burnout führen.
Nach einer Geburt ist nichts mehr wie es war: Besonders bei dem ersten Kind steht das Leben plötzlich Kopf. Die Freude ist groß, die Liebe zu dem kleinen Wesen das tiefste und rührendste Gefühl, das man je gespürt hat. Und gleichzeitig ist die Verantwortung für den kleinen Wurm die größte Herausforderung, vor der man jemals zitterte.
Der Rest des Lebens geht natürlich auch weiter: Viele Mütter sehen sich dazu gezwungen, manche möchten gerne schnell wieder in ihren alten Beruf einsteigen. Und schon hat man zwischen schlaflosen Nächten, Windelwechseln und den sonstigen Anforderungen von Beruf und Familienleben vergessen, für die eigenen Bedürfnisse zu sorgen. Eine dauerhafte Doppelbelastung kann berufstätige Mütter krank machen und sogar zu einem Burnout führen.
Aktuelle Daten aus Mutter-Kind-Kuren zeigen: Mütter leiden besonders häufig an psychosomatischen und psychischen Krankheiten wie Schmerzen und chronischen Erschöpfungszuständen. Mütter von Kleinkindern und alleinerziehende Mütter sind am stärksten betroffen. Doch auch Mütter in Partnerschaften oder Ehen leiden unter Stresssymptomen und erkranken durch die chronische Überlastung. Studien bestätigen, dass die Kinderbetreuung und die Verantwortlichkeit für Familienpflege noch größtenteils in den Händen der Frauen liegt.
Doppelbelastung bei berufstätigen Müttern führt zu chronischem Stress
Viele Faktoren spielen bei einer chronischen Doppelbelastung von berufstätigen Müttern eine Rolle: Wie viele Stunden ist die Mutter in ihrem Beruf tätig? Gibt es eine Betreuung für die Kinder? Wie flexibel sind die Arbeitszeiten, wie verständnisvoll sind der Chef und die Kollegen? Fehlt der Partner unter Umständen? Bereitet die Existenzsicherung zusätzliche Sorgen? Wie sehr ist die Mutter in einen Freundeskreis eingebunden und findet sie Unterstützung durch andere Familienmitglieder?
Stress hat viele Gesichter: Von der kurzfristigen Leistungssteigerung bis zur chronischen Erschöpfung / Burnout
Kommen viele dieser Stressoren über einen längeren Zeitraum zusammen, dann kann sich das in Beschwerden wie Rückenleiden, Kopfschmerzen und Migräne wie auch chronischen Erschöpfungszuständen, Angststörungen oder Depressionen/Burnout auswirken.
Dabei ist Stress durchaus nicht ausschließlich negativ. Im Gegenteil: Stress ist ein Überlebensmechanismus unseres Körper, eine Reaktion auf (scheinbar) lebensbedrohliche Gefahren: Der Puls erhöht sich, das Herz pumpt mehr Blut ins Gehirn, das so optimal mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird. Der Adrenalinspiegel steigt: Unter kurzzeitigem Stress erhöht sich unsere Konzentrationsfähigkeit, unsere Sinne stellen sich scharf, unsere Leistungsbereitschaft steigt.
Erst wenn der Stress zum Dauerzustand wird, kann er uns krank machen: Wenn der Körper ständig auf Hochtouren läuft, hat das früher oder später gesundheitliche Folgen. Damit es erst gar nicht so weit kommt, sollten gerade Mütter gut auf sich aufpassen und immer wieder für Zeiten des Ausgleichs sorgen.
Der Ausweg aus der Stressfalle und Tipps gegen Stress für Mütter
1. “Ich habe alles unter Kontrolle” – An alten Strategien festhalten bedeutet Stress
Manche Mütter stecken in so belastenden Umständen fest, dass grundsätzliche und manchmal radikale Entscheidungen für eine Veränderung notwendig sind. Doch Veränderungen machen Angst. Leichter scheint es, an dem aktuellen Ist-Zustand festzuhalten, als sich auf neue Wege einzulassen. Dazu kommt häufig die Scham darüber, dass man eben nicht immer alles unter Kontrolle hat. Dabei kann es ungemein erleichternd und entspannend wirken, der Wahrheit ins Gesicht zu schauen. “Aufzugeben” bedeutet nicht “Versagen”, sondern ungesunde und unnütze Vorstellungen loszulassen.
Antistress-Tipp: Kontrolle loslassen und sich für Veränderung öffnen
Probiere es einmal aus und sprich die folgenden Worte laut aus: “Ich habe nicht alles unter Kontrolle. Ich kann und möchte so nicht weitermachen. Ich bin bereit, etwas zu verändern, auch wenn ich jetzt noch nicht weiß, was – und wie das funktionieren soll.” Was fühlst du? Erleichterung? Angst? Wut? Deine Gefühle sind dein Wegweiser: Wenn du ganz tief in dich hineinspürst, wirst du wissen, was als nächstes zu tun ist.
Es sei denn, an dieser Stelle tritt das nächste Stress-Gedankenprogramm in Kraft:
2. “Ich kann ja gar nichts ändern” – Emotionaler Stress durch vermeintlich mangelnde Ressourcen und fehlende Perspektiven
Ein großer Stressfaktor ist das Gefühl der Hilflosigkeit und des Ausgeliefertseins. Wenn es scheinbar keine Lösung für unsere Probleme und keine sichtbaren Wege über unsere Hürden gibt, dann lässt uns das verzweifeln. Wir geraten in eine Dauer-Grübelschleife und denken ständig über unsere Sorgen nach, was sich in Schlaflosigkeit, Nackenverspannungen, Kopfschmerzen oder schlimmstenfalls in Angstanfällen oder Depressionen äußern kann.
Antistress-Tipp: Lenke deinen Blick auf deine Ressourcen und entdecke neue Perspektiven
Es ist hilfreich, den Blick von dem, was uns aussichtslos erscheint, auf die Dinge zu richten, die sehr wohl in unserer Macht stehen. Das ist meist sehr viel mehr als uns bewusst ist. Wir nehmen leider unsere Kraft und unsere Fähigkeiten nicht so richtig wahr, weil sie uns selbstverständlich erscheinen. Das kann dazu führen, dass wir gar nicht mehr spüren, wie stark wir sind und wie viel wir für unser Glück tun können.
Anstatt immer und immer wieder durchzukauen, was du nicht ändern kannst und dir so deine Kraft und Hoffnung zu rauben, konzentriere dich auf das, was du tun kannst. Und dann tue es! Am besten sofort! Warum lange aufschieben? Das Leben belohnt Bewegung und Aktivität: Wenn wir uns einmal auf den Weg gemacht haben, öffnen sich plötzlich Türen, die wir für fest verschlossen hielten oder die wir vorher (mit der Decke über’m Kopf) nicht gesehen haben. Nur über das Tun kannst du neue Perspektiven entdecken.
3. “Ich muss alles alleine schaffen” – Überhöhte Ansprüche zehren an den Nerven
Den meisten Müttern fällt es schwer, sich einzugestehen, dass sie Hilfe brauchen. Als Mütter fühlen sich Frauen oft als Übertiere, die ihre schützenden Arme über allen ausbreiten und die selber keinen Schutz und keine Unterstützung brauchen. Dieser Glaubenssatz kann sehr kräftezehrend und erschöpfend wirken.
Antistress-Tipp: So hilfst du dir selbst: Werde aktiv und bitte andere um Unterstützung!
Wir alle brauchen auf unterschiedlichsten Ebenen Hilfe: Alles andere wäre unmenschlich. Wenn der Partner dir partout nicht unter die Arme greifen kann oder möchte, dann wende dich an Freunde oder Nachbarn. Oder suche dir Hilfe bei offiziellen Stellen wie Familienberatungen, Steuerberatern, dem Hausarzt oder Selbsthilfeorganisationen.
Lasse dich fallen und nimm die Kraft, die Ideen, die liebevolle Zuwendung von anderen Menschen an. Du tust nicht nur dir selbst, sondern auch den anderen einen Gefallen. Die meisten Menschen fühlen sich gut, wenn sie um Rat gefragt werden und helfen gerne: Geben ist immer auch Nehmen und Nehmen ist immer auch Geben.
4. “Nur ich weiß, was meinem Kind gut tut” – Kontrollzwang nimmt anderen die Lust, zu helfen
Manchmal wagen wir auch deshalb nicht, Hilfe anzunehmen, weil uns niemand außer uns selbst gut genug erscheint, um unsere Aufgaben zu erledigen. Es soll Mütter geben, die ihre Männer nicht alleine Windeln wechseln lassen, sondern eifrig mit “guten Tipps” daneben stehen.
Dieselben Mütter wissen als einzige, wie warm oder kalt der Brei sein muss, damit das Kind sich nicht das Mündchen verbrennt. Und meist sind es die gleichen Frauen, denen es auch in den meisten anderen Bereichen schwer fällt, Verantwortung abzugeben und darauf zu vertrauen, dass andere es genau so gut machen werden wie sie selbst.
Antistress-Tipp: Lass andere mal machen – und sammle währenddessen schöne Lebenserinnerungen
Andere Menschen mögen ihre eigenen Wege zum Ziel haben, doch auch sie kommen in der Regel an. Trainiere dein Vertrauen, indem du bewusst Aufgaben abgibst und dich dann zurück ziehst. Vielleicht sitzt die Windel dann nicht perfekt oder die Präsentation sieht anders aus, als von dir geplant. Dafür hattest du im besten Falle Zeit, um zum Frisör zu gehen oder dich mit Freundinnen zum ausgiebigen Kaffeeklatsch zu treffen.
Es geht auch darum, welche Erinnerungen an dein Leben du sammeln möchtest. Die wenigsten Menschen erinnern sich auf dem Sterbebett an die vielen letztendlich unbedeutenden Aufgaben, die sie jemals erledigt haben. Die meisten erinnern sich an die bedeutsamen Momente, an denen sie gewachsen sind oder die sie mit anderen geteilt haben.
5. “Ich muss jede meiner Aufgaben eintausendprozentig erfüllen” – Perfektionismus ist ein Killer für Lebensfreude und Entspannung
Viele Mütter scheitern auch schlicht an ihren eigenen Erwartungen an sich selbst. Sie möchten die Über-Mutter, die fehlerlose Mitarbeiterin, die perfekt organisierte Hausfrau, die verständnisvolle beste Freundin, eine sexy Partnerin sein – und am besten alles gleichzeitig. Es stimmt: Für ihre Kinder sind Mütter wie Super-Heldinnen.
Aber nicht, weil sie immer perfekt sind. Sondern weil sie uns Kindern verzeihen, wenn wir es nicht sind. Weil sie uns trösten, wenn wir traurig sind. Weil sie uns ermutigen, wenn wir Selbstzweifel haben. Weil sie mit uns Erfolge feiern. Und weil sie wie Löwinnen für uns kämpfen, wenn es sein muss.
Das an sich ist schon ein ungeheuer verantwortungsvoller und aufreibender Job. Alles, was du daneben noch schaffst, ist super und bewundernswert. Sei nicht so streng mit dir und lasse auch hier deine Idealvorstellungen von dem los, was du sein und leisten musst. Weniger Perfektion bedeutet mehr Lebensqualität.
Antistress-Tipp: Mut zur Lücke – “Egal, ich lass das jetzt so!”
Übe dich darin, Dinge nicht bis ins kleinste Detail zu optimieren und manches auch einfach mal ganz liegen zu lassen. Die Zeit kannst du besser dafür nutzen, mit deinen Kindern zu spielen, mit deinem Mann bewusste Paar-Zeit zu verbringen oder, besonders herrlich: Einfach mal nichts zu tun. Hänge dir Post-Its mit dem Spruch “Egal, ich lass das jetzt so!” an alle Orte, wo du besonders anfällig bist, alles möglichst perfekt machen zu wollen, um dich zu erinnern: Unperfekt ist dein neues Perfekt.
Stressgedanke 6: “Ich darf mir keine Pausen gönnen” – Burnout oder chronische Schmerzen sind die Gefahren einer jahrelangen Doppelbelastung
Einfach mal nichts tun, erscheint vielen als schier unmöglich, selbst wenn die Zeit da wäre. Da könnte an einer weiteren Idealvorstellung liegen, die in unserer leistungsorientierten Gesellschaft mit Anerkennung honoriert wird: Wer nicht völlig erschöpft ins Bett fällt, hat nicht genug gearbeitet. Das ist eine gefährliche innere Haltung, die Menschen auf Dauer ausbrennen lassen kann. Männer wie Frauen sind vermehrt von “Burnout” betroffen. Gerade Mütter tappen gerne in diese Falle, sich völlig zu verausgaben.
So leisten berufstätige Mütter oft im Alleingang einen Fulltime Job in Haushalt und Kindererziehung und gehen zusätzlich ihrem Beruf nach. Würde jemand versuchen, zwei gewöhnliche Vollzeit-Stellen gleichzeitig auszufüllen, wäre sofort klar, dass das auf Dauer nicht möglich sein kann.
Und es sind durchaus nicht nur Mütter aus sozial schwächeren Haushalten, die sich aus Existenznot dem Wahnsinn dieser Doppelbelastung aussetzen: Gerade junge Frauen aus bildungsstärkeren Schichten setzen sich häufig zum Ziel, die Karriere als Anwältin, Ärztin, Lehrerin auch nach der Geburt ihrer Kinder fortzusetzen: Aus Angst später den Anschluss zu verpassen oder weil sie ihre Arbeit schlichtweg genießen und gerne verfolgen möchten.
Die Rechnung geht in den seltensten Fällen auf: Wer immer bis zur Erschöpfung arbeitet, ohne sich Pausen zu gönnen, der kann irgendwann einmal gar nicht mehr arbeiten.
Antistress-Tipp: Entspannung, Abschalten, Kraft tanken: Plane Pausen als feste Termine ein
Anstatt deine Auszeit immer auf später zu verschieben, plane dir feste Pausenzeiten ein und lasse sie zu ebenso wichtigen Terminen werden, wie deine beruflichen oder familiären Deadlines. Deine Gesundheit sollte gerade bei Müttern Prio Eins haben und da gehören Entspannung, Abschalten und Kraft tanken eben dazu.
Verabrede dich mit dir selbst, um einmal tief durchzuatmen: Ohne Kind, ohne Wäsche, ohne Rechnungen. Dafür mit einem guten Buch, einer Freundin, einem ausgiebigen Bad oder was auch immer dir hilft, die Seele mit Bewusstheit baumeln zu lassen. Und wenn das schlechte Gewissen dich packen möchte, sag ihm dies: Auch der Familie tut eine erholte und gut gelaunte Mama gut!
7. “Was ich möchte oder brauche, ist nicht so wichtig”
Eine Spielart von “Ich darf mir keine Pausen gönnen” ist übrigens “Ich darf mir gar nichts gönnen”. Da wird jeder Cent in Babykleidung und Baby-Spielzeug gesteckt. Und jede “freie Minute” eben doch wieder genutzt, um “schnell noch” dies oder jenes zu erledigen. Wenn Mütter denken, dass sie ihre eigenen Wünsche immer hinter die Bedürfnisse ihrer Familie stellen müssen, weil es ihre mütterliche Pflicht ist, dann werden sie immer mehr den Kontakt zu sich selbst verlieren. Sich irgendwann leer und vielleicht als seltsam gefühllos wahrnehmen. Und dies schlimmstenfalls ihrem Mann und ihren Kindern vorwerfen: Ich habe alles für euch getan. Ich habe meine besten Jahre für die Familie geopfert.
Antistress-Tipp: Lebe ein Leben neben der Arbeit und den familiären Pflichten: Sorge für dein eigenes Glück
Gönne dir, noch viel mehr zu sein als eine wunderbare Mutter und ein fleißiges Arbeitstier: Nämlich du selbst. Niemand braucht dein Opfer: Schaffe dir lieber regelmäßig und zuverlässig die Räume, um deinen Hobbys nachzugehen, deine Freunde zu treffen und deine eigenen, ganz persönlichen Träume zu verfolgen. Deine Kinder werden es dir später danken, wenn du für sie ein lebendiges Vorbild dafür bist, wie man sein Leben aktiv gestalten und sein Glück in die eigenen Hände nehmen kann.
Mama, entspann dich mal! Glückliche Mütter sind die besten Mütter.
Es ist sicher völlig normal, dass das Leben mit Kind und Beruf voller und anspruchsvoller ist, als das unbeschwerte Studenten- oder das unverbindliche Single-Leben. Doch die Super-Mamas sollten nicht vergessen: Es reicht nicht, nur gut auf die Kids aufzupassen, Mamas müssen auch auf sich selbst achtgeben. Die besten Mütter sind glückliche Frauen, die ihr eigenes Leben genau so wichtig nehmen wie das ihrer Kinder. Denn schließlich profitieren auch die Kinder mehr von glücklichen als von gestressten Müttern!