Liebesbeziehungen empathischer Menschen (Kürzel: EM) verlaufen selten nach Mustern, wie wir sie aus Hollywoodfilmen oder Liebesromanen her kennen. Aufgrund ihrer hohen Feinfühligkeit stellt die Liebe für EM nicht nur das größte Glück auf Erden dar, sondern kann auch Leid hervorrufen.
Empathische Menschen tragen bereits seit ihrer Kindheit eine hohe Fragilität in sich. Warum dies besonders bei EM der Fall ist, ist in erster Linie dem Wesensmerkmal der Empathie selbst zuzuschreiben. Sie bewirkt, dass solche Menschen ausgeprägte Antennen für andere besitzen. Sie sind sozusagen permanent auf Empfang geschaltet.
Schon in ihrer Kindheit bekommen EM nicht nur das Sichtbare ihrer Umwelt, sondern vor allem auch Subtiles wie auf dem Präsentierteller serviert. Auf der einen Seite bringt dies natürlich einige Vorteile, auf der anderen Seite kann diese Begabung auch höchst belastend sein. Der Homo Sapiens trägt schließlich nicht nur positive Aspekte in sich, sondern hat auch seine Schattenseiten.
Empathen werden schon früh mit dem wahren Naturell des menschlichen Wesens konfrontiert
Diese Tatsache muss für die weitere Persönlichkeitsentwicklung unweigerlich Folgen haben. Selbstverständlich ist es unüblich (wahrscheinlich auch nicht zweckmäßig), einem Kind zu erklären, dass der Mensch per se vermutlich mehr charakterliche Schwächen als Stärken innehat.
So muss eine unbedarfte Person, der für seine Persönlichkeitsentwicklung noch viel Liebe und Positives benötigt, zwangsläufig zum Schluss kommen, dass da etwas in der Welt nicht stimmen kann. Es kommt, was kommen muss: Ein Kind, das empathisch veranlagt ist, wird viel zu früh mit der kompletten Bandbreite des Lebens konfrontiert.
EM beschließen schon früh in ihrem Leben, vor Menschen eher auf der Hut zu sein
Mit einer gewissen Übervorsichtigkeit sein emotionales Leben meistern zu wollen, führt allerdings immer zu einer unterschwelligen geistigen Anspannung, was grundsätzlich Herztätigkeit und Atmung negativ beeinflusst. Dies steht mit der inneren Entwicklung einer ausreichenden Lebenskraft im Widerspruch.
So werden EM schnell davon abhängig, Lebensenergie von anderen erhalten zu müssen. Dies ist am schnellsten durch Anerkennung, Liebe und Beachtung von außen realisierbar. Fällt dieser zusätzliche Energieschub jedoch plötzlich aus, wie beispielsweise bei einer unglücklichen Liebesbeziehung, stehen EM ohne ausreichende Lebenskraft da. Die latent vorhandene seelische Instabilität tritt wieder zutage und Leid entsteht.
Empathische Menschen laufen in der Liebe Gefahr, seelische Verletzungen zu erleiden
Es gibt allerdings noch weitere Besonderheiten im empathischen Liebesleben: EM tragen ein „inneres Wissen“ über die „wahre Liebe“ in sich. Diese geheimnisvolle „innere Blaupause“ über ein ganz bestimmtes Liebesideal ist ebenfalls auf die Empathie selbst zurückzuführen.
Aufgrund der weit ausgefahrenen Antennen entsteht natürlich das Wesensmerkmal einer ausgeprägten Intuition. Eine Art außersinnliche Fähigkeit, durch die EM auch allerlei diffuse und unterschwellig wirkende Informationen über die Welt zur Verfügung gestellt bekommen. So ist es zu erklären, dass besonders EM über eine gewisse „innere Weisheit“ verfügen. Da machen Liebesbeziehungen keine Ausnahme.
Auf der einen Seite kennen EM damit das absolute Ideal, wie eine „wahre Liebe“ perfekt verlaufen könnte, auf der anderen Seite werden sie oft mit Lebenssituationen konfrontiert, die zu ihrer „inneren Weisheit“ im Widerspruch stehen. So sind zumindest EM geradezu gezwungen, manchmal hart auf den Boden der Tatsachen aufzuschlagen. Nicht, weil objektiv gesehen ihre Partnerschaften schlecht verlaufen, sondern weil sie tief in ihrem Inneren eine Tendenz in sich tragen, die Liebe zu idealisieren.
Wenn man zu dieser Tatsache noch ihre hohe Verletzlichkeit mit einbezieht, ist schnell nachzuvollziehen, dass es nahezu unmöglich ist, dass das Liebesleben von EM geradlinig verlaufen kann:
Empathische Menschen werden erfahrungsgemäß mit allen Höhen und Tiefen der Liebe konfrontiert
Und dies lebenslang. Es ist schon mehr als auffällig, dass nahezu alle Facetten der Liebe durchlebt werden müssen. Während bei Nichtempathen solche höchst emotionalen Lebenskonstellationen im Laufe ihres Lebens nach und nach verschwinden, gilt dies für EM in der Regel nicht – selbst in der zweiten Lebenshälfte können EM noch von einem Sturm von Leidenschaft betroffen werden.
Der Begriff „Helden der Liebe“ wird jetzt sicher nachvollziehbar. Zur Wiederholung: EM sind im höchsten Maße verletzliche Wesen, tragen eine innere Blaupause über ein ganz bestimmtes Liebesideal in sich und werden lebenslang mit allen Themen der Liebe konfrontiert.
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Warum haben gerade empathische Menschen ein solches Liebesleben zu führen?
Müssen EM etwa einer Art Bestimmung folgen? Existiert ein ganz bestimmtes Thema, was besonders empathische Menschen in ihrem Leben emotional zu bearbeiten haben? Was sind die Ursachen, warum gerade EM so intensiv mit Liebesthemen konfrontiert werden – und das ihr Leben lang?
Die Antwort gibt uns nicht die Wissenschaft, sondern solche EM, die auf ein langes Leben zurückblicken können. Besonders empathische Menschen, die mit der Weisheit des Alters gesegnet sind, berichten auffällig oft dasselbe. Durch die Bank weg erkannten sie erst im Nachgang, dass ihre Liebespartner immer nur ein Spiegel ihrer selbst waren.
Erst in der Rückschau bemerkten sie, dass die Liebe sie praktisch gezwungen hat, sich immer wieder mit sich selbst beschäftigen zu müssen. Nahezu alle EM, die weit in ihrer zweiten Lebenshälfte angekommen sind, kommen zum Schluss, dass es in letzter Konsequenz immer nur um ein einziges Lebensthema ging:
Wahrscheinlich werden Empathen in ihrem Leben nur deshalb so intensiv mit allen Facetten der Liebe konfrontiert, weil es um die Entwicklung von Selbstliebe geht
In der Folge kann es also nur eine Erklärung für das heroische Liebesleben von EM geben. Sie tragen nicht deshalb diese geheimnisvolle Blaupause der „wahren Liebe“ in sich, weil sie diese im Außen erfüllt bekommen wollen, sondern vielmehr in ihrem Inneren.
“Wer genug Selbstliebe in sich trägt, ist nicht nur in der Lage,
andere lieben zu können, sondern leidet auch weniger.” Luca Rohleder
Empathische Menschen entdecken irgendwann in ihrem Inneren genau das, wonach sie sich im Außen immer sehnten
Der Liebespartner wäre damit das Spiegelbild des aktuellen Stands der Persönlichkeitsentwicklung. Und die Natur der Liebe lässt EM praktisch keine andere Wahl. Die emotionale Bindung zwingt sie förmlich, ihr Ebenbild genau anschauen zu müssen.
Da persönliche Wachstumsprozesse grundsätzlich dynamische Vorgänge sind, wäre dies auch der Grund, warum auch die Liebeserfahrungen von EM ebenso dynamisch sein müssen. Dies wäre auch die Erklärung, warum heute die meisten EM in ihrem Leben mehr als nur eine einzige Partnerschaft benötigen.
Manchmal braucht es eben ein Liebesaus, um in der Folge einen Partner anzuziehen, der dem eigenen aktuellen Stand dieses inneren Wachstumsprozesses zur Selbstliebe entspricht. Und irgendwann (meist in der zweiten Lebenshälfte) erreichen EM schließlich ihr Lebensziel. Sie entdecken, wie sie ihr Herz zum Strahlen bringen können. Es entsteht die Fähigkeit, aus sich heraus Liebe zu entwickeln, ohne dass es dazu einen Anlass von außen benötigt.
EM erleben dann, wie es sich anfühlt, nicht nur sich selbst wahrhaftig lieben zu können, sondern auch das Leben an sich. Sie erfahren, dass eine ausreichend entwickelte Selbstliebe gleichzeitig auch immer einen hohen Grad von purer Lebenslust auslöst. Es fällt ihnen meist wie Schuppen vor den Augen, dass sie in ihrer Vergangenheit manchmal das Gefühl des Geliebtwerdens mit der Liebe selbst verwechselt hatten.
Erst jetzt, am Ziel ihres inneren Wachstumsprozesses, tragen sie genug Selbstliebe in sich, um auch andere wahrhaftig lieben zu können, ohne gleichzeitig angewiesen zu sein, geliebt zu werden – das ist dann auch das endgültige Aus für weitere seelische Verletzungen.