CSR steht für Corporate Social Responsibility, zu Deutsch: Unternehmerische Gesellschaftsverantwortung. 2011 hat die EU-Kommission eine neue CSR-Strategie veröffentlicht. Ihr Vorhaben ist es, Unternehmen zukünftig zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zu verpflichten. Das Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) hat die Entwicklung des deutschen CSR-Aktionsplans innerhalb der Bundesregierung koordiniert. Annette Bonse führte ein Interview mit einer Vertreterin des BMAS.
Wie definiert die Bundesregierung CSR?
Die Bundesregierung hat im Jahr 2010 eine nationale Strategie zur gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung – den so genannten CSR-Aktionsplan – entwickelt. Nach der Definition, die diesem CSR-Aktionsplan zugrunde gelegt wurde, steht CSR für freiwillige Maßnahmen, die über die gesetzlichen Anforderungen im Bereich ökologisches und soziales Verhalten von Unternehmen hinausgehen.
Welche Organe waren an der Erarbeitung dieser CSR-Strategie beteiligt?
Federführendes Ressort war das BMAS, das die Erarbeitung des Aktionsplans koordinierte. Außerdem wurde das Nationale CSR-Forum mit einbezogen, dessen Empfehlungen ganz wesentlich berücksichtigt wurden. In diesem Forum sind 44 wichtige Stakeholder vertreten, das heißt Vertreterinnen und Vertreter von NGOs, Unternehmen, Gewerkschaften, aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik.
2011 hat die Europäische Kommission eine neue CSR-Strategie vorgestellt. Die Bundesregierung hat diese kritisiert. Warum?
Ganz im Gegenteil: Die Bundesregierung hat in ihrer Stellungnahme bereits im November letzten Jahres ausdrücklich begrüßt , dass die EU-Kommission die CSR der Unternehmen stärken möchte. Denn CSR wird immer wichtiger, es kann dazu beitragen, gesellschaftliche Herausforderungen zu meistern, wie die demografische Entwicklung in den Betrieben oder den Klimawandel. Letztlich geht es auch darum, in Zeiten einer globalisierten Wirtschaft zu gewährleisten, dass die Menschenrechte auch in fernen Produktionsstätten gewahrt werden. Dafür gibt es viele Ansatzpunkte in der CSR-Mitteilung der EU-Kommision, wie auch im deutschen Aktionsplan CSR.
Allerdings hat die Kommission eine Gesetzesinitiative im Bereich Nachhaltigkeitsberichterstattung angekündigt, bei der die deutsche Regierung Klärungsbedarf sieht: Es handelt sich dabei um die Ankündigung, nicht-finanzielle Informationen – also die Nachhaltigkeitsberichterstattung – für Unternehmen obligatorisch zu machen. Die Sorge der Bundesregierung zielt insbesondere darauf, dass derzeit nicht klar ist, welche Unternehmen und insbesondere auch, ob kleine und mittelständische Unternehmen von dieser Regelung betroffen wären. Deswegen hat die Bundesregierung in einem Positionspapier und gegenüber Vertretern der EU-Kommission darum gebeten, dass dieser Punkt noch genauer erläutert wird.
Wieso sollte denn die Unternehmensgröße eine Rolle spielen bei der Frage, ob Berichterstattung obligatorisch ist oder nicht?
Eine Unterscheidung nach der Größe macht Sinn, so lange nicht klar ist, welche Verpflichtungen durch diese Regelungen auf die Unternehmen zukommen. Gerade in Deutschland spielen kleine Unternehmen und der Mittelstand eine große Rolle und für diese könnte eine derartige Gesetzgebung eine erhebliche bürokratische Belastung darstellen. Wir setzen, wie gesagt, zunächst auf Freiwilligkeit bei der Berichterstattung, denn es gibt ja auch verschiedene Möglichkeiten, ein Unternehmen im eigenen Interesse zu motivieren, , sich verantwortungsvoll und transparent zu verhalten.
Welche Möglichkeiten wären das denn von politischer Seite?
Da spielt der informierte Verbraucher eine Schlüsselrolle, der mit seinem Kaufverhalten verantwortliches Wirtschaften honorieren kann. Aufgabe der Politik ist es, hierfür mit einem intelligenten Mix die Rahmenbedingungen zu setzen. So werden beispielsweise Nachhaltigkeitsberichte von der Bundesregierung sehr gefördert und begrüßt und diese Förderung ist auch Teil des Aktionsplans CSR. So haben wir beispielsweise das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung bei der Erstellung eines Nachhaltigkeits-Rankings unterstützt und das Bundesarbeitsministerium wirkt aktiv mit in einem Beratergremium der GRI, einer globalen Initiative, die Standards für Nachhaltigkeitsberichtserstattung entwickelt.
Die EU-Kommission definiert CSR seit 2011 als „die Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft“. Der Punkt „Freiwilligkeit“ taucht hier nicht mehr auf. Auch das wurde von Seiten der Bundesregierung kritisiert. Warum?
Unserer Meinung nach hat die Kommission die Freiwilligkeit nicht aufgegeben, sondern legt einen etwas veränderten Fokus darauf. Laut dieser Definition geht es um die Auswirkungen – also sowohl die positiven als auch die negativen – eines Unternehmens auf die Gesellschaft. Das macht zunächst durchaus Sinn und die Bundesregierung ist auch nicht grundsätzlich abgeneigt gegen diese Definition. Aber es besteht eben noch gewisser Klärungsbedarf, um ein gemeinsames Verständnis darüber zu erzielen. Das Multi-Stakeholder-Forum debattiert derzeit genau über diese Frage, also wie die Definition der CSR-Mitteilung der Kommission insgesamt und in den Einzelpunkten zu bewerten ist. Unter Leitung des BMAS wird derzeit eine gemeinsame Position des CSR-Forums erarbeitet und diese Position soll dann als Empfehlung an die Bundesregierung und an die EU-Kommission gesandt werden.
Vielen Dank für das Gespräch.