Wasser ist nicht gleich Wasser. Im evidero-Interview verrät uns der Wasser-Sommelier Jerk Martin Riese, worauf man beim Kauf von Wasserflaschen achten sollte und wie unterschiedlich Wasser eigentlich schmecken kann.
Sie bezeichnen sich selbst als Wasser-Sommelier. Ist das ein anerkannter Beruf? Gibt es dafür eine Ausbildung?
Wasser-Sommelier ist kein anerkannter Beruf und es gibt auch keine Ausbildung. Ich bin gelernter Restaurantfachmann und habe mich über die Jahre spezialisiert auf das Thema Wasser, also learning by doing.
Für viele schmeckt Wasser einfach nach Wasser. Und für Sie?
Wasser hat für mich viele verschiedene Geschmacksrichtungen. Es kann von salzig, fruchtig, bitter bis hin zu mineralisch, säuerlich und süß schmecken. Einfach mal selbst ausprobieren: zwei bis vier unterschiedliche Wasser im Supermarkt kaufen. Beim Kauf darauf achten, dass es sich um Wasser mit unterschiedlichen Mineralgehalt handelt. Dann einfach gleichzeitig mit der Familie oder ein paar Freunden probieren. Fangen Sie mit dem Wasser an, das den geringsten Mineralgehalt hat und hören Sie mit dem Wasser auf, das den kräftigsten Mineralgehalt hat. Sie werden sehen, es ist faszinierend, welche Unterschiede man plötzlich erkennen und erschmecken kann.
Welche Bezeichnungen auf einer Wasserflasche sind für den Kunden am wichtigsten?
Für mich ist es am wichtigsten, den Mineralgehalt auf einer Flasche zu sehen. Aus diesem kann ich ersehen, wie das Wasser in etwa schmecken wird. Je höher der Mineralgehalt, desto kräftiger und würziger der Geschmack.
Was ist gutes Wasser überhaupt?
Ich unterscheide nicht zwischen gutem und schlechtem Wasser bei Mineralwasser. Jeder Mensch hat einen unterschiedlichen Geschmack, daher kann man auch nicht sagen, dass es ein bestes Wasser gibt. Bei Leitungswasser sieht das ganz anders aus. Hier in Los Angeles, wo ich lebe, ist das Leitungswasser mit Chlor versetzt, dementsprechend hat es auch einen Chlor-Geschmack, den empfinde ich als höchst störend. Da haben wir in Deutschland richtig Glück. Das deutsche Leitungswasser ist meistens sehr neutral im Geschmack.
Mein Traum war es schon immer für mich, das perfekte Wasser zu kreieren, so habe ich mich mit der „Beverly Water Company” zusammen getan. Wir haben eine kleine tolle Quelle im nördlichen Kalifornien gefunden und ich habe den perfekten Mineralgehalt ins Wasser zugesetzt. Das Wasser heisst: „Beverly Hills 9OH2O” und hat einen sehr weichen, runden, fast schon süßlichen Geschmack, ist aber dennoch sehr erfrischend.
Ist Wasser überhaupt noch ein Grundnahrungsmittel oder schon eher ein Genussgetränk?
Beides: Jeder Mensch hat das Recht auf sauberes Trinkwasser. Daher finde ich, dass die Leitungswasserbetriebe in staatliche Hand gehören. Bei Mineralwasser sieht das ganz anders aus. Ich finde es klasse, Wasser zu probieren, die eine interessante Geschichte haben, wie tansanisches Regenwasser, kanadisches Gletscherwasser oder ein Wasser aus den Tropen. Bei kleiner produzierter Stückzahl kann ein Wasser denn auch schon mal recht preisintensiv sein. Das Wort teuer benutze ich mit Absicht nicht, da ich glaube, es ist gerechtfertigt, dass ein Premium-Wasser mehr kostet als ein Wasser vom Discounter.
Warum gibt es überhaupt eine so große Wasserindustrie, wenn doch jeder nur der Hahn aufdrehen muss um Wasser zu bekommen?
GESCHMACK. Wasser ist nicht gleich Wasser. Wenn ich einen schönen Abend erleben möchte und in ein tolles Restaurant gehe, freue ich mich über eine Wasser-Auswahl, die ich Zuhause nicht habe.
Wohin wird der Wassertrend Ihrer Meinung nach gehen in den nächsten Jahren?
Ich hoffe, dass die Vielfalt der unterschiedlichen Wasser erhalten bleibt. Ich habe Angst, dass kleine regionale Quellen aufgeben müssen, da viele Menschen den Einheitsbrei der Discounter kaufen und trinken.
Glasflasche oder PET. Spielt das wirklich eine Rolle?
Ja, das macht einen riesigen Unterschied! Die Glasflasche ist die einzige Flasche, aus der ich Wasser trinke. Schonmal eine PET-Flasche im Auto in der Sonne liegen lassen, danach aufgemacht und das Wasser getrunken? Klassischer Plastikgeschmack, also wurde das Wasser durch Plastik verfälscht. Es geht bei mir immer um den Geschmack und Plastik ist nicht wirklich der Geschmack, den ich bevorzuge.
Die Fragen stellte Tanja Korsten