Es gibt kein absolutes und allgemeingültiges Verständnis über die Definition von Spiritualität. Es scheint für jeden etwas anderes zu bedeuten und hat je nach Kulturkreis oder Religion eine andere Deutung. Ein religiöser Mensch muss nicht notwendigerweise spirituell sein, aber ein Atheist kann es durchaus sein. Wie geht das?
Der Begriff stammt vom lateinischen spiritus, Geist, ab und bezeichnet etwas, das über die materielle und alltägliche Welt hinaus geht. Das kann sich auf geistige Realitäten, Wahrnehmungen oder schlicht Geister genauso beziehen, wie auf Geistliches in einem religiösen Zusammenhang.
Und was ist ein spiritueller Mensch? Jemand, der eine Kraft ausstrahlt, in dessen Nähe man sich gerne aufhält, von dem Mitgefühl, Wärme und Integrität ausgeht.
Man nimmt an, dass diese Menschen etwas über das Leben verstanden haben und es einem selbst vielleicht beibringen können oder dass man sich von ihnen Rat holen kann. Sie scheinen mit etwas in Kontakt zu sein, von dem wir selbst gerne ‚mehr’ hätten.
Warum ist der Mensch spirituell?
Vor der Entwicklung der Hochkulturen waren die Menschen eng mit ihrer Umwelt verbunden. Die Natur und ihre Kräfte verstehen zu können, war überlebenswichtig. Die Bereiche, die unerklärbar blieben, wurden als diejenigen Realitäten integriert, die sich im immateriellen, jedoch ebenso reellen Bereich abspielten.
Durch die Integration dieser Bereiche wurden Kontext und Zugehörigkeit etabliert, die der Gemeinschaft Bezugspunkte ihrer Existenz gab. Die Überlebensstrategien waren also spirituelle Praxis und Schaffung von Werten in einem. Jedoch immer mit dem Hauptziel, das Überleben zu sichern.
Jeder Mensch fühlt sich stärker und ganzer, wenn er das Gefühl hat, er sei in etwas Größeres eingebunden und habe darin eine bestimmte Aufgabe. Die Glaubenssätze, die unsere Welt definieren, definieren auch unser Selbstverständnis und wie wir uns in der Welt bewegen.
1. Spiritualität in Naturreligionen und Schamanismus
Fast allen Naturreligionen gemein ist, dass Spiritualität Bestandteil des Alltags ist. Es gibt eine allgegenwärtige Beziehung zwischen der geistigen Welt der Ahnen und Geistwesen und den Menschen aus Fleisch und Blut. Diese wird ausgedrückt in der Verehrung einer alles durchdringenden Lebenskraft, die von einer großen universalen Quelle ausgeht, von der alles stammt und zu der alles zurückkehrt.
Im Naturglauben ist die spirituelle Quelle immer zugänglich, denn sie durchdringt alles. Das höchste Gesetz ist es, Leben nicht zu verschwenden und den anderen nicht zu verletzen. Für die Ureinwohner der Erde waren spirituelle Regeln und Gesetze lebenserhaltend und standen deshalb an erster Stelle.
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Der Geist, das Spirituelle, ist hier keine ethische Instanz, sondern vielmehr eine Möglichkeit, mit der immateriellen Geistwelt in Verbindung zu treten und dadurch Informationen zu erhalten, die bei der Lösung von Problemen, der Heilung von Krankheiten und von Gemeinschaften zu Hilfe kommt.
2. Spiritualität in den Weltreligionen
Im religiösen Rahmen findet Spiritualität immer in Bezug auf einen Gott statt. Die Ausübung und die Regeln sind von einer Instanz festgeschrieben, die in Anspruch nimmt, vom jeweiligen Gott autorisiert zu sein.
Spiritualität hat in den Weltreligionen wie zum Beispiel dem Christentum, Judentum, Islam, Hinduismus oder Buddhismus meist einen festgelegten Rahmen und einen klar definierten Raum, ein bestimmtes Gotteshaus. Der Glaube definiert die Form, in der Spiritualität ausgeübt wird. Die Gottesdienste, Gebete oder Rituale sind vorgegeben, ebenso die spirituelle Entwicklung des Praktizierenden. Die klare Form und Struktur werden vom Gläubigen befolgt, um zum Ziel (dem Kontakt mit der spirituellen Quelle) zu kommen.
3. Atheismus und Spiritualität
Auch ein Atheist kann spirituell sein. Die höhere Macht, die uns führt, muss kein Gott sein. Sie kann auch eine innere, leitende Stimme, ein Wertekatalog, ein Geistwesen, die Lebenskraft, die seelisch-geistige Selbstwahrnehmung sein.
Und was ist nun “spirituell sein”?
Heute suchen sich die Menschen eine eigene Definition von Spiritualität, die zu ihnen passt. Das macht es aber nicht unbedingt leichter. Wir wissen viel über andere Religionen und Kulturen. Wir können uns hier bedienen oder dort beraten. Wer in der westlichen Welt heute spirituell ist, scheint etwas verstanden zu haben. Er hat es geschafft, sich in der Vielfalt der spirituellen Strömungen eine passende Gesinnung zu suchen.
Die Sehnsucht nach Verbundenheit ist immer die Gleiche
Sich mit etwas zu verbinden, das über die alltägliche Erfahrung hinaus geht, das uns leitet und uns hilft zu erkennen, wer wir sind und was unser Auftrag ist. Sich dadurch aus der eigenen Isolation befreien und sich mit dem Großen und Ganzen zu verbinden. Das scheint jedem Menschen, gleich welcher Religion, ein Urbedürfnis zu sein. Wir können dem überall begegnen: in unserem eigenen Geist, in der Natur, in der Kirche, der Moschee, der Synagoge, zuhause.
Spiritualität ist also nicht abstrakt, sondern wird durch praktische, persönliche Erfahrung gewonnen. Sie muss keinen logischen Wahrheitsgehalt beinhalten, denn es geht nicht um gedankliche Einsichten. Diese Erfahrungen sind nicht oder nur schwer kommunizierbar und erklärbar, denn sie sind eine vollkommen persönliche Erfahrung. Was aber alle Wege gemein haben, ist die Wichtigkeit der regelmäßigen spirituellen Praxis.