Mit dem Fahrrad den Berg raufschwitzen, anstrengend. Auf dem Weg zur Arbeit braucht man das eigentlich nicht, da möchte man lieber frisch und leistungsfähig ankommen. Aufs Auto umsteigen möchte man aber auch nicht. Also was dann? Eine Alternative könnte ein Elektro-Fahrrad sein. Denn damit ist man immer noch umweltfreundlicher als mit dem Auto, kommt aber nicht nassgeschwitzt an seinem Ziel an.
Von den Zuwachsraten bei den Elektro-Fahrrädern können andere Branchen nur träumen. 2011 wurden – nach vorläufigen Schätzungen des Zweirad-Industrieverbands (ZIV) – wieder mehr Pedelecs verkauft als im Vorjahr: 2007 waren es 70.000, 2009 150.000, 2010 200.000 und für 2011 erwartete der ZIV Ende August sogar 300.000 Stück.
Ein neues Webportal, die ebike-base, bietet nun eine perfekte Übersicht über die neuesten Modelle – wer eine Anschaffung plant, sollte bei diesem längst überfälligen Angebot vorbeischauen. E-Bike- und Pedelec-Nutzer schwärmen vom „eingebauten Rückenwind“, vom „nie-mehr-verschwitzt-im-Büro-ankommen“, durch den Elektromotor werde das Fahrrad also zur ernstzunehmenden Alternative. Mir persönlich wäre das Akkuladen (und der teure Austausch, wenn seine Leistung dann nach einer Wintersaison ohne Garage in die Knie geht) ja viel zu lästig. Hinzu kommt die wenig gemütliche Vorstellung, bei leergefahrener Batterie mit einem bockschweren Gefährt irgendwo ohne Strom in der Pampa zu stehen – statt Rückenwind dann also Blei dabei.
Für wen lohnen sich Pedelecs wirklich?
Wenn das E-Bike denn neuen Bevölkerungsgruppen Wege zum Radfahren eröffnet, soll es mir recht sein, wenn es doch „nur“ die konventionellen Radler sind, die auf Elektrobetrieb umsteigen, bleibe ich hingegen kritisch: Da wird wieder viel Material bewegt, allein für Akkus und Elektronik.
Wenn dann das billige Baumarktrad vom Wenigradler in Zukunft natürlich mit Elektrounterstützung gekauft wird (man erinnert sich, irgendwann gab es billige Fahrräder fast nur noch mit Federgabel – die Teile waren der letzte Schrott, erstmal aber ein tolles Verkaufsargument mit „wertiger Optik“), danach aber in Keller oder Garage vergammelt, ist der Umweltnutzen ganz sicher dahin.
Denn Akkus sollten regelmäßig genutzt werden, sonst verlieren sie viel zu schnell ihre Leistungsfähigkeit, und am Ende steht ein unnötig schweres Rad herum, mit dem keiner mehr fahren will, weil seine Elektro-Reichweite nicht mal für die Fahrt zum Einkaufen reicht. Ist natürlich schwierig, dem einen, sagen wir Berufspendler, zu sagen „du darfst dich anschieben lassen“, und es beim anderen abzulehnen, nur weil er zu selten fährt.
Nur: Einen größeren Gefallen tut sich der Wenigfahrer, wenn er das viele Geld für ein Pedelec lieber in ein richtig hochwertiges normales Fahrrad investiert. Das braucht deutlich weniger Wartung und bietet im Vergleich zur Billigmöhre ebenfalls ein Vielfaches an Fahrspaß. Wer „just for fun“ einmal Pedelec fahren möchte, steht sich mit einem geliehenen jedenfalls besser, auch auf dem Land vermieten immer mehr Fahrradhändler gute Modelle.
Insbesondere echte Radreisen werden mit dem Pedelec auch für Menschen interessant, die sich im Urlaub nicht abkämpfen, dennoch aber Natur und Landschaft vom Rad aus genießen wollen
Strom mit dem Rad produzieren statt zu verbrauchen
Neulich waren wir bei Freunden, die Pedelec-Debatte kochte mal wieder hoch. Und einer setzte dem ganzen Hype dann seine neueste Errungenschaft entgegen, die die anderen verstummen ließ: Klaus schwört immer schon auf Muskelkraft und geht jetzt noch einen Schritt weiter. Anstatt sich Rückenwind aus der Steckdose zu holen, lädt er während der Fahrt sein iPhone.
Dazu hat er einen kleinen Umwandler (gibt es in verschiedenen Versionen von 30 bis 120 Euro) an seinem Nabendynamo angebracht, der zusätzliche Fahrtwiderstand ist also kaum spürbar. Mag sein, dass der Ansatz dem einen oder anderen schon wieder zu öko ist. Mir jedenfalls gefällt er, weil er die grenzenlose Freiheit unterstützt, die ich mit dem Fahrrad verbinde: Selbst bei tagelangen Radtouren entfällt jetzt der Steckdosenstopp um erreichbar zu bleiben – oder zum Beispiel ein Navi laufen zu lassen. Das ist für mich zukunftsfähige Mobilität.