Beim Golfen denkt man vor allem an ältere reiche Männer, die sich von Caddies ihre Schlägertaschen nachtragen lassen. Doch das sind nur noch Klischees aus grauer Vorzeit. Längst spielen viele Normalverdiener Golf – und auch der Anteil der Golferinnen nimmt zu. Es gibt sogar spezielle Lady-Golf-Kurse – was an ihnen besonders ist, beschreibt die Golfprofessional Hanna Baum-Proske.
Damengolf steht im Fokus
Ladies Golf hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Immer mehr Frauen schlagen nach dem kleinen weißen Ball. Auch im Profisport wächst das Interesse. Durch immer mehr deutsche Spielerinnen und durch Golf-Events (zum Beispiel den Sieg der Europäerinnen beim Solheim Cup) gerät Damengolf bei der Golf-Gemeinschaft mehr und mehr in den Fokus.
Während noch an dem einen oder anderen Clubhaus in den traditionellen Golf-Hochburgen England und Schottland das Schild „no dogs no ladies“ (“keine Hunde, keine Frauen”) prangt und der Anteil der weiblichen Golfer bei gerade einmal 15 Prozent liegt, ist Deutschland Vorreiter bei der Golf-Frauenquote. Mit rund 40 Prozent weiblichen Spielern liegen wir damit im internationalen Vergleich am höchsten. Bei den Golfprofessionals, also den Berufsgolfern, die sich in der “PGA of Germany” zusammengeschlossen haben, wurde mit 120 Lady Professionals die Sieben-Prozent-Hürde knapp geschafft, Tendenz steigend. Ich denke, dass die eher geringere Zahl an weiblichen Golfern historisch bedingt ist und gerade im jugendlichen Alter bei den Mädchen andere Sportarten im Vordergrund stehen.
Golf ist ein gemeinsamer Sport
Immer seltener ist zu beobachten, dass Frauen ihre Männer bei den Golfrunden „nur“ begleiten, sondern sie spielen selber mit. Und das ist das Wunderbare an der Sportart Golf: Dass man zusammen spielen und sogar Wettkämpfe gegeneinander bestreiten kann, ganz unabhängig von der Spielstärke. Dabei beobachtet man deutliche Unterschiede beim Spielverhalten und erkennt schnell, dass Männer und Frauen nicht immer die gleiche Route spielen. Schon aus der Evolutions-Geschichte heraus gehört der Mann zu den Jägern und Sammlern, was sich durch diverse Ausflüge abseits der Spielbahn kennzeichnet. Dagegen behält die Frau ganz gut aus der Mitte des Fairways (das ist der kurz gemähte Bereich zwischen Abschlag und Grün) den Überblick und hat mit Ballverlusten wenig am Hut.
NEU bei evidero - anders arbeitenEntdecke Jobs & Unternehmen, die dich zeitlich und örtlich flexibel arbeiten lassen, deine familiäre Situation berücksichtigen und/oder deinem Verständnis von Sinnhaftigkeit, Zweck und Nachhaltigkeit von Arbeit entsprechen.Während in anderen Sportarten nach Geschlecht getrennte Wettkämpfe stattfinden, ist Golf eine der wenigen Sportarten, bei der die meisten Turniere gemischt stattfinden. Durch die besondere Wertung nach den sogenannten Stableford-Punkten ist keine Trennung notwendig. Dabei werden die Schläge, die der Spieler braucht, bis der Ball im Loch angekommen ist, in Punkte je nach Spielstärke umgerechnet. Aus gesellschaftlichen Gründen gibt es aber auch in jedem Golfclub Damen- und Herren-Tage. Lediglich bei Profi-Turnieren gibt es eine klare Trennung, da die Lady Professionals bei einem „Herren“-Turnier auch von deren weiter entfernt liegendem Abschlag spielen müssten, was in der Praxis dann nicht so gut ist. Der Hauptgrund ist, dass Männer mehr Muskelkraft als Frauen haben und sich dies in der Schlägerkopf-Geschwindigkeit und damit in der Länge des Ballfluges bemerkbar macht.
Stärken und Schwächen der Geschlechter – Unterschiede beim Golfen
Somit beschäftigen sich Frauen meist mit anderen Golftechnik-Problemen als Männer. Weniger Muskelkraft, dafür mehr Flexibilität. Leider ist das Motto „Je weiter ich ausholen kann, desto weiter schlage ich den Ball“ falsch. Im Unterkörper sind Frauen nur halb so stark wie Männer, im Oberkörper nur ein Drittel so stark. Typische Fehler sind so das überlange Ausholen aufgrund der hohen Dehnfähigkeit und fehlende Balance während des Schwunges. Das heißt, dass man den Golfschwung stärker mit guter Technik als mit Kraft ausführen muss und das Spiel auf dem Platz strategischer angehen sollte.
Im Golfunterricht habe ich die Erfahrung gemacht, dass Frauen die sozialen Kontakte schätzen und neben der individuellen Ansprache auch gerne in der Gruppe gemeinsam trainieren. Weniger beliebt sind sogenannte Zockrunden, wo meist die Männer um Haus und Hof spielen.
Während man bei den Männern die modernsten Schläger im Bag bewundert, unterhält sich Frau über die neuesten modischen Errungenschaften und dabei gehören konservative Karomuster der Vergangenheit an. Frische Farben, ausgefallene Muster und sportliche Designs stehen in den Pro Shops zur Auswahl und lassen das Frauenherz höher schlagen.
Golf-Kurse speziell für Frauen
Golfen ist meine Leidenschaft. Es ist für mich mehr als nur ein Sport, es ist ein Lebensgefühl und das war bei mir von Anfang an so. Gestartet vor 15 Jahren habe ich schnell gemerkt, dass ich die faszinierende Erfahrung Golf auch an andere weitergeben möchte. Neben Einzelunterricht, Jugendtraining und Workshops zu verschiedenen Themen steht das Thema Ladies only bei mir im Vordergrund. Da Frauen untereinander die gleiche Sprache sprechen und vielleicht schneller Vertrauen fassen, finden diese Kurse großen Anklang.
In den Ladies only-Kursen trainieren wir im Bereich des langen Spiels besonders an der Zunahme von Länge und Wiederholbarkeit beim Abschlag und den Fairway-Schlägen. Fitness-Übungen sind mir dabei ebenso wichtig wie das Techniktraining, um vor allem Stabilität im Unterkörper und Rumpf zu verbessern und damit die höhere Flexibilität auszugleichen. Andere Themen sind das taktische Spiel auf dem Platz, da Frauen alleine schon wegen der unterschiedlichen Abschläge eine andere Strategie spielen müssen. Am Grün angekommen suchen wir Möglichkeiten, eine vielseitige Kompetenz in kurzen und hohen Annäherungs-Schlägen auszubilden und das Grün optimal anzuspielen. Durch die geringere Schlägerkopf-Geschwindigkeit im Vergleich zu Männern wird weniger Backspin (Rückwärtsdrall) beim Annäherungsschlag verursacht und somit sind manchmal Alternativen notwendig. Diese erhöhen zudem die Spielkompetenz.
Ein Kurs unter Frauen spricht die gleichen Bedürfnisse und Herausforderungen der Teilnehmerinnen an und unter sich öffnen sich die meisten schneller als in einem gemischten Kurs. Zudem spielt der gesellschaftliche Aspekt auch immer eine große Rolle und beim Kaffee nach dem Kurs lässt sich das ein oder andere Detail nochmals besprechen.